Bisher sammeln Schweizerinnen und Schweizer erst drei Prozent des Plastikabfalls. Doch leere Shampooflaschen, Tetrapak und Aufschnittverpackungen können wiederverwertet werden, sie sollen schweizweit in einem Sammelsack landen.
Die Stadt Bern hat soeben ein neues Sammelsystem eingeführt: den «RecyBag». Er soll zum nationalen Standard werden, erklärt die Geschäftsleiterin von Recypac, Odile Inauen: «Wir finden, dass es unbedingt eine schweizweit einheitliche Sammlung braucht.»
Die vollen Recypac-Säcke können beim Detailhandel zurückgebracht werden, doch längst nicht alle Migros- oder Coop-Filialen machen mit. Das System steckt noch in den Kinderschuhen, es wurde erst in fünf Schweizer Gemeinden eingeführt. Doch es hat das Potenzial zum Marktleader, denn neben dem Detailhandel stehen auch Schweizer Hersteller wie etwa Nestlé dahinter.
Hersteller und Detailhändler unterstützen das Non-Profit-System finanziell, erklärt Leiterin Inauen: «Die Marken, die am meisten Verpackungen auf den Markt bringen, bezahlen bei uns höhere Mitgliederbeiträge.»
Bald kommt die Plastik-Sammelpflicht
Die neue Branchenorganisation Recypac nimmt damit einen Entscheid des Bundes vorweg. Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) wird diesen Frühling einen Vorschlag zu einer nationalen Plastiksammlung in die Vernehmlassung schicken. Bisher besassen die Gemeinden das Abfallsammelmonopol. Der Bund bestätigt gegenüber SRF, man plane eine Rücknahmepflicht für Hersteller und Detailhandel. Das Bafu verweist auf die PET-Sammlung als funktionierendes Beispiel.
Die neue Konkurrenz sorgt bei etablierten Recycling-Unternehmen für Stirnrunzeln. In gut einem Drittel der Schweizer Gemeinden gibt es nämlich bereits Sammelsysteme, die auch untereinander kompatibel sind. Marc Briand von Innorecycling erklärt, man habe im Kanton Bern ein System mit 204 Gemeinden aufgebaut.
Für die Konzession der Stadt Bern bewarb sich Innorecycling schlussendlich nicht. Die finanziellen und organisatorischen Bedingungen entsprachen nicht dem System von Kanton Bern und Innorecycling. So kam Recypac zum Zug. Konkurrenz sei gut, so Recycler Briand, doch er fürchtet ein mögliches Monopol. Darum fordert er vom Bund: «In der Schweiz gesammelte Materialien müssen auch verpflichtend in der Schweiz recycelt werden.»
Es wird bald viel einfacher, ein schweizweit einheitliches Recyclingsystem aufzubauen.
Heute gibt es in der Schweiz zwei Systeme, die nicht kompatibel sind: jenes der Recycling-Unternehmen mit 1000 Gemeinden und jenes von Recypac mit fünf Gemeinden. Recypac startet spät, hat aber die geballte Marktmacht von Detailhandel und Industrie hinter sich. Recypac-Leiterin Inauen ist zuversichtlich: «Es wird bald viel einfacher, ein schweizweit einheitliches Recyclingsystem aufzubauen.»
Optimistisch wirkt auch Marc Briand von Innorecycling, trotz Konkurrenz. «Hauptsache, es wird Kunststoff gesammelt.» Das Potenzial zum Plastiksammeln ist gross in der Schweiz. Die Frage bleibt: Wer macht am Schluss den Sack zu?