- Rund drei Wochen vor der Abstimmung hätten sich 73 Prozent der Befragten für das Stromversorgungsgesetz ausgesprochen, so die 2. SRG-Umfrage, die das Forschungsinstitut GFS Bern durchgeführt hat.
- Die Ja-Seite überzeugt mit dem Argument, dass die Vorlage ein unerlässlicher Schritt für die Energiewende sei.
- Kritik am Stromversorgungsgesetz, auch Mantelerlass genannt, hat sich jedoch im Umfeld der SVP aufgebaut.
Genau betrachtet ist unter den befragten Stimmberechtigten, eine schwache Polarisierung in Richtung Nein zu beobachten. Der Anteil Befürworterinnen und Befürworter bleibt allerdings stabil auf hohem Niveau. Der Anteil Unentschiedener ist auf drei Prozent geschrumpft.
In den untersuchten Untergruppen entspricht die Entwicklung der Stimmabsichten fast überall dem allgemeinen Muster eines komfortablen Ja-Anteils. SVP-nahe Befragte bilden als einzige mehrheitlich ablehnende Gruppe den anderen Pol des Meinungsspektrums: 53 Prozent von ihnen hätten das Gesetz verworfen.
Zunehmend gespalten zeigen sich zudem regierungsmisstrauische Befragte. Ihr Zustimmung nahm um neun Prozentpunkte ab, während die Ablehnung um elf Prozentpunkte gestiegen ist. Damit bleiben die relevantesten Konfliktlinien im politischen Bereich. Die sozialen und ökonomischen Faktoren spielen weniger eine Rolle.
Klimaschutz vs. Landschaftsschutz
Wie bereits bei der ersten SRG-Umfrage sind alle drei Ja-Argumente sehr breit abgestützt: Dies betrifft die Reduktion der Abhängigkeit vom Ausland, die Risikoreduktion wegen internationaler Konflikte und insbesondere der nötige Schritt zur Energiewende.
Derzeit kann nur ein Nein-Argument eine Mehrheit überzeugen, nämlich, dass die Schweiz ihren Strombedarf nicht ausschliesslich mit erneuerbaren Energien abdecken kann. Das Argument, dass erleichterte Planungsbedingungen der Umwelt und dem Schweizer Landschaftsbild schaden, dient laut GFS Bern jedoch als wichtigste Erklärungsgrösse für ein Nein.
Anzeichen dafür, dass die Gegnerschaft über den Kampagnenverlauf die Oberhand gewinnen konnte, finden sich beschränkt im Umfeld der SVP und unter regierungsmisstrauischen Teilnehmenden. Aber: «Die Kontra-Seite vermag weniger zu überzeugen mit ihren Argumenten», meint Martina Mousson, Politikwissenschaftlerin des Forschungsinstitutes GFS Bern. Ein Ja zum Stromversorgungsgesetz bleibe das wahrscheinlichste Szenario.
Eine andere Ausgangslage als beim CO₂-Gesetz
2021 brachte eine starke Mobilisierung auf dem Land und in SVP-Kreisen das CO₂-Gesetz an der Urne zum Scheitern. Diese Entwicklung ist beim Stromversorgungsgesetz nun nicht angezeigt.
«Praktisch alle Indikatoren sind im Ja», sagt Mousson. «Im Vergleich zum CO₂-Gesetz ist die Breite der Zustimmung anders.» Sie gehe weit über die politische Mitte hinaus. Bemerkenswert ist so auch die deutliche und ähnlich grosse Unterstützung aus allen Siedlungsräumen – inklusive der ländlichen Regionen.