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Nach Niederlage an der Urne Ausgebremst beim Autobahn-Ausbau: Was jetzt, Bundesrat Rösti?

Ungewohnte Rolle für Albert Rösti: Der SVP-Bundesrat geht als Verlierer aus einem Abstimmungskampf – und das in einem seiner Kerndossiers, der Verkehrspolitik. Das Stimmvolk lehnt den Autobahn-Ausbau ab, für den Rösti unermüdlich geworben hatte. Eine «historische Verkehrswende» sieht er aber nicht.

Albert Rösti

Bundesrat

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Albert Rösti ist seit 2023 Bundesrat und Vorsteher des Eidgenössischen Departments für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Er wurde 1967 geboren, studierte Agronomie an der ETH Zürich, erlangte 1997 den Doktortitel und machte 2001 und 2002 einen Master of Business Administration (MBA) an der Universität Rochester in den USA. Rösti war seit 2011 Nationalrat für den Kanton Bern und von 2016 bis 2020 Parteipräsident der SVP Schweiz.

SRF News: Herr Bundesrat, noch vor ein paar Jahren hätten Sie eine solche Abstimmung locker gewonnen. Nun stimmt die Schweizer Bevölkerung erstmals gegen den Ausbau von Autobahnen. Grünen-Präsidentin Lisa Mazzone spricht von einer «historischen Verkehrswende». Ist es das?

Albert Rösti: Als historisch würde ich das Abstimmungsresultat nicht bezeichnen. So klar war es auch nicht, ein grosser Teil der Stimmbevölkerung hat die Vorlage unterstützt. Kantone wie St. Gallen und Schaffhausen, in denen Ausbau-Projekte vorgesehen waren, haben Ja gestimmt. Auch Regionen und Gemeinden, die direkt betroffen gewesen wären, haben Ja gestimmt. So zum Beispiel entlang des Genfersees.

Albert Rösti an der Medienkonferenz in Bern nach den Abstimmungen vom 24. November 2024.
Legende: Verkehrsminister Albert Rösti stellt klar: «Die sechs Projekte zum Autobahn-Ausbau, über die abgestimmt wurde, können nicht gebaut werden.» Keystone/Peter Schneider

Offenbar ist es uns in Kantonen ohne Projekte zu wenig gelungen, darzulegen, dass es ein Autobahn-Ausbau für die ganze Schweiz gewesen wäre. Das gilt es zu anerkennen. Die Referendumsnehmer haben aus der Vorlage eine Prinzipienfrage gemacht. Dies hat sich kumuliert mit Leuten auf dem Land, die wachstumskritisch eingestellt sind.

Die Umweltorganisation «Umverkehr» wertet das Abstimmungsresultat als klaren Entscheid für eine Neuauswertung der Verkehrspolitik. Nun fordert sie ein sofortiges Moratorium für den Bau von Nationalstrassen. Zudem müssten die freiwerdenden fünf Milliarden Franken in den öffentlichen Verkehr investiert werden. Sind Sie bereit dazu?

Die Projekte, die heute abgelehnt wurden, wären ab 2033 erstellt worden. Diese Planungsarbeiten werden nun sofort entsprechend dem Volksentscheid eingestellt. Das ist selbstverständlich. Dafür braucht es kein Moratorium. Projekte, die vom Parlament beschlossen wurden und bei denen kein Referendum ergriffen wurde, werden natürlich weiterverfolgt. Was neue Projekte angeht, müssen wir die Situation nun in aller Ruhe analysieren.

Ich erinnere daran, dass wir enorm hohe Investitionen in den öffentlichen Verkehr vorgesehen haben. Die Mittel sind im entsprechenden Fonds vorhanden. Man kann auch nicht über ein bestimmtes Mass hinaus in den öffentlichen Verkehr investieren. Dies muss während des laufenden Betriebs geschehen. Wir nehmen uns die nötige Zeit und werden nicht hastig etwas entscheiden, das womöglich nicht dem Willen der Bevölkerung entspricht.

Sie haben nun fünf Milliarden zur Verfügung. Ihre Partei, die SVP, fordert bereits, dass der Benzinpreis gesenkt werden soll. Schliesslich sei der Topf jetzt gut gefüllt.

Hier muss ich leider enttäuschen. Bis 2030 sind Projekte geplant, die von keiner Seite bestritten wurden. Unabhängig von den sechs Projekten, über die heute abgestimmt wurde. Es gibt den klaren Auftrag des Parlaments, dass diese Projekte gebaut werden müssen.

Wie viele Mittel es ab 2030 braucht, hängt auch davon ab, ob es gelingen wird, Elektrofahrzeuge zu besteuern. Wenn immer mehr Elektrofahrzeuge im Verkehr sind, die heute keine Steuern bezahlen, wird sich der Fonds leeren. Die vermeintliche Geldschwemme gibt es also nicht, auch wenn ich heute schon verschiedene Vorschläge gehört habe, wie das Geld verwendet werden könnte.

Das Gespräch führte Philipp Burkhardt.

Echo der Zeit, 24.11.2024, 18 Uhr ; 

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