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Nach emotionaler Debatte Ständerat will Gelder für UNRWA nicht kappen

SVP-Motion abgelehnt: Der Ständerat spricht sich gegen einen Zahlungsstopp für das Palästinenserhilfswerk der UNO aus.

Nach dem Ende der Waffenruhe mit der Hamas fliegt Israel seit dem frühen Morgen Angriffe im Gazastreifen. Dabei gab es laut dem Gesundheitsministerium in Gaza über 300 Tote. Die Situation der Menschen im kriegsversehrten Küstenstreifen spitzt sich erneut zu.

Um die humanitäre Lage in Gaza ging es heute auch im Parlament. Der Ständerat befasste sich mit einem Vorstoss der SVP. Dieser verlangte, dass die Schweiz per sofort ihre Zahlungen ans Palästinenserhilfswerk der UNO einstellen soll. Der Grund: Die UNRWA sei von der terroristischen Hamas infiltriert. Die kleine Kammer sprach sich aber gegen die Motion aus – nach einer zweistündigen, zuweilen emotionalen Debatte.

Blick in den Ständerat
Legende: Die UNRWA sei von der radikal-islamistischen Hamas unterwandert, argumentierte die eine Seite im Ständerat. Die andere Seite stellte sich wegen der humanitären Lage in Gaza und der humanitären Tradition der Schweiz gegen das sofortige Ende der Zahlungen. Keystone/Alessandro della Valle

Im Namen der Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission sagte SVP-Ständerat Hannes Germann, in den letzten Monaten hätten die USA, aber auch europäische Länder von Schweden über Spanien bis zu den Niederlanden «klare Zeichen» gesetzt. «Sie haben angekündigt, die Gelder an die UNRWA gänzlich zu streichen, weil sie mit Terrorismus in Verbindung steht.»

Als einziges SP-Mitglied machte sich auch Ständerat Daniel Jositsch für die sofortige Streichung der Gelder stark. Er kritisierte die Unterstützung der UNO für das Engagement für die UNRWA: «Die Weltorganisation, die für den Frieden einsteht, finanziert und organisiert eine Organisation, bei der teilweise Leute arbeiten, die an Terroranschlägen teilnehmen.»

Warnrufe vor weiterem Elend

Während der Nationalrat und die Aussenpolitische Kommission des Ständerats den Vorstoss von SVP-Nationalrat David Zuberbühler noch angenommen hatten, gab es heute im Ständerat viele Gegenstimmen.

Benedikt Würth gab zu bedenken, dass Schulen und Spitäler ohne die UNRWA schliessen müssten. «Wie würden Sie da als Eltern reagieren?», fragte der St. Galler Mitte-Nationalrat. «Ich kann nachvollziehen, wenn so etwas am Schluss noch mehr Radikalisierung produziert. Das ist mein Problem mit der Motion Zuberbühler.»

Ratskollege Jositsch würde zu Recht Mängel ansprechen und es sei unbestritten, dass die Hilfe für die Menschen in Gaza reformiert werden müsse, so Würth weiter. Ein sofortiger Zahlungsstopp für die UNRWA sei aber der falsche Weg.

Menschenrecht, Völkerrecht, humanitäre Hilfe – diese drei Begriffe sind meines Erachtens schweizerischer als Eiger, Mönch und Jungfrau.
Autor: Franziska Roth Ständerätin (SP/SO)

Die Solothurner SP-Ständerätin Franziska Roth verwies auf die humanitäre Tradition der Schweiz: «Menschenrecht, Völkerrecht, humanitäre Hilfe – diese drei Begriffe sind meines Erachtens schweizerischer als Eiger, Mönch und Jungfrau.» Und die Annahme der Motion wäre für sie ein Erdrutsch.

Auch Bundesrat Ignazio Cassis stand für eine Ablehnung ein: «Eine Annahme der Motion würde die prekäre Lage verschärfen, selbst bei einer Umverteilung der Mittel an andere Organisationen.» Die Folgen wären nicht nur in Gaza spürbar, mahnte Cassis, sondern auch im Westjordanland, in Jordanien, im Libanon und in Syrien.

UNRWA soll langfristig abgelöst werden

Der Ständerat sagte mit 25 gegen 19 Stimmen Nein zur sofortigen Einstellung der Beitragszahlungen, bei einer Enthaltung. Der Graben zwischen den beiden Argumentationslinien zog sich vor allem durch die Mitte und die FDP. Nein sagte die Mehrheit der Mitte, die SP, alle Grünen und die GLP. Unterstützt wurde der Vorstoss mehrheitlich von den Mitgliedern der FDP- und der SVP-Fraktion.

National- und Ständerat sind sich aber einig, dass die UNRWA langfristig abgelöst werden und die Palästinenserhilfe neu aufgestellt werden soll. Diese Forderung fand eine deutliche Mehrheit.

Rendez-vous, 18.03.2024, 12:30 Uhr

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