Seit gestern ist klar: Der Bund will vorerst nur die 230 Angehörigen der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) vor Ort in die Schweiz holen. Mehr Geflüchtete aus Afghanistan aufnehmen will die Landesregierung im Moment noch nicht.
Anders wollen das die grossen Schweizer Städte: Sie pochen darauf, mehr Menschen aufzunehmen. So kommen beispielsweise aus Genf klare Worte von Stadtpräsidentin Frédérique Perler: «Die Schweiz kann nicht tatenlos zusehen und soll mehr Geflüchtete direkt aus Afghanistan aufnehmen.»
Gleiche Stimmen werden auch aus Bern laut. Stadtpräsident Alec von Graffenried sagt: «Wir sehen alle die Bilder, wir hören die Nachrichten aus Afghanistan und sind sehr beunruhigt. Demzufolge denken wir, dass es an der Zeit ist, dass der Bundesrat handelt und wir werden den Bundesrat auch zum Handeln auffordern.»
Bund will vorerst 230 Personen aufnehmen
230 Personen will der Bund aufnehmen. Es sind jene Personen aus Afghanistan, die mit dem DEZA in Verbindung stehen. Die Zahl erfolgt im Rahmen des bereits bestehenden Kontingents. Zu wenig, tönt es unisono aus Städten.
Der Berner Stadtpräsident von Graffenried weiter: «Wir denken, es geht nicht darum, jetzt den bestehenden Rahmen zu erarbeiten, sondern es hat sich eine neue Situation ergeben und demzufolge müssen jetzt neue Mittel ergriffen werden.»
Wie bei der Allianz für Moria
Vor knapp einem Jahr stand das griechische Flüchtlingslager «Moria» in Flammen. Ein Bund der grössten Schweizer Städte forderte bereits da die Möglichkeit, Flüchtlinge selbst direkt aufzunehmen. Rechtlich nicht möglich, hiess es damals vom Bundesrat.
Noch immer unverständlich, findet der Zürcher Stadtrat Raphael Golta: «Wir können nicht das Bundesrecht umgehen, aber wir fordern vom Bund grundsätzlich die Möglichkeit ein, dass willige Städte hier mehr tun können. Es geht hier speziell um die Fortschreibung der schweizerischen humanitären Tradition und wie wir in diesem Fall einen Beitrag leisten können.»
Was sagt die angesprochene Bundesrätin?
Karin Keller-Sutter sagt: «Man muss einfach einsehen, dass im Moment niemand aus Afghanistan ausreisen kann.» Aktuell könne nicht einmal das UN-Flüchtlingshilfswerk arbeiten.
Die Diskussion sei also zu früh, sagte sie vor den Medien. Klar ist einzig: Der Druck der Städte, mehr für die Menschen in Afghanistan zu tun, wird bleiben.