Ko Aung war auf Arbeitssuche in der Stadt Laukkaing, nahe der chinesischen Grenze, als Geschosse in das Gebäude einschlugen, in dem er übernachtet hatte. Danach habe er sich entschieden zu fliehen, erklärt der 28-Jährige am Telefon.
Die Flucht mit dem Motorrad sei schwierig gewesen. «Ich musste durch ein Zuckerrohrfeld, das dauerte ewig. Tausende Menschen waren unterwegs, viele mit dem Motorrad wie ich, aber auch viele zu Fuss.»
Als das Benzin ausging, mussten er und weitere Flüchtende ihre Motorräder schieben. Jene, die mit dem Auto unterwegs waren, hätten diese einfach stehen lassen.
Zwei Tage lang war Ko Aung unterwegs. Dabei musste er bei Kälte im Freien übernachten. Neben dem Treibstoff fehlte es an Nahrung und Decken. Es sei keine Zeit geblieben, die Flucht vorzubereiten und zu packen. So plötzlich sei die Situation eskaliert.
Nicht alle entkommen aus Laukkaing
Noch immer in Laukkaing sitzt dagegen Ma Dar fest. Die 34-Jährige arbeitet in einem Restaurant. Via Sprachnachricht erzählt sie von ihrem Fluchtversuch: «Wir wollten durch das Tor Nummer zehn raus, aber da waren so viele Autos, Motorräder und Menschen zu Fuss. Die Beamten öffneten das Tor nicht. Wir hörten Schüsse, wahrscheinlich konnten sie uns deshalb nicht durchlassen.»
Über 300'000 Menschen sind seit den koordinierten Rebellenangriffen laut der UNO innerhalb Myanmars auf der Flucht. Das sei vor allem die Schuld der Militärjunta, die rücksichtslos zivile Ziele bombardiere, sagt Ko Pai via Sprachnachricht. Er kämpft als Soldat im Kayah-Staat unweit der thailändischen Grenze.
Friedlicher Protest brachte nichts
Vor dem Militärputsch studierte der 24-Jährige Mathematik und arbeitete als Nachhilfelehrer. Nach dem Putsch schloss er sich den Volksverteidigungskräften an. Zusammen mit den ethnischen Minderheiten wollen diese die verhasste Militärjunta stürzen.
Ich will, dass unsere Regierung die Menschenrechte einhält, wir ein entwickeltes Land werden und die Menschen aus der Armut und dieser Tragödie befreit werden.
Die friedlichen Proteste gegen das Regime hätten nichts gebracht, erklärt Ko Pai. Ihnen sei deshalb nichts anderes übriggeblieben, als zu den Waffen zu greifen. Auch in anderen Landesteilen wird gekämpft. So etwa an den Grenzen zu Bangladesch und zu Indien.
Bei der NUG, der Gegenregierung der Militärjunta, begrüsst man die Angriffe auf das Regime. Die NUG besteht massgeblich aus Politikerinnen und Politikern, die bei den letzten Wahlen demokratisch gewählt worden waren.
Schwere Verluste für die Junta-Truppen
Inzwischen haben die verschiedenen Rebellengruppen der Militärjunta schwere Verluste zugefügt. Diese steht derzeit vor den grössten Herausforderungen seit dem Militärputsch. Doch ob sie bald gestürzt wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Obwohl sie kaum Unterstützung im Volk geniesst, kontrolliert die Junta nach wie vor das Kernland Myanmars.
Soldat Ko Pai ist dennoch zuversichtlich. Er hegt grosse Hoffnungen in die Zukunft seines Landes: «Ich will, dass wir eines Tages ein Bildungssystem auf internationalem Niveau haben. Wir werden Steuern bezahlen, wie überall sonst. Ich will, dass unsere Regierung die Menschenrechte einhält, wir ein entwickeltes Land werden und die Menschen aus der Armut und dieser Tragödie befreit werden.»
Bis es so weit sei, sagt er, wollten er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter weiterkämpfen.