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Die Freikirchen in der Schweiz
Aus Nachrichten vom 22.09.2023. Bild: KEYSTONE/Gian Ehrenzeller
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Missbrauch an Schule Das Wichtigste zur Schweizer Freikirchenlandschaft

Schläge, psychischer Druck und arrangierte Ehen – dieses Bild zeichnet ein Dok-Film von SRF über die Christliche Gemeinschaft Oberkirch und die evangelikale Privatschule, die die Freikirche im Kanton St. Gallen betrieben hat. Ehemalige Schülerinnen und Schüler schildern regelmässigen Missbrauch. Die Missstände an der Schule Oberkirch rücken Freikirchen in ein schlechtes Licht. Doch wie typisch ist der geschilderte Fall? Die Religionsexpertin ordnet ein.

Judith Wipfler

Religionsredaktorin

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Judith Wipfler ist SRF-Religionsexpertin. 2021 hat die Universität Bern der reformierten Theologin einen Ehrendoktortitel verliehen.

Was ist eine Freikirche überhaupt?

Die Landschaft in der Schweiz ist sehr bunt. Im Prinzip gehören sämtliche Kirchgemeinden, die nicht zur Landeskirche gehören, in diese Kategorie. Mit Freikirchen meinen wir aber meist freie evangelische Gemeinden. Dazu gehören verschiedene Gruppen: von den Baptisten und Adventisten über die Heilsarmee bis hin zu Täufern. Bekannte Gruppen sind etwa auch Vineyard oder der ICF.

Wir gehen von rund 200'000 Menschen aus, die einer Freikirche angehören. Genaue Zahlen sind aber schwierig zu eruieren, weil diese Gruppen eben nicht landeskirchlich organisiert sind und wir darum auf Selbstaussagen der Mitglieder angewiesen sind. Die Freikirchenlandschaft ist zudem sehr fluid. Einzelgemeinden gehen auf und wieder zu oder sie benennen sich um – so wie unlängst einige Chrischonagemeinden, die mit neuem Namen ihr Image aufbessern wollten.

Wie verbreitet ist Missbrauch in der Szene?

Die im DOK-Film gezeichneten Zustände sind eher untypisch. Dort handelte es sich um eine Gruppe, die sich abgekapselt hat und starken Führungspersonen folgte. Das sind klar Kennzeichen einer Sekte – inklusive Machtmissbrauch. Die betroffene Schule und die Gemeinde wurden dafür aber schon lange von anderen Freikirchen kritisch beäugt. Die Freikirchenlandschaft fürchtet um ihr Image, obwohl sich die Mehrheit längst von Herrn Läderach abgegrenzt hat.

Welche Rolle spielt die körperliche Züchtigung in der Erziehung?

Prinzipiell sind evangelikale Familien sicher konservativer, was Erziehung, Weltbild und Geschlechterrollen angeht. Weil sich manche Eltern für Homeschooling entscheiden, haben wir da aber nur einen beschränkten Einblick. Mehr wissen wir über die freikirchliche Kinder- und Jugendarbeit, die Unterstützung vom Bund erhält. Mehrere freikirchliche Jugendwerke haben hierzu eine Charta unterschrieben, die jede Gewalt und die geistliche Manipulation Jugendlicher verurteilt.

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Welcher Kontrolle und welchen Regeln unterliegen solche Privatschulen?

Es gibt die «Initiative christlicher Schulen», in der rund 15 Schulen zusammengeschlossen sind. Die Schule Linth (so heisst die im DOK-Film porträtierte Schule Oberkirch heute) ist nicht in diesem Verband, wird aber auf der Seite der ICB aufgelistet. Die ICB-Schulen erhalten staatliche Förderung, sind darum aber auch dem staatlichen Lehrplan 21 verpflichtet. Sie werden also kontrolliert.

Was für ein Image möchten die Freikirchen?

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Freikirchen stark verändert. Heute wollen sie sich mehrheitlich nicht mehr abgrenzen, sondern in die Gesellschaft einbringen. Das tun sie über die Sozial- und Jugendarbeit, die Arbeit mit Behinderten und so weiter. Sie sind auch ökumenischer ausgerichtet als früher, suchen die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen. Manche lassen sich sogar auf interreligiösen Dialog ein. Einige freikirchliche Verbände sitzen heute im Schweizer Rat der Religionen. Neu gibt es nun auch freikirchliche Armeeseelsorger – mehr kann man sich auf den Staat ja kaum einlassen.

Der Kanton St. Gallen verzichtet vorerst auf Untersuchung

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Das St. Galler Bildungsdepartement zeigt sich nach den bei SRF erhobenen schweren Vorwürfen gegen die «Christliche Schule Linth» in Kaltbrunn SG zurückhaltend. Die Situation sei aus Datenschutzgründen blockiert, schreiben die Behörden am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Das Bildungsdepartement des Kantons St. Gallen kündigte in der Ausstrahlung an, nach den SRF-Recherchen selbst einen Untersuchungsbericht in Auftrag geben zu wollen. Nun erklären die Verantwortlichen, dass es seit jenem Statement fraglich geworden sei, ob dieser Schritt gemacht werden könne.

Die Behörden müssten dafür einen Opferruf machen und zu diesem Zweck die Adressen der Betroffenen erhalten. Anfragen dazu seien jedoch von den Datenbesitzern abgelehnt worden. Die Situation sei deshalb blockiert. Das weitere Vorgehen werde nun geprüft.

DOK, 21.9.2023, 20:05 Uhr ; 

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