Die Parteispitzen von CDU, CSU und SPD haben sich am Sonntag zu einer ersten Runde von Sondierungsgesprächen für eine Regierungsbildung getroffen. Eingeplant sind dafür fünf Tage.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.
Am Ende eines jeden Verhandlungstages soll nur der Generalsekretär der jeweiligen Gastgeber-Partei eine gemeinsame Stellungnahme abgeben. Am Sonntag war es der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil:
Viel hatte Klingbeil aber um 20 Uhr nicht zu sagen. Man habe «ernsthaft, konstruktiv und offen» Gespräche geführt, sagte er in der SPD-Zentrale in Berlin vor der Willy-Brandt-Statue.
Herzlich willkommen im Willy-Brandt-Haus. Ist Ihnen ja bekannt, ne?
«Wir alle sind uns der Verantwortung bewusst, die wir für die Zukunft Deutschlands und Europas gemeinsam tragen.» Es sei der feste Wille, dass es am Donnerstag ein Sondierungsergebnis gebe, «auf dessen Grundlage wir dann entscheiden, ob sich weitere Gespräche lohnen», sagte Klingbeil.
Man kennt sich.
Kein «weiter wie bisher»
In manchen der 15 thematischen Arbeitsgruppen sei man schon weit, in anderen weniger. Die Situation in Europa und der Welt sowie die Zusammensetzung des Bundestages zeige: «Wir befinden uns in einer neuen Zeit. Und diese neue Zeit braucht eine neue Politik», sagte Klingbeil.
Die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) hatten vor den Gesprächen deutlich gemacht, dass es ein «weiter so» nicht geben könne.
Fünf Tage müssen reichen, um auszuloten, ob es genügend Gemeinsamkeiten gibt.
Alle Seiten würden auch darüber verhandeln, «wie ein neuer politischer Stil in diesem Land aussehen kann und wie die drei Parteien diesen Stil gemeinsam prägen können», sagte SPD-Generalsekretär Klingbeil, ohne die AfD ausdrücklich zu nennen.
Für die drei Parteichefs geht es um alles
Dass sich etwas ändern muss, wissen aber auch die drei Parteivorsitzenden. Alle drei sind nach den schlechten Wahlergebnissen ihrer Parteien schwer angeschlagen. Der geschäftsführenden Bundeskanzlerin sind innen- und aussenpolitisch seit der Wahl die Hände gebunden.
Mir ist allerdings klar, dass in den nächsten Tagen auch ein Riesenstück Arbeit vor uns liegt.
Für Schulz steht ebenso alles auf dem Spiel. Er hatte sich nach der Bundestagswahl vorschnell für die Oppositionsrolle entschieden. Die schwierigste Aufgabe steht Schulz dabei noch bevor: Sollte es zu richtigen Koalitionsverhandlungen kommen, muss er den SPD-Parteitag hinter sich bringen, sonst ist er selber weg und mit ihm wohl auch der gesamte SPD-Vorstand.
Wir ziehen keine roten Linien, aber wir wollen möglichst viel rote Politik durchsetzen.
Totale Abschottung
Die drei Parteien seien in den 15 Arbeitsgruppen teilweise weit, teilweise noch nicht vorangekommen, hiess es am Sonntagabend. Bis Donnerstag sollen die Ergebnisse vorliegen, über die aber Stillschweigen gewahrt werden solle.
Darum schotten sich die Parteipolitiker diesmal bei ihren Sondierungsgesprächen ab. Die Fenster zu den oberen Stockwerken der SPD-Zentrale, wo die Unterhändler tagen, sind abgeklebt. Möglichst nichts soll an die glücklosen Tage der Jamaika-Koalitions-Sondierungen erinnert. Darum soll es keine provozierenden Interviews oder durchgereichte Indiskretionen mehr geben. Die drei Parteien haben sich weitgehendes Schweigen verordnet.
«SPD muss Basis überzeugen»
Inhaltlich sei tatsächlich noch gar nichts aus den Gesprächen durchgesickert, sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold in Berlin. Die Parteien hätten sich an den Informationsstopp gehalten. Der sportliche Fahrplan von fünf Verhandlungstagen sei durchaus realistisch: «Die Parteien haben diese Verhandlungen minutiös vorbereitet», so Arnold. Man wisse wo die Gemeinsamkeiten und die Knackpunkte seien.
Wichtig sei, dass die SPD-Führung ihre kritische Basis am Parteitag am 21. Januar von einer grossen Koalition überzeugen könne: «Sie muss ihr klar machen, dass es nicht um Parteienprofilierung oder Verhandlungstrophäen geht, sondern dass die beiden Volksparteien nun in der Pflicht seien, eine stabile Regierung zu bilden», so Arnold.
Erstens fühlt man sich immer wohl in Berlin, zweitens haben wir jetzt spannende fünf Tage vor uns, und drittens weiss ich, dass wir uns verständigen müssen.