In Prato Sornico im Kreis Lavizzara versucht die betagte Lili Oberholzer seit Tagen, ihren Hausrat vom Schlamm zu befreien. Das ganze Erdgeschoss stand unter Wasser. In der Unglücksnacht konnte sie sich gerade noch mit ihrem Mann vor der Flutwelle der Maggia ins Obergeschoss retten.
Es ist schwierig zu beschreiben, wie ich mich fühle. Wie ein Roboter, ich bin ständig am Arbeiten.
Sie erhält Hilfe von den vielen Freiwilligen, die seit Tagen im Einsatz stehen. Die Bewohner und Bewohnerinnen des Maggiatals wollen möglichst schnell zur Normalität zurück. Sie fühle sich wie ein Roboter, ständig am Arbeiten, sagt Lili Oberholzer.
Die Kraft, mit der die Menschen hier arbeiten, kommt mir vor wie ein Zeichen: dass sie das Übel vertreiben wollen. Und die Arbeit hilft, um nicht in eine Depression zu fallen.
In Prato Sornico wird es viel Geld und Zeit brauchen, bis ein Ersatz für die völlig zerstörte Eissporthalle gefunden ist. Diese Halle sei der soziale Kitt des Tales, jetzt sei sie weg, beklagt auch der freiwillige Helfer Patrizio Fenini: «Die Kraft, mit der die Menschen hier arbeiten, ist wie ein Zeichen, dass sie das Übel vertreiben wollen. Die Arbeit hilft ihnen, nicht in eine Depression zu fallen.»
In einem Dorf haben alte Frauen zwölf Torten für die Einsatzkräfte gebacken, sagt Angela Donati. Die gelernte Krankenschwester ist seit Tagen als Freiwillige in den Dörfern und Weilern unterwegs, um nach den Bewohnern zu sehen.
Die Menschen wollen erzählen und sind froh, wenn wir vorbeikommen. So haben sie das Gefühl, nicht vergessen zu werden.
Am Morgen nach der Unglücksnacht hatte sie mit einer Kollegin an jede Tür geklopft, um zu sehen, wie es den Menschen geht. Auch an diesem Morgen hat sie ganz oben im Tal, in Fusio, nach den Menschen gesehen. Angela Donati berichtet vom Wunsch, die schrecklichen Erlebnisse anderen mitzuteilen. Auch, um nicht vergessen zu werden.
Jetzt erst recht bleiben
Die Talbewohner seien sich viel gewohnt, erzählt Angela Donati. Sie glaubt darum auch nicht, dass dieses schlimme Unwetter dazu führt, dass die Menschen abwandern: «Eine Frau hat mir heute Morgen in Fusio gesagt, dass sie jetzt erst recht bleibt.»
Denn hier oben ist von den Verwüstungen weiter unten im Tal nichts zu sehen. Die Menschen im oberen Maggiatal wollen an ihrem Paradies festhalten. Wie auch die Touristen, die bereits mit ihren Rollköfferchen die verstärkte Fussgängerbrücke in Cevio passieren, um ihre Ferien im Maggiatal zu geniessen.
Dieser Eindruck wird von den Aussagen der Tessiner Tourismusfachleute gestützt. Sie erwarten wegen der Unwetter keinen langfristigen Einbruch des Geschäfts. Seit heute können Touristen und Touristinnen während eines bestimmten Zeitfensters mit ihrem Fahrzeug über die verstärkte Fussgängerbrücke bei Cevio ins Maggiatal gelangen.