US-Präsident Donald Trump sagt es immer und immer wieder: «Die UNO wird nicht gut geführt. Sie erfüllt ihre Aufgabe nicht.» Den Posten des UNO-Botschafters, sonst eine Schlüsselfunktion in der US-Regierung, lässt er verwaist.
Eigentlich sollte längst Elise Stefanik dieses Amt antreten. Doch sie wird noch als Abgeordnete im Repräsentantenhaus in Washington gebraucht, wo die republikanische Mehrheit hauchdünn ist. Und jetzt hat Trump bestimmt, dass sie gar nicht UNO-Botschafterin wird.
UNO-Generalsekretär António Guterres schaffte es, während Trumps erster Amtszeit, zwar keine warme, jedoch eine funktionierende Beziehung zum US-Präsidenten aufzubauen. Diesmal gelingt ihm das nicht, gestehen hohe UNO-Funktionäre ein.
Trump lehnt fast alles ab, für das die Vereinten Nationen stehen.
Guterres versucht es nun mit einem Reformplan, der offenkundig als Antwort auf die scharfe Kritik aus dem Weissen Haus gedacht ist. Dass er damit Trump und seine Getreuen besänftigen kann, glaubt Gowan nicht. Er ist bei der Denkfabrik International Crisis Group zuständig für die UNO: «Trump lehnt fast alles ab, für das die Vereinten Nationen stehen.»
Amerikanische Urangst vor Kommunisten
Im Weissen Haus stossen nicht nur die Klimapolitik, die Weltgesundheitsorganisation oder der UNO-Menschenrechtsrat auf scharfe Ablehnung. Vielmehr sind es alle Grundprinzipien, welche die UNO überhaupt erst ausmachen: die Unverletzbarkeit von Staatsgrenzen, die Unterstützung armer Länder in ihrer Entwicklung, die Gleichberechtigung der Geschlechter oder die humanitäre Hilfe, ja generell die multilaterale Zusammenarbeit.
Bestätigen Sie, dass Sie nicht mit kommunistischen, sozialistischen oder sonst anti-amerikanischen Einheiten kooperieren?
Das beweist ein Fragebogen, den Elon Musks Sparbehörde an das UNO-Personal versandte. Darin wird etwa gefragt: «Bestätigen Sie, dass Ihre Organisation keine Gelder aus China, Russland, Kuba oder dem Iran annimmt.» Oder: «Bestätigen Sie, dass sie nicht mit kommunistischen, sozialistischen oder sonst antiamerikanischen Einheiten kooperieren?» Weil die Zusammenarbeit mit allen Ländern, egal wer dort regiert, der Daseinszweck der UNO ist, müssten sich also UNO-Angestellte von den Zielen und dem Zweck der UNO abwenden, um den Trump-Leuten zu gefallen. Es ist eine absurde Situation.
Systematische Anti-UNO-Haltung der USA
Richard Gowan: «Tatsächlich hat die UNO-Führung keinen Plan, wie sie der Feindseligkeit der US-Regierung begegnen soll.» Im schlechtesten Fall sei denkbar, dass sich die USA, der mit Abstand grösste UNO-Geldgeber, weitgehend aus deren Finanzierung zurückziehen. Das nächste Opfer könnten die Friedensoperationen sein, also die UNO-Blauhelme.
Mit dem Veto kann Washington weiterhin Verbündete vor UNO-Resolutionen schützen.
Tatsächlich erscheint die Anti-UNO-Haltung im Weissen Haus in Trumps zweiter Amtszeit systematisch. Spekuliert wird, die USA könnten die Weltorganisation ganz verlassen. Das hält Gowan für unwahrscheinlich, «wenn auch nur aus einem einzigen Grund: Mit dem Veto kann Washington weiterhin Verbündete vor UNO-Resolutionen schützen.» Allen voran die israelische Regierung. Genauso konnte Trump neulich im Sicherheitsrat deutlich machen, dass er im Ukraine-Konflikt nun auf der Seite Moskaus steht.
Verlässt Trump die UNO ganz, verliert er solche Einflussmöglichkeiten. Wenn die USA ihre UNO-Pflichtbeiträge verweigern, wird ihnen das Stimmrecht zwar in der UNO-Generalversammlung entzogen, jedoch nicht im mächtigeren Sicherheitsrat. So würden die Vereinigten Staaten auf einmal zu einem Land, das für die UNO nichts mehr leistet, jedoch von ihr profitiert.