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Staatskrise in Georgien Parlament wählt pro-russischen Kandidaten zum Staatspräsidenten

  • Georgien erhält mit Michail Kawelaschwili einen neuen Staatspräsidenten.
  • Das Parlament hat für den anti-westlichen Kandidaten gestimmt.
  • Kavelashvili war früher Fussballer und spielte in seiner Karriere auch für Schweizer Vereine.
  • Er tritt die Nachfolge der pro-westlichen Amtsinhaberin Salome Zourabichvili an.

In Georgien ist erwartungsgemäss der von der pro-russischen Regierung unterstützte Micheil Kawelaschwili zum neuen Präsidenten gewählt worden. Für ihn stimmten 224 Mitglieder der Wahlversammlung aus Parlamentsabgeordneten sowie Lokal- und Regionalvertretern, wie georgische Medien unter Berufung auf die Zentrale Wahlkommission berichteten. Eine Stimme war demnach ungültig. 200 Stimmen waren für den Wahlsieg nötig.

Kawelaschwili, der anti-westliche Ansichten vertritt, war bei der georgischen Präsidentschaftswahl der einzige Kandidat. Die Opposition boykottierte die Abstimmung.

Früher war er Profi-Fussballer und spielte auch in der Schweiz – etwa für den FC Zürich, die Grasshoppers oder den FC Basel.

Calum MacKenzie: Georgische Fussballwelt ist gespalten

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Laut Calum MacKenzie, SRF-Korrespondent für Russland und den Kaukasus, stehen nicht alle Fussballer in Georgien auf Seiten der Regierung. Schota Arweladse, einst Stürmer bei Ajax Amsterdam und Rekordtorschütze der georgischen Nationalmannschaft, sei jüngst unter den Demonstrierenden in Tiflis gesichtet worden. «Ich kann es mir gar nicht vorstellen, nicht am Protest teilzunehmen», habe er gegenüber georgischen Medien gesagt. «Was glaubt die Regierung, weshalb so viele Leute auswandern? Weshalb so viele Leute gegen sie protestieren? Die Situation im Land ist schrecklich.» 

Kacha Kaladse, ehemals bei AC Mailand und heute Bürgermeister von Tiflis und Mitglied der Regierungspartei, wurde gemäss MacKenzie von einem alten Teamkollegen scharf kritisiert. «Du hast dein Land verraten», habe ihm Kacha Aladaschwili, der mit Kaladse in der Nationalmannschaft gespielt hat, gesagt. 

Am meisten Gewicht hätten jedoch die Worte der heutigen Spieler – die nach einer aufsehenerregenden EM-Teilnahme im Sommer als die erfolgreichsten in der georgischen Geschichte gelten. Viele hätten sich mit Posts in den sozialen Medien zum europäischen Weg Georgiens bekannt, so MacKenzie. «Sie könnten sich deutlicher ausdrücken», findet Fussballjournalist Luka Lagwilawa. «Aber sie stehen von beiden Seiten unter immensem Druck.»

Opposition will Wahl nicht anerkennen

Vor dem Parlament protestierten Hunderte Demonstranten gegen den Vorgang, darunter Amtsinhaberin Salome Surabischwili. Es ist das erste Mal, dass das Staatsoberhaupt nicht direkt, sondern über ein Wahlgremium aus Parlamentsabgeordneten und regionalen Abgeordneten bestimmt wurde. Der Georgische Traum hatte die Verfassung 2017 dahingehend geändert, dass es nun ein solches Gremium gibt. Die Opposition hat bereits erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen.

Mann mit Bart vor Wandkarte.
Legende: Mikheil Kawelaschvili (Bild: 04.10.22) REUTERS/Irakli Gedenidze/File Photo

Ihre Vertreter hatten die bei der umstrittenen Parlamentswahl Ende Oktober erlangten Mandate nicht angenommen. Daher waren im Wahlgremium weniger als 300 der eigentlich vorgesehenen Volksvertreter anwesend. «Niemand hat irgendwen gewählt. Es ist nichts passiert», sagte Surabischwili Medienberichten zufolge. Sie hatte vorher bereits geäussert, dass sie sich als einzig legitime Präsidentin ansieht und die neue Wahl als «Parodie» bezeichnet.

Menschen demonstrierten regelmässig

Die ehemalige Sowjetrepublik wird seit Wochen von Protesten erschüttert. Die von der Russland-freundlichen Partei Georgischer Traum getragene Regierung hat die Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union ausgesetzt, obwohl die Mitgliedschaft als Ziel in der Verfassung festgeschrieben ist.

Die Sicherheitskräfte haben bereits eine Reihe führender Oppositionspolitiker festgenommen und ihr Vorgehen gegen die Regierungsgegner verschärft.

SRF 4 News, 14.22.2024, 12.30 Uhr ; 

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