Zum Inhalt springen

Steigende Prämien Finanzprobleme der Spitäler treiben Gesundheitskosten in die Höhe

Schweizer Spitäler schreiben Millionendefizite. Das hat auch Auswirkungen auf die Prämien.

Es sind Rettungsaktionen, die die Steuerzahlenden teuer zu stehen kommen: Der Kanton Bern pumpt 100 Millionen Franken in seine Spitäler, um sie zu retten. Ähnliches passierte in den letzten zwei Jahren etwa in Zürich, Freiburg, Aargau, St. Gallen.

Einigen Schweizer Spitälern geht es finanziell so schlecht, dass sie nicht mehr auf eigenen Beinen stehen können. Zwei Drittel der Spitäler schrieben 2023 laut einer KPMG-Studie einen Verlust.

Schild, das auf eine 24-Stunden-Notfallpraxis hinweist.
Legende: Das Spital Biel ist ein Zentrumsspital, wie es viele gibt in der Schweiz. Und so wie viele andere schreibt es Verluste. KEYSTONE/Anthony Anex

Diese finanzielle Schieflage kostet nicht nur Steuerzahlende, sondern ist Experten zufolge auch einer der Gründe für die Prämienerhöhung.

Systemisches Problem

Die Krise verschärft sich gerade jetzt, weil auch für Spitäler die Ausgaben wegen der Teuerung und des Fachkräftemangels rasant angestiegen sind.

Das eigentliche Problem liegt aber tiefer, darüber sind sich die involvierten Akteure einig. Über die Ursache gibt es aber zwei vorherrschende Erklärungen:

1. Höhe der Tarife

Die Spitäler müssen sich hauptsächlich über Tarife und Fallpauschalen finanzieren. Deren Höhe handeln sie mit den Krankenkassen aus. Zufrieden sind die Spitäler trotzdem nicht: Der Spitalverband H+ sieht in zu tiefen Tarifen den Grund für die Finanzmisere.

Die Spitäler stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand und es braucht jetzt zukunftsfähige Finanzierungslösungen.
Autor: Anne-Geneviève Bütikofer Direktorin Spitalverband H+

Die Tarife seien vor allem im ambulanten Bereich bis zu 30 Prozent zu tief. Würde heissen: Die Spitäler zahlen bei diesen Behandlungen dazu. Deshalb fordert H+ eine sofortige Erhöhung der Tarife um fünf Prozent und eine weitere um 15 Prozent innert vier Jahren. «Die Spitäler stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand und es braucht jetzt zukunftsfähige Finanzierungslösungen», lässt sich H+ Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer in einer Mitteilung zitieren.

Auf der anderen Seite stehen die Krankenkassen, welche die Tarife wenig überraschend nicht erhöhen wollen: Das würde höhere Prämien bedeuten.

Die Direktorin von Krankenkassenverband Santésuisse, Verena Nold, sagt: Es gebe durchaus Spitäler, die effizient und gut seien sowie ihre Kosten decken könnten. «Es muss nicht der Massstab sein, dass jedes Spital in der Schweiz, auch wenn es ineffizient ist, die Kosten gedeckt kriegt.»

2. Die Spitalplanung

Die Schweiz verfügt über 101 Allgemeinspitäler (Stand 2022), die nebst der Grundversorgung oft auch spezialisierte Eingriffe anbieten.

Es geht nicht um den Kapazitätsabbau, sondern darum, dass man Standorte reduziert oder anders ausgestaltet.
Autor: Tilman Slembeck Gesundheitsökonom an der ZHAW

Viele Experten, aber auch der Krankenkassenverband Santésuisse, sind sich einig, dass diese Zahl zu hoch sei und bessere überregionale Planung grosses Sparpotential berge. Denn: Bieten alle Spitäler alles an, ist das teuer.

«Es geht nicht um einen Kapazitätsabbau, sondern darum, dass man Standorte reduziert oder anders ausgestaltet», sagt ZHAW-Gesundheitsökonom Tilman Slembeck. Grössere Spitäler würden wegen höherer Fallzahlen nicht nur eine bessere medizinische Leistung bieten. «Es ist auch organisatorisch wesentlich günstiger, Synergien zu nutzen.»

Die Spitalplanung liegt in der Hand der Kantone. Es wäre also an ihnen, eine stärkere überregionale Planung umzusetzen.

Wie geht es weiter?

Die Kantone haben seit 2022 den Auftrag des Bundes, die überregionale Spitalplanung zu verbessern. Zudem hat der Bundesrat dem jahrelangen Streit um ambulante Tarife ein Ende gesetzt und will ein neues System per 2026 in Kraft setzen.

Ob diese Massnahmen den gewünschten Effekt erzielen, wird sich zeigen. Reformen seien aber unausweichlich, so der Gesundheitsökonom Slembeck: «Die Kantone sind nicht willig und auch gar nicht in der Lage, weiterhin die Millionendefizite zu übernehmen.»

10vor10, 25.09.2024, 21:50 Uhr;lehl

Meistgelesene Artikel