Rui Biagini macht sich Sorgen um die Gesundheit seiner beiden Söhne in der Primarschule, aber auch um die Gesundheit aller Schulkinder. Viele Schulen täten zu wenig im Kampf gegen das Virus: «Kinder werden zu wenig geschützt. Es hängt immer davon ab, wo das Kind wohnt.» Einige Schulen hätten Massnahmen ergriffen, andere nicht.
Das Problem sei, dass es keine einheitlichen Vorgaben gebe. Dabei sei das Problem nicht so schwierig zu lösen, sagt der besorgte Vater aus dem Kanton Zürich. Er ist Initiator der Elterngruppe «#ProtectTheKids»: «Die wichtigste Massnahme ist gesunde Luft in den Schulzimmern.»
Kontrolliertes Lüften sei also die Lösung. Mit CO2-Messgeräten wisse man, wann Lüften nötig sei. Und Luftfilter würden Aerosole herausfiltern. Aber längst nicht alle Schulen haben solche Geräte angeschafft. Ausserdem macht sich Biagini stark für die Covid-Impfung für die Lehrerinnen und Lehrer – und für die Schulkinder.
Die steigenden Ansteckungen seien für die Schulen tatsächlich ein Problem. Das gibt auch die oberste Lehrerin im Land zu, Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Sie verstehe die Eltern sehr gut, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder Sorgen machen.
Viele Eltern wünschen sich weniger Massnahmen in den Schulen.
Aber sie weist auch auf eine andere Seite hin: «Viele Eltern wünschen sich weniger Massnahmen in den Schulen. Dazwischen muss sich die Schule irgendwie bewegen und einen gesunden Weg finden, um Schülerinnen und Schüler genügend zu schützen. Ich finde es wichtig, dass wir einen vernünftigen Umgang miteinander haben.»
Auch Rösler empfiehlt allen Lehrerinnen und Lehrern, sich impfen zu lassen. Druck machen will der Lehrerverband hingegen nicht, um die Gräben zwischen Impfbefürwortern und -gegnern nicht zu vertiefen.
Schulen am Anschlag
Dagmar Rösler befürchtet, den Schulen stehe ein schwieriger Winter bevor. Wegen der Pandemie fallen immer wieder Lehrerinnen und Lehrer aus oder sind in Quarantäne. Lücken müssten wieder gefüllt werden. Zudem sei der Arbeitsmarkt bei Lehrpersonen relativ ausgetrocknet. «Die Schulen sind seit längerem wirklich sehr stark gefordert und zum Teil wirklich am Anschlag.»
Und die angespannte Situation wirke sich zumindest bei gewissen Kindern auch aufs Gemüt aus. Dieser Aspekt komme oft zu kurz, mahnt Thomas Minder, Präsident des Schweizer Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter.
Psychische Probleme bei Kindern
Minder leitet eine Schule im Kanton Thurgau und beobachtet etwas, was ihm Sorgen macht: Fehlendes Geld bei den Familien, Eltern, die den Job verloren haben oder denen der Jobverlust droht – oder gar das Abrutschen in die Sozialhilfe. All das sorge für grosse Sorgen und Nöte. «Das hinterlässt auch Spuren bei den Kindern.»
Man dürfe Schulkinder mit psychischen Problemen nicht allein lassen. Die Schulen sind also gefordert – auf ganz verschiedenen Ebenen: mit dem Kampf gegen das Virus, mit der emotionalen Unterstützung der Kinder und mit Eltern, die teilweise Gegensätzliches fordern.