Tausende Georgierinnen und Georgier haben am Samstagabend Tiflis gegen die ihrer Ansicht nach illegitime Regierung protestiert. Sie verlangten auch die Freilassung inhaftierter Teilnehmer früherer Protestkundgebungen.
Aus einer Menschenkette, die sich durch die ganze Hauptstadt zog, wurde am Abend eine grosse Menschenmenge, die sich vor dem Parlamentsgebäude der Südkaukasusrepublik versammelte. Die Kundgebung verlief laut Medienberichten friedlich. Auch aus anderen Städten wurden Proteste gemeldet.
Umstrittener Präsident soll übernehmen
Für heute Sonntag ist in Tiflis die Amtseinführung des neuen Präsidenten Micheil Kawelaschwili angesetzt. Die prowestliche Staatschefin Salome Surabischwili, die sich am Samstag an den Kundgebungen beteiligte, will das verhindern und hat mehrfach betont, sie werde ihr Amt nicht abgeben.
Surabischwili erkennt die Wahl vom 14. Dezember nicht an und fordert mit Unterstützung von Massenprotesten Neuwahlen. In Georgien nimmt das Staatsoberhaupt eher repräsentative Aufgaben wahr.
Präsidentin ruft zu Demonstration auf
Surabischwili rief ihre Anhänger auf, sich am Sonntag vor dem Präsidentenpalast zu versammeln. «Ich erwarte euch vor dem Orbeliani-Palast», wurde sie von der Agentur NewsGeorgia zitiert. Sie werde dann mit ihren Anhängern den weiteren Weg über die nächsten Tage festlegen.
Seit Wochen demonstrieren jeden Tag Tausende Menschen für eine Rückkehr zum EU-Kurs des Landes und für eine Wiederholung der Parlamentswahl vom Oktober. Damals liess sich die nationalkonservative Regierungspartei Georgischer Traum zur Siegerin erklären.
Anti-Europa-Kurs der Regierungspartei
Der Georgische Traum hat EU-Beitrittsverhandlungen des Landes bis 2028 auf Eis gelegt und damit Proteste prowestlich eingestellter Georgier ausgelöst. Dabei kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen, Verletzten und mehreren Hundert Festnahmen. Der Polizei wird Gewalt und Folter vorgeworfen.
Der Georgische Traum hatte Kawelaschwili für das Präsidentenamt aufgestellt. Der 53-Jährige ist seit 2016 Abgeordneter im georgischen Parlament. Davor war er Fussballer für verschiedene Vereine im In- und Ausland.