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Trump und die Weltorganisation Die Demontage der UNO hat begonnen

US-Präsident Donald Trumps ernannte neue UNO-Botschafterin Elise Stefanik machte bei ihrer Anhörung im US-Senat klar, worum es den neuen Machthabern in Washington geht: «Machen UNO-Aktivitäten Amerika sicherer, stärker und wohlhabender?» Einzelne Programme trügen dazu bei. Nur noch dorthin sollen US-Dollars fliessen.

Dass die Vereinten Nationen von ihrer Grundidee her nicht reiche und starke Länder unterstützen sollen, sondern in erster Linie arme und krisengeschüttelte, wird dabei ausgeblendet. Solidarität steht nicht in der Agenda der Trump-Regierung.

Es droht kein Austritt der USA

Zwar droht kein unmittelbarer Austritt der USA aus der UNO insgesamt. Denn damit verlören sie ihr Stimm- und vor allem ihr Vetorecht und entsprechend enorm an Einfluss. Doch der Welt­gesundheitsorganisation WHO will Trump ebenso den Rücken kehren wie dem UNO-Menschenrechtsrat oder dem Palästinenserhilfswerk UNRWA. Den mit der UNO verbundenen Internationalen Strafgerichtshof ICC wollen die USA sogar aktiv bekämpfen.

Noch eine ganze Reihe weiterer UNO-Organisationen dürfte im Visier der Amerikaner sein. Besonders viele sind es in Genf, dem personalmässig grössten Standort: darunter die Internationale Migrationsorganisation IOM, die Welthandelsorganisation WTO, die Flüchtlingsorganisation UNHCR, das Hochkommissariat für Menschenrechte, das Sekretariat der Biowaffenkonvention oder die Arbeitsbehörde ILO. Sorgen macht man sich auch beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz IKRK, das zwar keine UNO-Organisation ist, aber wo der Budgetanteil der USA ebenfalls ein Viertel beträgt.

WHO-Direktor fordert Dialog

Allein bei der IOM wird die Streichung von 5000 Arbeitsplätzen befürchtet. Bei anderen sind es ebenfalls Tausende. Die WHO und das UNHCR haben bereits einen Stellenstopp und ein weitgehendes Reiseverbot verhängt. Zwar hofft WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus, dass Washington die Austrittsentscheidung zurücknimmt. Er fordert die USA auf, zu benennen, was sie denn ändern möchten, damit man darüber diskutieren könne.

Laut dem Genfer Graduate Institute finanzieren die USA gegen 25 Prozent der Ausgaben aller UNO-Organisationen. Darüber hinaus zahlen sie allein in Genf jährlich fast zehn Milliarden Dollar an freiwilligen Beiträgen. Entsprechend gross sind die Folgen des US-Rückzugs. Noch grösser werden sie, falls sich weitere Regierungen anschliessen, um auf Kuschelkurs zu Trump zu gehen.

Trump will multilaterales System erschüttern

Es geht aber nicht nur um Stellen und Geld und Programme. Es geht darum, dass der weltumspannende Charakter der UNO auf dem Spiel steht, wenn die Supermacht USA nicht mehr voll hinter ihr steht. Zwar sind Länder wie China und andere Autokratien begierig, das von Washington preisgegebene Terrain politisch zu besetzen und ihren Einfluss auszuweiten. Das weiss zwar die Trump-Regierung. Doch es scheint zweitrangig. Wichtiger ist offenbar, das multilaterale System zu erschüttern, obschon das den USA nichts nützt.

Am UNO-Hauptsitz in New York, in Genf und an anderen Standorten sorgt Trump daher für Sturmwind und wirbelt Staub auf. Sobald der sich legt, wird die UNO wohl nicht gleich ein Trümmerhaufen sein. Aber man wird sehen, wie arg sie in Mitleidenschaft gezogen ist.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

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Info3, 07.02.2025, 17 Uhr;stal

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