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Ständerat gegen Zahlungsstopp Was der Entscheid für die UNRWA und die Schweiz bedeutet

Der Ständerat will die Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk der UNO nicht per sofort einstellen. Dies hatte die SVP mit einem Vorstoss verlangt. Der Grund: Die UNRWA sei von der terroristischen Hamas infiltriert. SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner über eine Parlamentsdebatte, bei der es auch um das Selbstverständnis der humanitären Schweiz ging.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Susanne Brunner und Informationen zu ihrer Person.

Was bedeutet der Entscheid für die Schweiz?

Um die Bedeutung zu zeigen, lohnt es sich, einen Schritt zurück in den Herbst 2024 zu gehen. Damals entschied der Nationalrat, die Finanzierung für die UNRWA einzustellen. In diplomatischen Kreisen war das ein Schock. Der pensionierte Diplomat Didier Pfirter, ehemaliger Schweizer Botschafter in einer Sondermission im Nahen Osten, sagte es am Freitag gegenüber SRF so: «Dass wir so einseitig Partei ergreifen würden, war für mich unvorstellbar. Und das in einer humanitären Frage, die unser Kerngeschäft ist und wesentlich unser Image prägt. Ich weiss nicht, was in die Parlamentarierinnen und Parlamentarier gefahren ist.»

Familie mit Gepäck sitzt auf Schutt in belebtem Gebiet.
Legende: Erstmals seit Beginn der Waffenruhe vor zwei Monaten hat Israel wieder massiv Ziele im Gazastreifen bombardiert – und erneut für mehrere Ortschaften zur Evakuierung aufgerufen. REUTERS/Mahmoud Issa

Der Ständerat hat nun auf die Stimmen gehört, die vor einem Imageverlust der Schweiz gewarnt haben. Ich denke, der Entscheid ist so ausgefallen, wie man es international von der Schweiz erwartet. Erst recht an einem Morgen wie diesem, an dem das Ende der Waffenruhe im Gazastreifen auf der ganzen Welt Schlagzeilen macht.

Wie gross war der Druck auf den Ständerat?

Das Parlament stand ganz offensichtlich unter dem Eindruck des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober 2023. Und Israel lobbyierte bei unserem Parlament intensiv, um es dazu zu bringen, der UNRWA den Geldhahn zuzudrehen: Anfang Jahr flog eine Diplomatin des israelischen Aussenministeriums für 24 Stunden in die Schweiz, um den Mitgliedern des Ständerats Israels Standpunkt vor der Kommissionsabstimmung darzulegen. Mit dieser Diplomatin hatte ich Kontakt und habe sie kurz danach in Jerusalem getroffen.

Der Hauptvorwurf Israels lautet: Bei der UNRWA arbeiten Terroristen. Tatsächlich entliess die UNRWA deswegen auch einige Mitarbeitende, aber eine Untersuchung der UNO, geleitet von der ehemaligen französischen Aussenministerin Catherine Colonna, kam zum Schluss, dass es keine Beweise gebe, dass die UNRWA von Terroristen unterwandert sei.

Was bedeutet der Entscheid des Ständerats für die UNRWA?

Die UNRWA ist sowieso schon geschwächt: In Israel, Ostjerusalem und den besetzten palästinensischen Gebieten darf sie nicht mehr arbeiten, Israel stellt keine Visa mehr für ausländische Mitarbeitende des Hilfswerks aus und israelischen Beamten sind Kontakte mit der UNRWA untersagt. Daran ändert der Entscheid des Ständerats nichts Fundamentales. Dass beim Palästinenserhilfswerk einiges im Argen liegt, ist zwar unstrittig. Um die Hilfe für die Palästinenserinnen und Palästinenser besser zu organisieren, gäbe es aber vor allem einen Weg: Die internationale Gemeinschaft findet eine dauerhafte Lösung für den Nahostkonflikt.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Rendez-vous, 18.03.2024, 12:30 Uhr ; 

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