Die steigenden Gesundheitskosten zählen zu den Hauptsorgen der Schweizer Bevölkerung. Doch die Meinungen, wie die Politik diesen begegnen soll, gehen auseinander. Seit dem Nein zu den beiden Gesundheitsinitiativen am 9. Juni ist einzig klar: Die Mehrheit der Bevölkerung will weder einen Prämiendeckel noch eine Kostenbremse im Gesundheitswesen. Gefragt sind also andere Rezepte.
Für kontroverse Diskussionen sorgte in der «Arena» ein Vorschlag von GLP-Nationalrat Patrick Hässig. Der Pflegefachmann aus Zürich fordert, dass der Bund bei der Spitalplanung stärker mitreden kann. Heute ist die Spitalplanung Sache der Kantone.
Welche Rolle spielen die Spitäler?
Er sei kein Gegner des Föderalismus, betont Hässig. Doch: «Wir wissen, dass es die Kantone nicht hinkriegen.» Wenn die Zusammenarbeit zwischen den Kantonen bei der Spitalplanung weiterhin nicht fruchte, sei es richtig, dem Bund eine gewisse Kompetenz zu geben.
Die Kantone kennen die Bedürfnisse vor Ort und können direktdemokratisch legitimierte Entscheide fällen.
Bei den Kantonen kommt Hässigs Forderung gar nicht gut an. Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, betont, es sei falsch, nur auf die Spitalplanung zu fokussieren. Schliesslich seien die Kosten im stationären Bereich zuletzt vergleichsweise wenig gestiegen. Zudem führt der Basler Regierungsrat an: «Die Kantone kennen die Bedürfnisse vor Ort und können direktdemokratisch legitimierte Entscheide fällen.»
Dass die Kantone autonom unterwegs sind, begrüsst auch FDP-Nationalrätin Bettina Balmer. Doch bei der Spitalplanung brauche es eine gesamtheitliche Sicht. Der Bund soll zwar nicht die ganze Spitalplanung übernehmen. «Aber ich will, dass die Gesundheitsdirektorenkonferenz besser zusammenarbeitet.» An diesem Punkt zeigt sich Engelberger bereit, «die Methoden der interkantonalen Zusammenarbeit zu verbessern».
SP lanciert erneut Initiative für Einheitskasse
Auch eine altbekannte Idee erfuhr zuletzt wieder vermehrt Beachtung: die Einheitskasse. Zwar hat die Bevölkerung eine solche in den letzten Jahrzehnten mehrfach abgelehnt, doch nun startet die SP einen neuen Anlauf. Ständerätin Flavia Wasserfallen sagt: «Wir brauchen kantonale öffentliche Krankenkassen, welche das Interesse der Menschen in den Vordergrund stellen – und nicht die CEO-Löhne oder ihre Werbebudgets.» Heute habe man einen «Pseudowettbewerb», der hohe Wechselkosten verursache, ohne einen Nutzen zu erzielen.
Bei den anderen «Arena»-Gästen stösst die Idee der Einheitskasse auf Ablehnung. Sie kritisieren insbesondere die fehlende Wahlfreiheit. FDP-Nationalrätin und Ärztin Balmer plädiert zudem für den Wettbewerb unter den Krankenkassen: «Wenn man in Konkurrenz steht, ist man bemüht, es besser zu machen als die anderen.»
Mit der Budget-Krankenkasse lancierte FDP-Präsident Thierry Burkart zuletzt eine weitere Idee, die zu günstigeren Prämien führen soll. Wer freiwillig auf bestimmte Leistungen verzichtet, soll weniger zahlen müssen. Allerdings gibt Politikwissenschafter Lukas Golder zu bedenken, dass es in der Bevölkerung nebst dem Widerwillen gegen Leistungskürzungen eine Bereitschaft zur Solidarität gebe. Ein Budgetansatz sei deshalb wohl der falsche Weg.
Viele langfristige Projekte kommen nun zum Laufen.
Trotz aller Differenzen sind sich die Gäste in einem Punkt einig: Sie begrüssen es, dass der Bundesrat am Mittwoch nach langem Hin und Her entschieden hat, wie es bei der Vergütung von ambulanten Leistungen weitergehen soll. Unter anderem dieser Entscheid stimmt auch Politikwissenschafter Golder optimistisch, dass es in der Gesundheitspolitik vorwärtsgeht: «Viele langfristige Projekte kommen nun zum Laufen.» Das könne Bewegung in die Sache bringen.