Selbstfliegende Drohnen werden immer alltäglicher. In Zukunft könnten sie in jedem Haushalt die Post anliefern oder lebensrettende Medikamente und Organe zwischen Spitälern transportieren.
Die Schattenseite dieser Entwicklung: Auch kriegerische Ziele können damit verfolgt werden. Genau das geschieht mit der Technologie eines Unternehmens mit Wurzeln in Zürich, wie das Westschweizer Fernsehen RTS aufdeckt.
Hightech zum Tiefstpreis
Die Ursprünge von Auterion gehen bis ins Jahr 2008 zurück. An der ETH entwickelte Firmengründer Lorenz Meier die Technologie für selbstfliegende Drohnen. Seither kommt sie weltweit zum Einsatz. Auf seiner Website verkündet das Unternehmen stolz: «Von der US-Regierung nominiert als Standard für das eigene Drohnenprogramm.» Sitze hat Auterion sowohl in Zürich als auch in Kalifornien.
Das Unternehmen steht hinter dem Betriebssystem PX4. Damit können Drohnen mittels Autopilot autonom fliegen. Die israelische Armee verwendet es und die Software wurde auch in ukrainischen Drohnen gefunden.
Ab 100 Euro sind Module erhältlich, die mittels PX4 oder dessen Vorgänger Pixhawk fliegen. Der Softwarecode ist Open Source und somit weltweit frei zugänglich. In militärischen Zirkeln wächst deshalb die Sorge, wo er überall zum Einsatz kommen könnte. Der israelische Militärexperte Uzi Rubin, der am Bau des berüchtigten «Iron Dome»-Raketenabwehrsystems beteiligt war, sagt: «Jeder kann damit eine Kriegswaffe erschaffen, die Technologie und die Komponenten sind frei verfügbar. Einsetzen können sie Regierungen, aber auch kriminelle Organisationen.»
Die USA haben ihre Partner im Nahen Osten kürzlich denn auch gewarnt, dass der Islamische Staat mithilfe der Software seine Drohnen ausstatten könnte.
Israelische und ukrainische Drohnen mit Technologie aus der Schweiz
Firmengründer Lorenz Meier wollte sich weder gegenüber RTS noch SRF direkt äussern. Per E-Mail bestätigt das Unternehmen jedoch: Man habe Kenntnis davon, dass die Technologie in Kriegssituationen zum Einsatz komme. Die Software werde jedoch von Tausenden weltweit genutzt und weiterentwickelt. Es handle sich um «das grösste Ökosystem für Entwickler von autonomen Robotern weltweit».
Drohnen-Spezialist Auterion
Die ETH reagiert ähnlich, will aber nicht direkt Stellung beziehen. Per E-Mail schreibt die Hochschule gegenüber RTS: «Drohnenhersteller können kostenlos auf die Open-Source-Software zurückgreifen und gemäss ihren eigenen Bedürfnissen anpassen: genauso wie Handyhersteller dies mit dem Betriebssystem Android tun können.»
Man bedaure zwar, dass das Material zu Kriegszwecken eingesetzt werde, habe aber keine Handhabe. Grundsätzlich gelte: «Technologische Neuerungen werden nicht nur für positive Zwecke eingesetzt, sondern können potenziell auch in problematischeren Umständen zum Einsatz kommen.»
Fraglich ist, inwiefern die Software unter das Kriegsmaterialgesetz fällt. Auf Anfrage von RTS schreibt das zuständige Seco, dass Steuerungstools auf den ersten Blick als «Open Source» betrachtet werden können und somit nicht unter die aktuellen Exportkontrollen fallen würden.
Hingegen, präzisiert das Seco, gehöre Software, die zu Kriegszwecken eingesetzt werden könne, sehr wohl zur Liste derjenigen Güter, deren Export nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 vom Bundesrat verboten wurden. Eine juristische Grauzone also.