Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und Wirtschaftsminister Guy Parmelin reisten nach Washington an die Frühlingstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. Im Zentrum der Diskussionen stand die Zollpolitik von Donald Trump. Die Bundesräte trafen hochrangige Vertreter der US-Regierung, und als Nächstes soll eine Absichtserklärung verfasst werden.
SRF: Frau Bundespräsidentin, welche Bilanz ziehen Sie von ihrem USA-Aufenthalt?
Karin Keller-Sutter: Wir sind zufrieden mit den Gesprächen, die wir geführt haben. Die USA sehen vor, dass sie mit einer Gruppe von fünfzehn Ländern, ich sage jetzt etwas privilegierte Verhandlungen führen und Lösungen finden möchten. Zu dieser Gruppe gehört auch die Schweiz. Es soll jetzt eine Absichtserklärung erarbeitet werden, einerseits mit dem US-TER, also der Seite Handelszölle, andererseits mit dem Finanzministerium in den USA. Danach können die eigentlichen Verhandlungen beginnen.
Sie konnten sich persönlich mit dem US-Finanzminister Scott Bessent austauschen. Was ist dabei herausgekommen?
Wir haben vereinbart, dass wir jetzt eben diesen «Letter of Intent», also diese Absichtserklärung, entwerfen, in der die wichtigsten Themenfelder aufgelistet werden, über die wir sprechen wollen. Wir haben auch eine klare Kontaktperson zugewiesen bekommen. Das ist nicht ganz einfach in der US-Administration. Die US-Behörden haben einen klaren Willen bekundet, dass man mit der Schweiz eine Lösung finden will.
Sie haben gesagt, dass die Schweiz in dieser Fünfzehnergruppe dabei ist. Auch Ihre Stimme wird hier sehr respektiert. Als einzige Ländervertreterin wurden Sie in der «Washington Post» namentlich erwähnt und die Zeitung wollte gar wissen, ob ihr Telefonat mit Donald Trump ein Mitgrund war, dass dieser die zusätzlichen Zölle vorübergehend ausgesetzt hat. Spürten Sie auch jetzt, dass man auf die Schweiz hört?
Ja. Ich hatte den Eindruck, dass die Atmosphäre wirklich sehr freundschaftlich und konstruktiv war. Die Schweiz wird geschätzt, unsere Argumente und unsere Position wurden gehört und man ist bestrebt, mit uns eine Lösung zu finden. Ich hoffe, dass wir auch ins Ziel kommen werden.
Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft
Sie haben von dieser Absichtserklärung gesprochen. Gibt es einen konkreten Fahrplan? Besonders für die Wirtschaftsverbände ist es wichtig, zu wissen, wie es zeitlich weitergeht.
Nein, wir haben keinen Fahrplan mit einem spezifischen Datum fixiert. Aber wir waren uns einig, dass man jetzt so schnell wie möglich vorwärtskommen muss und dass man zu einem Abschluss kommen muss. Denn die Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft. Die Wirtschaft kann auch manchmal mit schlechten Lösungen leben, aber sie kann nicht damit leben, wenn sie nicht weiss, was gilt.
Zudem darf man nicht vergessen: Dies ist keine theoretische Diskussion. Es geht um Arbeitsplätze in der Schweiz, in der Uhrenindustrie, in der Maschinenindustrie. Es geht um Familien, um Einkommen, die wir sichern wollen. Deshalb müssen wir eine Lösung finden.
Geht es nur um die 31 Prozent zusätzliche Zölle oder überhaupt auch um die 10 Prozent Zölle, die jetzt im Moment gelten?
Es wäre am besten, wenn man 0 Prozent hätte, weil die Schweiz selbst keine Industriezölle erhebt. Aber wir werden schauen, wo wir landen. Es könnte schon gut sein, dass die USA nicht ganz darauf verzichten. Darauf muss man sich vielleicht auch einstellen.
Das Gespräch führte Barbara Colpi.