In Nordkorea hat Machthaber Kim Jong-un die Massenherstellung von sogenannten Kamikazedrohnen angeordnet. Solche setzt zum Beispiel Russland im Ukrainekrieg flächendeckend ein. Der freie Journalist in Südkorea, Martin Fritz, erläutert die Hintergründe.
SRF News: Was ist über die Massenherstellung dieser sogenannten Kamikazedrohnen in Nordkorea bisher bekannt?
Martin Fritz: Diese Nachricht basiert auf einem offiziellen Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur von Nordkorea. Danach beobachtete Führer Kim Jong-un den erfolgreichen Test einer solchen Kamikazedrohne, wie sie sich auf einen BMW-Geländewagen stürzte, explodierte und den Wagen komplett zerstörte. Diese Drohne soll angeblich von einem nordkoreanischen Unternehmen entwickelt worden sein. Daraufhin ordnete Kim die Massenproduktion von neu entwickelten Drohnen an. Der Bericht sagt allerdings nicht, ob genau diese oder noch andere Drohentypen in Massen hergestellt werden sollen.
Diese Drohnen werden per Video aus der Ferne gesteuert und sind daher nur schwer abzuwehren.
Wie effektiv sind denn diese Kamikazedrohnen?
Russland setzt eine ganz ähnlich aussehende Kamikazedrohne, die Lanzette, massenhaft im Ukrainekrieg ein, und zwar ziemlich erfolgreich. Diese Drohnen tragen bis zu drei Kilogramm Sprengstoff ins Ziel, werden per Video aus der Ferne gesteuert und sind daher nur schwer abzuwehren.
In einem Krieg sind solche Drohnen effiziente, billige und leicht herzustellende Waffen. Nordkoreas Streitkräfte verschaffen sich damit mehr strategische Möglichkeiten.
Nun habe Kim Jong-un gemäss der staatlichen Nachrichtenagentur gesagt, es müsse schnellstmöglich eine eigene Massenproduktion von eigenen Drohnen in vollem Umfang beginnen. Was ist darunter zu verstehen?
Ich würde das so interpretieren, dass Nordkorea aus dem Prototypenstadium herausgekommen ist und die Technik und das Design von solchen Kamikazedrohnen so weit entwickelt hat, dass diese Waffen nun in die Massenproduktion gehen können.
Man könnte vermuten, dass Russland Nordkorea geholfen hat, diese Technik schnell zur Serienreife zu bringen.
Bei dem Test Ende August war Kim dabei, wie vier verschiedene Drohnentypen getestet wurden. Eine dieser Drohnen ähnelte den Shahed-Drohnen vom Iran, die Russland inzwischen nachbaut. Eine andere Drohne ähnelte der russischen Lanzettdrohne. Man könnte vermuten, dass Russland Nordkorea geholfen hat, diese Technik schnell zur Serienreife zu bringen.
Welche strategische Bedeutung haben da diese Kamikazedrohnen für Nordkorea?
Kim hatte schon 2021 auf einem Parteitag eine Liste von Waffensystemen verkündet, die Nordkorea sich dringend zulegen müsste. Das waren atomgetriebene U-Boote, Spionagesatelliten, Hyperschallraketen und eben Drohnen. Und bei einer Militärparade im Sommer vergangenen Jahres wurden relativ grosse Überwachungsdrohnen vorgeführt, die auch Raketen verschiessen können.
Nun folgen diese Kamikazedrohnen. Ganz offensichtlich verschafft sich Kim die modernsten Waffensysteme, um sowohl die USA abzuschrecken als auch einen Krieg mit Südkorea führen und gewinnen zu können.
Das Gespräch führte Nina Gygax.