Es ist eine Schattenseite der Eierproduktion: Nach wie vor werden die meisten männlichen Küken aus der Legehennenzucht am ersten Tag ihres Lebens getötet und zu Biogas oder Tierfutter verarbeitet; einfach, weil man für diese männlichen Tiere keine Verwendung hat.
Allerdings ist bei Schweizer Biobetrieben dieses umstrittene Küken-Töten ab dem 1. Januar 2026 verboten. Einige Betriebe haben bereits umgestellt und versuchen, auch die männlichen Küken als sogenannte «Bruderhähne» aufzuziehen und sinnvoll zu nutzen. Es gibt dabei aber einige Herausforderungen.
Nicht so schwer wie Masthühner
Einer der Pioniere ist Christoph Fuchs, der einen Landwirtschaftsbetrieb im luzernischen Schwarzenberg am Fuss des Pilatus leitet. Er mästet auf seinem Betrieb Bruderhähne – die männlichen Küken von Legehennen. Die weissen Junghähne sind erkennbar schlanker und zierlicher als klassische Masthühner.
Tatsächlich sind die Hähne, die aus der Zucht von Legerassen stammen, schlechtere Futterverwerter. Sie werden frühestens mit 63 Tagen geschlachtet und werden nie so schwer wie Masthühner.
Für mich hat der ethische Aspekt einen hohen Stellenwert – deshalb ist Bruderhahnaufzucht berechtigt.
So betont Christoph Fuchs: «Es ist ein ganz klarer Zielkonflikt. Für mich hat der ethische Aspekt einen hohen Stellenwert – deshalb ist Bruderhahnaufzucht berechtigt. Aber für mich ist auch die Wirtschaftlichkeit ein wichtiger Faktor.» Und da kommt es letztlich darauf an, ob die Konsumentinnen und Konsumenten die Fleischprodukte von Bruderhähnen auch kaufen.
Markus Schütz, der mit seiner Familie einen Bauernhof im aargauischen Strengelbach führt, hat häufig Kontakt zu Kundinnen und Kunden. Im beliebten Hofladen des Schütz-Hofs wird auch das Fleisch von Bruderhähnen verkauft: Es gibt Brustfleisch, Schenkel, Geschnetzeltes oder auch ganze Hähnchen.
Die Fleischstücke sind kleiner als jene vom handelsüblichen Poulet. Das Bruderhahn-Fleisch hat auch eine gewisse Struktur und ist nicht ganz so weiss wie das Pouletfleisch. Obwohl das Fleisch sehr schmackhaft ist, ist es doch für viele Konsumentinnen und Konsumenten gewöhnungsbedürftig.
Wer Eier isst, soll auch das Fleisch von Bruderhähnen essen.
Das weiss auch Markus Schütz: «In der Direktvermarktung spüren wir die Bedürfnisse des Kunden sehr direkt. Wir können dem Kunden aber auch die Abläufe erklären und die Tiere zeigen.» Und so entscheiden sich im Hofladen dann auch viele Kundinnen und Kunden für das Bruderhahn-Fleisch. Getreu dem Motto: «Wer Eier isst, soll auch das Fleisch von Bruderhähnen essen.»
Bio-Eier werden teurer
Laut dem Branchenverband «Bio Suisse» werden ab Herbst 2024 bereits über 50 Prozent der Biohähne aufgezogen. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen gar keine eintägigen Küken auf Schweizer Biohöfen mehr getötet werden. Klar ist: Weil die Fleischproduktion bei den Bruderhähnen aufwändig ist, kann das System nur funktionieren, wenn die Bio-Eier im Gegenzug etwas teurer werden. Und da bleibt es abzuwarten, ob die Kundinnen und Kunden bereit sind, für ein ethischer hergestelltes Produkt einen höheren Preis zu bezahlen.
Das ist eine Herausforderung, das ist auch den Verantwortlichen von «Bio Suisse» bewusst. Der Branchenverband wird deshalb im Herbst eine Öffentlichkeitskampagne starten, um über die Zusammenhänge von Eierproduktion und Bruderhahn-Fleisch zu informieren.