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Wahlen in Deutschland Spitzen von Union und SPD sind bereit für Koalitionsverhandlungen

  • Der erste Schritt auf dem Weg zu einer schwarz-roten Bundesregierung ist gemacht.
  • Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl haben die Unterhändler von CDU, CSU und SPD ihre Sondierungen abgeschlossen.
  • In einer ganzen Reihe von Sachfragen sei Einigkeit erzielt worden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz in Berlin.

In den bisherigen Sondierungsgesprächen haben Union und SPD den Spitzenpolitikern zufolge Differenzen und Gemeinsamkeiten ausgelotet. Ein gemeinsames Papier solle nun die Grundlage für Koalitionsverhandlungen sein, die gegebenenfalls nächste Woche beginnen könnten, so Merz.

Mehr Zurückweisungen von Migranten

Die Parteien haben sich in ihren Sondierungsgesprächen auf einen gemeinsamen Kurs in der Migrationspolitik verständigt. An den Landgrenzen sollen seinen Angaben zufolge künftig auch Menschen zurückgewiesen werden, die ein Asylgesuch stellen – allerdings nur in Abstimmung mit den Nachbarstaaten.

Vier Personen sprechen bei einer Pressekonferenz.
Legende: Markus Söder, (CSU), Ministerpräsident von Bayern und CSU Vorsitzender, Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, Lars Klingbeil, SPD-Fraktions- und Bundesvorsitzender, und Saskia Esken, SPD-Bundesvorsitzende, an der Medienkonferenz im Bundestag. KEYSTONE/DPA/Kay Nietfeld

Im vergangenen Jahr wurden laut Bundesinnenministerium rund 80'000 unerlaubte Einreisen festgestellt, wobei es in etwa 47'000 Fällen zu einer Zurückweisung kam, etwa wenn jemand gefälschte Dokumente vorlegte oder weil nach einer Abschiebung eine Einreisesperre ausgesprochen worden war.

Rückläufige Anzahl an Asylanträgen

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Die Zahl der Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, war zuletzt gesunken. Im Januar und Februar nahm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 26'674 Erstanträge und 3273 Folgeanträge entgegen. Damit lag die Zahl der Erstanträge zwischen Anfang Januar und Ende Februar um rund 43 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraums.

Zudem soll zur Eindämmung illegaler Migration nach Worten von CSU-Chef Markus Söder der Familiennachzug ausgesetzt werden. Auch Flüge aus Afghanistan im Rahmen des Freiwilligenprogramms werde es nicht mehr geben. «Es werden Flüge nach Afghanistan und Syrien organisiert werden, um abzuschieben.»

Bürgergeldsystem soll neu gestaltet werden

«Wir werden das bisherige Bürgergeldsystem neu gestalten, hin zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende», sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Er kündigte an: «Für Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.» SPD-Chef Lars Klingbeil sagte, wer sich komplett verweigere, könne nicht auf die gleiche Unterstützung setzen, das sei fair und gerecht.

Zudem kündigte Merz an, man werde im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit im Arbeitszeitgesetz schaffen. «Und wir werden Überstundenzuschläge steuerfrei stellen, die über die tariflich vereinbarte beziehungsweise an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen.»

Durchbruch in Finanzfragen bereits vergangenen Dienstag

In den zentralen Finanzfragen haben die Gesprächspartner mit der Lockerung der Schuldenbremse und einem gigantischen Sondervermögen für Infrastruktur bereits am Dienstag einen Durchbruch erzielt. Die Union kam der SPD dabei sehr weit entgegen und warf dafür sogar Wahlkampfversprechen über den Haufen.

Grüne zu Sondierungsergebnissen: «Gift für unser Land»

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Die Grünen haben die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD harsch kritisiert. Statt strukturelle Probleme zu lösen, wollten die Parteien schon wie in früheren schwarz-roten Regierungen alles mit Geld zuschütten, erklärte Parteichefin Franziska Brantner in Berlin. «Das ist Gift für unser Land.» Co-Parteichef Felix Banaszak betonte: «Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen.»

Konkret werfen die Grünen Union und SPD vor, ihre Wahlversprechen durch diese neuen Finanzmittel finanzieren zu wollen, statt das Geld für tatsächliche Verbesserungen einzusetzen. «Wir sehen, dass es offensichtlich 500 Milliarden Euro nicht für zusätzliche Infrastrukturprojekte geben soll, sondern für Wahlversprechen, Mütterrente, Pendlerpauschale», sagte Brantner. Banaszak sagte, Schwarz-Rot nutze die schwierige Lage mit Blick auf Russland und die USA, «um am Ende einfach nur die Gastronomie von der Mehrwertsteuer zu befreien oder eine weitere Stufe der Mütterrente einzuführen».

In der Union hoffte man dafür auf ein Entgegenkommen der SPD beim Hauptstreitpunkt Migration. Dies ist nun allen Anschein nach geschehen.

Die Union hatte die Bundestagswahl am 23. Februar mit 28.5 Prozent deutlich gewonnen. Die SPD landete mit 16.4 Prozent hinter der AfD (20.8 Prozent). Eine Alternative zur schwarz-roten Koalition gibt es nicht, weil Schwarz-Grün keine Mehrheit hat und eine Zusammenarbeit mit der AfD von der Union klar ausgeschlossen wird.

Weiterführende Informationen

So geht es jetzt weiter

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In einem Ergebnispapier der Sondierungen listeten Union und SPD nun Vorfestlegungen auf und räumten dabei auch einige Streitthemen ab. Wenn die Parteigremien zustimmen, kann die Arbeit am Koalitionsvertrag beginnen. Darin halten die Parteien fest, welche Projekte sie in der Legislaturperiode zusammen anpacken wollen – und auch, welche Partei welches Ministerium besetzt.

Der voraussichtlich künftige Kanzler Merz hat das Ziel ausgegeben, bis Ostern mit den Verhandlungen durch zu sein.

SRF 4 News, 8.3.2025, 16 Uhr ; 

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