Seit rund zwei Wochen geht die israelische Armee mit Luftangriffen gegen mutmassliche Stellungen der Hisbollah-Miliz in Libanon vor. Insgesamt sind dabei laut libanesischen Angaben rund 1000 Menschen gestorben, 100'000 sind auf der Flucht.
Am Freitag gelang es den Israelis sogar den Chef der Hisbollah zu töten. Der Tod von Hassan Nasrallah hat viele überrascht, nicht nur bei den Anhängern der Hisbollah in Libanon – auch in Iran.
Dort wurde in der Folge eine fünftägige Staatstrauer ausgerufen – denn Iran ist der wichtigste Sponsor der Hisbollah, die von vielen westlichen Ländern als Terrororganisation eingestuft wird.
Teheran alimentiert verschiedene Milizen
Teheran hat in den letzten Jahrzehnten im Nahen Osten eine Allianz aus verschiedenen Milizen grossgezogen. Sie bekommen Geld und Waffen aus Iran, treten aber als eigenständige Gruppen auf. «Die Gruppierungen haben sich dem Widerstand gegen Israel verschworen», sagt SRF-Nahostkorrespondent Thomas Gutersohn.
Zu den Gruppen gehören die Hisbollah, die Hamas, der Islamische Dschihad, die Huthis in Jemen sowie verschiedene Milizen in Syrien. Zusammen mit Iran und Syrien bilden sie die «Achse des Widerstands». «Diese Länder und Gruppierungen sagen, sie seien die einzigen, die sich für die Palästinenser einsetzten», stellt Gutersohn fest.
Für Iran bilden die Milizen in Libanon, Gaza, Syrien oder Jemen eine Art Schutzschirm, um seinen Kampf auszufechten. «Damit kann der Krieg vom eigenen, iranischen Territorium ferngehalten werden», so Gutersohn.
Iran sei in vielen militärischen Bereichen – etwa was Kampfflugzeuge angeht – schlecht ausgerüstet. Und so stützt sich Teheran auf die Schlagkraft dieser Milizen – «als eine Art Vorwärtsverteidigung».
Eine Auslöschung Israels hätte eine Auslöschung Irans zur Folge. Und das will man natürlich nicht in Teheran.
Länder wie Ägypten oder die Vereinigten Arabischen Emirate haben sich Israel angenähert und Friedensverträge abgeschlossen. Die «Achse des Widerstands» aber will weitermachen mit dem Kampf gegen Israel, dem Kampf für die Palästinenserinnen und Palästinenser.
Dabei spiele Iran zwar mit der Rhetorik, Israel auslöschen zu wollen. Doch das sei nicht wirklich Teherans Ziel. Denn dort wisse man: «Eine Auslöschung Israels hätte eine Auslöschung Irans zur Folge. Und das will man natürlich nicht in Teheran», sagt der Korrespondent.
Teheran kann sich den grossen Krieg nicht leisten
Zwar spricht Teheran jetzt davon, dass man «Israels kriminelle Taten» nicht unbeantwortet lassen werde. Aber wie schon vor einigen Monaten, als Hamas-Anführer Ismali Hanjia mutmasslich von Israel getötet wurde und Iran harte Konsequenzen angedroht hatte, worauf bloss ein Angriff mit Vorwarnung erfolgte, könnte sich Iran auch diesmal in Zurückhaltung üben.
Die Politik Irans ist stets ein Balanceakt: Einerseits fliessen viel Geld und Waffen in Milizen, die an vorderster Front gegen Israel kämpfen. Andererseits kann Iran Israel nicht einfach direkt angreifen – wegen der verheerenden Konsequenzen, die dann drohen würden.
«Wenn Iran stärker direkt intervenieren würde, würde es riskieren, dass die ganze Region in einen grossen Krieg hineingezogen wird – das kann sich das iranische Regime schlicht nicht leisten», sagt Gutersohn.
Aber: «Bislang schafft es Iran, den Krieg aus dem eigenen Land fernzuhalten und den militärischen Druck auf Israel trotzdem aufrechtzuerhalten.»