Ilham Aliyev ist ein Autokrat im Aufwind. Der Diktator von Aserbaidschan ist seit 21 Jahren an der Macht, ist in seinem Volk aber so beliebt wie noch nie: Ende letzten Jahres konnte Aserbaidschan das umstrittene Gebiet Bergkarabach zurückerobern und die zehntausenden Armenier, die dort lebten, vertreiben.
Aliyevs Staatspropaganda ist auf das Feindbild Armenien aufgebaut. Mit dem Sieg in Karabach ist er zum Volkshelden geworden. Nun kann Aliyev aus einer Position der Stärke seine letzten Kritiker ausschalten: 2024 hat das Regime die letzten unabhängigen Medien dichtgemacht, den Journalistinnen und Journalisten wurden Geldfälschung oder Schmuggel vorgeworfen.
In der vergangenen Woche wurden prominente Friedensaktivisten festgenommen, darunter der Forscher Bahruz Samadov, dem wegen Landesverrat bis zu 20 Jahre Gefängnis drohen. Landesverräter finden Aliyevs Sicherheitskräfte immer wieder: Im Juli wurde der Politologie-Dozent Igbal Abilov verhaftet, weil er angeblich Agenten des armenischen Geheimdiensts kontaktiert habe. Als Beweis dafür galten Skype-Gespräche mit Kollegen an einer Universität in Armenien.
Aliyev braucht den Erzfeind
In Aserbaidschan sprechen sich nur vereinzelte Stimmen wie Samadov und Abilov gegen die Kriege und für diplomatische Lösungen mit dem armenischen Erzfeind aus. Nun aber führt Diktator Aliyev Verhandlungen mit Eriwan, er gibt vor, einen anhaltenden Frieden zu wollen. Gleichzeitig lassen seine Drohgebärden gegen das militärisch weitgehend wehrlose Armenien nicht nach. Die Verhaftung von Menschen, die sich seit Jahren für einen echten Frieden einsetzen, lassen Aliyevs Verhandlungen noch mehr wie Augenwischerei aussehen.
Denn langfristig braucht Aliyev den Konflikt mit Armenien, um sich und sein Regime zu legitimieren. Der Triumph in Karabach kann die Aserbaidschanerinnen und Aserbaidschaner nicht ewig davon ablenken, dass sie in einem der korruptesten Länder der Welt leben. Dass der Autokrat Aliyev die Region destabilisiert, lässt die internationale Gemeinschaft bislang zu.
Anreise mit dem Flugzeug an die UNO-Klimakonferenz
Seit dem Krieg in der Ukraine importiert Aserbaidschan Gas aus Russland, um mehr von seinem eigenen Gas nach Europa zu verkaufen. Für beide Mächte hat sich Aliyev so zum wichtigen Partner gemacht. Und im November findet in Baku der 29. UNO-Klimagipfel statt.
Ausgerechnet zur Klimakonferenz werden alle Teilnehmer mit dem Flugzeug anreisen müssen: Aserbaidschans Landgrenzen sind seit vier Jahren geschlossen, ursprünglich wegen der Corona-Pandemie. Nach der Verhaftung von Bahruz Samadov diese Woche versuchten zwei Friedensaktivisten, das Land zu verlassen. Sie wurden vor der Ausreise am Flughafen festgenommen.