«Was habe ich falsch gemacht? Noch mehr machen, um Schweizerin zu werden, wird schwierig.» Elisabeth Widmer-Härs ist 34-jährig, gebürtige Belgierin und wohnt in der Schweiz seit sie fünf Jahre alt ist.
Ihre Schulzeit verbrachte sie mehrheitlich in Zürich und Winterthur – Winterthur zählt sie denn auch zu ihrer Heimatstadt. Dort stellte sie ein Einbürgerungsgesuch.
Es klappte nicht: «Man rief mich einen Tag vor dem Einbürgerungsgespräch an und teilte mir mit, dass das Gesuch abgelehnt wird.» Widmer-Härs zog daraufhin das Gesuch zurück, um die 1000 Franken Gebühren zu sparen. Den Grund, weshalb ihr die Winterthurer Behörden den Schweizer Pass verweigerten, kennt sie bis heute nicht.
Doppelbürgerschaft nicht verlieren
Widmer-Härs hätte bis zu ihrem 25. Altersjahr von der erleichterten Einbürgerung profitieren können. Sie hätte alle Kriterien erfüllt: Sie hat die Grundschule in der Schweiz absolviert und deshalb auch die nötigen Sprachkenntnisse.
Um die Berufschancen zu wahren, wird von mir vom Arbeitsmarkt Mobilität verlangt. Gleichzeitig wird diese Mobilität durch das Einbürgerungsverfahren eingeschränkt.
Sie wollte aber ihren belgischen Pass nicht verlieren – eine Doppelbürgerschaft mit Belgien war bis 2011 nicht möglich. Sie stellte ihr Einbürgerungsgesuch deshalb erst später. Dann verzögerte ein Auslandaufenthalt das Verfahren.
Sie will mitbestimmen
«Um die Berufschancen zu wahren, wird von mir vom Arbeitsmarkt Mobilität verlangt. Gleichzeitig wird diese Mobilität durch das Einbürgerungsverfahren eingeschränkt», sagt sie. Widmer-Härs arbeitet in Bern, wohnt aber in Winterthur. Das bedeutet jeden Tag zweieinhalb Stunden Arbeitsweg.
Umziehen kann sie aber nicht, da ihr zweites Einbürgerungsgesuch hängig ist. Die 34-Jährige hat im letzten Jahr einen neuen Anlauf unternommen und – wieder in Winterthur – ihr zweites Gesuch gestellt. Denn sie will den roten Pass, um endlich auch aktiv in dem Land mitbestimmen zu können, in dem sie aufgewachsen ist.
Kosten variieren von Gemeinde zu Gemeinde
Auch mit dem vor einigen Jahren revidierten Bundesgesetz über das Schweizer Bürgerrecht hat sich bezüglich Mobilität und Wohnsitzfristen nichts wesentlich verändert. Die Mindestwohndauer in der Schweiz wurde zwar von zwölf auf zehn Jahre reduziert. Nach wie vor gibt es aber von Kanton zu Kanton unterschiedliche Regelungen, wie lange jemand in einer Wohngemeinde gelebt haben muss, bis er oder sie ein Einbürgerungsgesuch stellen kann.
Bei den Einbürgerungskosten sind die Unterschiede noch frappanter. Wie der Vergleichsdienst Comparis erst kürzlich berechnet hat, kostet beispielsweise in der Gemeinde Schwyz eine Einbürgerung viermal so viel wie in Sitten. Am günstigsten ist demnach eine Einbürgerung in Lausanne, dort kostet sie 800 Franken.
Nur 25'000 Personen erfüllen Voraussetzungen
Politische Vorstösse, die Einbürgerungshürden zu senken, zu erhöhen oder zu harmonisieren gab und gibt es immer wieder. Dabei ist aber das dreistufige Einbürgerungsverfahren (Gemeinde, Kanton, Bund) tief verankert. Daran wird sich so schnell nichts ändern.
Eine Ausnahme gibt es seit neuestem für die dritte Generation von Ausländern. Also bei Personen, bei welchen bereits die Grosseltern in der Schweiz gelebt haben. Hier entscheidet der Bund ohne Gemeinde und Kanton, ob ein «Terzo» den Schweizer Pass erhält oder nicht. Allerdings erfüllen von den über zwei Millionen Ausländern in der Schweiz nur rund 25'000 Personen die Voraussetzungen für diese unbürokratische Einbürgerung.
Eine gute Nachricht gibt es für Elisabeth Widmer-Härs. Ihr zweites Einbürgerungsgesuch wurde von der Stadt Winterthur bewilligt. Jetzt müssen noch Kanton und Bund zustimmen. Dies dürfte eine Formsache sein.