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Opposition in Grossbritannien Kemi Badenoch – Wer ist die neue Chefin der Tories?

Wer ist die Frau, die künftig den britischen Premierminister Keir Starmer herausfordern wird? Die neue Chefin der britischen Tories im Porträt.

Die 44-jährige Kemi Badenoch wird neue Vorsitzende der Konservativen Partei in Grossbritannien. Die Abgeordnete und ehemalige Ministerin der konservativen Regierung wurde von der Parteibasis zur Nachfolgerin von Rishi Sunak gewählt.

Lachende Frau in blauem Blazer, Menschen im Hintergrund.
Legende: Kemi Badenoch ist als neue Chefin der Konservativen Partei die Oppositionsführerin in Grossbritannien. Reuters/Mina Kim

Die Vorsitzende der Tories ist gleichzeitig auch neue Leaderin der Opposition seiner Majestät im britischen Unterhaus und könnte nach den nächsten Wahlen potenziell neue Premierministerin werden.

Badenoch ist ehemalige Ministerin im Kabinett von Rishi Sunak und eine studierte IT-Ingenieurin. Sie ist in Grossbritannien geboren, aber in Nigeria aufgewachsen, woher ihre Eltern stammen. Sie wird damit die erste Oppositionsführerin mit afrikanischen Wurzeln sein.

Bittere Schlappe für Tories im Sommer

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Die Konservative Partei, welche die britische Politik in den vergangen 200 Jahren dominiert hat, wurde im Sommer von den Wählerinnen und Wählern regelrecht von den Regierungsbänken eliminiert . Rishi Sunak kündigte gleichentags nicht nur seinen Rücktritt als Premierminister an, sondern ebenso als Vorsitzender der Partei.

«Seither war die Partei in erster Linie mit sich selber beschäftigt. Der endlose Nachfolgeprozess erinnerte in seiner Tonalität gelegentlich eher an eine Selbsthilfe-Gruppe als an eine politische Partei», so der ehemalige Premier. Das letzte Wort hatte am Ende die Parteibasis und diese hat sich ziemlich knapp für die 44-jährige Kemi Badenoch entschieden.

Über Identitätspolitik und den «Woke-Nonsense», wie sie es nennt, hat Badenoch jedoch ziemlich robuste Ansichten. Heute sei es ein Nachteil, kein Opfer zu sein, meinte sie kürzlich. Als glühende Anhängerin der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher glaubt sie an die Eigenverantwortung.

Badenoch pocht auf Eigenverantwortung

«Mein Vater sagte mir einst, dass nur für 20 Prozent der Dinge, die mir widerfahren, andere Leute verantwortlich seien. Der Rest liege in meiner Hand», sagte Kemi Badenoch.

Und deshalb sei sie der Ansicht, dass es nicht Sache des Staates sei, alle Probleme seiner Bürgerinnen und Bürger zu lösen. Wie ihre politische Heldin Thatcher spaltet sie mit ihren pointierten Meinungen regelmässig die Partei.

Aussagen sorgen für Schlagzeilen

Am Vorabend der letzten Parteikonferenz in Birmingham machte ihre Aussage Schlagzeilen, dass nicht alle Kulturen den gleichen Wert hätten. Eine Kultur, die Frauen Bildung und Beruf verbiete, sei rückständig.

Für einen Eklat sorgte ebenso ihre Aussage, dass gemäss ihrer Erfahrung zehn Prozent der Beamtinnen und Beamten im Regierungsapparat so schlecht seien, dass sie ins Gefängnis gehörten.

Die Mutter von drei Kindern politisiert am rechten Rand der Tories: niedrige Steuern, weniger Staat und hartes Vorgehen gegen Kriminelle und Leute, die illegal eingewandert sind, sind ihr Credo.

Unser Land ist kein Schonraum für Leute, die hier auf unsere Kosten leben wollen.
Autor: Kemi Badenoch Neue Parteichefin der britischen Tories

«Wenn die Britinnen und Briten keine Steuern zahlen wollen, für kriminelle Migranten, die in unseren Städten und Gefängnissen leben, dann ist es Aufgabe der Politik, diese Leute auszuschaffen. Wenn Briten frustriert sind, weil Leute unsere Sozialversicherungen missbrauchen, dann müssen wir das ändern. Unser Land ist kein Schonraum für Leute, die hier auf unsere Kosten leben wollen», sagte Badenoch.

Auch eine Therapeutin

Mit solchen Ansichten kommt sie bei der konservativen Parteibasis gut an, welche auch die heutige Wahl entschieden hat. Die eloquente Politikerin hat den Ruf, selbst in einem leeren Raum eine Kontroverse anzetteln zu können. Badenoch sagt, was sie denkt und meint, was sie sagt.

Die angeschlagene Partei hat ab heute also unbestritten wieder eine Stimme, die man im britischen Unterhaus laut und deutlich hören wird. Das sei zwar gut, werde jedoch nicht reichen. Meint Fraser Nelson, der ehemalige Chefredaktor des konservativen Magazins «Spectator». Die angeschlagene und zerstrittene Partei benötige nicht nur eine Stimme, sondern ebenso eine Therapeutin.

SRF 4 News, 2.11.2024, 12:30 Uhr

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