- Auch in den Kinderheimen der Heilsarmee ist es in der Vergangenheit zu Misshandlungen gekommen.
- Nun soll eine unabhängige Meldestelle dabei helfen, weitere Fälle aufzudecken.
- Die Heilsarmee will mit der Aufarbeitung solcher Fälle eine Vorbildrolle für andere Institutionen übernehmen.
Die Heilsarmee pflegt bei Missbrauch und Misshandlungen eine Nulltoleranzpolitik. Trotzdem sind ihr einzelne Fälle bekannt, in denen Heimkinder in den 1980er-Jahren körperlich gezüchtigt wurden. Jetzt gibt es eine unabhängige Meldestelle für alle Menschen, die in Kinderheimen der Heilsarmee Opfer von Übergriffen wurden.
Es geht um Wiedergutmachung, ein Hören, ein Anerkennen des Leids, das den Betroffenen widerfahren ist.
Diese Anlaufstelle soll zudem ein Signal an mögliche weitere Opfer sein, sagt Philipp Hadorn, Stiftungsrat der Heilsarmee und früherer SP-Nationalrat.
Jenen Menschen, die Unrecht erfahren hätten – auch wenn das vor Jahrzehnten passiert sei –, solle zuteilwerden, was ihnen zustehe, sagt Hadorn: «Nämlich eine Wiedergutmachung, ein Hören, ein Anerkennen des Leids, das ihnen widerfahren ist, das man nicht wollte und das nicht hätte vorfallen dürfen.»
Eine Wiedergutmachung für Opfer kann verschiedene Formen annehmen. Es kann sich um eine offizielle Entschuldigung handeln – oder um eine finanzielle Unterstützung.
Unabhängige Meldestelle bei Guido-Fluri-Stiftung
Die unabhängige Meldestelle für Betroffene ist bei der Guido-Fluri-Stiftung angesiedelt, die viel Erfahrung bei der Aufarbeitung von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen hat. Stiftungsgründer Guido Fluri erwartet, dass sich weitere Opfer melden werden.
«Wir wissen aus der Aufarbeitung der Heimgeschichten und aus persönlichen Gesprächen mit Betroffenen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, dass auch in Institutionen der Heilsarmee Integritätsverletzungen, also Missbräuche, stattgefunden haben», sagt Fluri. Diese Fälle seien teilweise noch nie der Heilsarmee vorgetragen worden und würden nun Gegenstand der Anlaufstelle.
Die proaktive Haltung der Heilsarmee soll Vorbild für andere Institutionen sein.
Dass die Heilsarmee bereit ist, ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, ist für die Organisation selbst auch eine Frage der Glaubwürdigkeit. Schliesslich spielt sie im sozialen Bereich nach wie vor eine wichtige Rolle und hat öffentliche Aufträge.
Guido Fluri betont noch einen anderen Aspekt: Er hofft, «dass insbesondere auch kirchliche Institutionen endlich Missbrauchsfälle ohne Wenn und Aber aufarbeiten, eine Wiedergutmachung leisten und die Täter ahnden und konsequent verfolgen lassen. Die proaktive Haltung der Heilsarmee soll hier Vorbild für andere Institutionen sein, welche die Missbrauchsthematik teilweise nur auf Druck angehen.»
Es ist ein Vorwurf, den verschiedene Fachleute zum Beispiel gegenüber der katholischen Kirche erheben.