100 Tage Donald Trump fühlen sich an wie ein Jahr: Internationale Allianzen wurden derangiert, Trump startete einen globalen Handelskonflikt und mit Elon Musk demontierte er Teile der Bundesbehörden. Die Weltwirtschaft ist den Launen und den Handelstheorien eines Mannes ausgeliefert, der Zölle in rascher Folge ankündigt, einführt, zurücknimmt.
Trump zeigt die Züge eines Autokraten
Es ergoss sich eine Flut von Dekreten aus dem Weissen Haus, die darauf ausgelegt schien, politische Gegner zu überwältigen. Die Zahl der «Executive Orders», die Trump in den ersten 100 Tagen unterzeichnete, übertrifft jene seiner Vorgänger bei weitem.
Trump zeigt die Züge eines Autokraten. Sie waren schon in der ersten Amtszeit erkennbar, doch nun ist das Bild schärfer geworden: Trump regiert am Parlament vorbei. Und die Republikaner, die den Kongress kontrollieren, lassen ihn gewähren, selbst wenn er Gesetze oder die Verfassung ignoriert. Die Justiz wird instrumentalisiert, mit Untersuchungen gegen ehemalige Regierungsmitarbeiter.
Seine Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol stürmten, hat Trump begnadigt. Die Bundesverwaltung wird auf Linie gebracht, unliebsame Behörden werden beseitigt. Journalisten und Medien werden diskreditiert und unter Druck gesetzt. Sie schreiben gegen ein Grundrauschen aus Unwahrheiten an, das aus dem Weissen Haus dringt. Universitäten sollen gefügig gemacht werden, indem Bundesgelder gestrichen werden.
Ein Angriff auf die demokratische Ordnung
Die Amerikaner sind stolz auf «Free Speech» und auf geordnete, rechtsstaatliche Verfahren. Doch unliebsamen ausländischen Studierenden werden nun kurzerhand die Visa entzogen, manche werden auf offener Strasse festgenommen. Migranten, angeblich sind sie Gang-Mitglieder, wurden nach El Salvador geflogen, wo sie in einem berüchtigten Gefängnis verschwanden. Trump macht keinen Hehl daraus, dass er auch US-Bürger dorthin bringen möchte. Der Oberste Gerichtshof hat die Regierung angewiesen, die Rückführung eines Mannes zu ermöglichen. Das Weisse Haus aber bleibt untätig, was als Symptom einer Verfassungskrise gedeutet werden kann. In der Summe ergibt das einen Angriff auf die demokratische, rechtsstaatliche Ordnung, wie er sich ähnlich schon in Ländern wie Ungarn abspielte.
Doch die fieberhaften ersten 100 Tage sind vorbei. Sie könnten eine druckvolle Gegenbewegung auslösen. Bereits wird deutlich, dass Trump sich der politischen und der wirtschaftlichen Schwerkraft nicht entziehen kann. Seine Zustimmungswerte sind schlecht. Im kommenden Jahr stehen Kongresswahlen an – und wenn Trump so weiter macht, zahlt seine Partei an der Urne vielleicht einen hohen Preis.
Noch lange 1362 Tage Trump
Auf der Strasse wird der Widerstand sichtbarer, auch wenn die Demokratische Partei desorientiert wirkt. Als die Finanzmärkte einbrachen, als auch der Staatsanleihenmarkt Schwäche zeigte, vertagte Trump viele Zölle, von der Drohung, er entlasse den Chef der Notenbank, krebste er zurück. Die Regierung ist x-fach verklagt worden – und die Bundesgerichte weisen Trump in die Schranken.
Zwei Fragen werden nun entscheidend sein: Inwiefern lässt der «Supreme Court», wo konservative Richterinnen und Richter in der Mehrheit sind, Trump gewähren? Und: Wird Trump sich an richterliche Anweisungen halten? Die Antworten bergen, je nachdem wie sie ausfallen, grosses Eskalationspotential. Sicher ist nur: Donald Trump bleiben noch 1362 Tage. Sie werden uns sehr lange vorkommen.