Über 170 Jäger und zwei Jägerinnen sind an einen Informationsabend zum Wolf in die Mehrzweckhalle in Lugano gekommen. Einer davon ist Milco Valsangiacomo, der passionierte Jäger hat sich angemeldet, weil er wissen will, wie man im Tessin mit dem Wolf umgehen will: «Der Wolf ist ein Raubtier, das schwierig zu jagen ist. Wölfe sind nicht vergleichbar mit anderem Wild, und ein Wolf kann sich gut verstecken.» Die Situation sei nicht gut im Tessin, meint Jäger Milco, die Hirten hätten grosse Schwierigkeiten.
Für mich ist klar, dass der Wolf wie alle Tiere ein Recht zu leben hat. Aber man muss die Anzahl reduzieren, so wie man den Bestand der Huftiere und der Wildschweine regulieren muss, damit sie nicht zu viele Schäden anrichten.»
Er kenne einen Älpler aus der Leventina mit 500 Schafen, die Tier seien seit drei Wochen im Stall anstatt auf der Weide, aus Angst vor dem Wolf. Dennoch weiss Valsanngiacomo nicht, ob er wirklich bei der Wolfsregulierung mitmachen will: «Ich brauche keine Trophäe – für mich ist klar, dass der Wolf wie alle Tiere ein Recht zu leben hat. Aber man muss die Anzahl reduzieren, so wie man auch den Bestand der Huftiere und der Wildschweine regulieren muss, damit sie nicht zu viele Schäden anrichten.»
Grosses Interesse
Auch Santina Barca ist gekommen, eine der wenigen Jägerinnen. Sie stammt aus Airolo, hat aber auch ein Haus im Malcantone. In beiden Gegenden treibt sich der Wolf herum, im Malcantone ist es ein Rudel, bei Airolo hält ein einzelner Wolf die Bevölkerung auf Trab. Dieses Tier wurde längst zum Abschuss freigegeben, weil es zahlreiche Schafe gerissen hat.
Das Tessin ist klein. Da hat es kaum Platz für all diese Tiere.
Für die langjährige Jägerin ist klar: «Das Tessin ist klein. Da hat es kaum Platz für all diese Tiere. Es wird dann zum Problem, wenn die Wölfe zu nah an die Dörfer und Häuser kommen.» Nun will sie wissen, wie der Kanton vorgehen will und ob sie helfen kann und will.
Tiziano Putelli ist der Leiter der kantonalen Jagd- und Fischereiverwaltung. Er informiert an den zwei Informationsabenden im Tessin die rund 400 angemeldeten Jägerinnen und Jäger, wie sie mithelfen können, den Wolfbestand zu regulieren.
Seit dem letzten Jahr dürfen ganze Wolfsrudel abgeschossen werden. Allerdings braucht es dazu gute Gründe, beispielsweise, dass ein Rudel bereits Schäden angerichtet hat. Vor allem aber entscheidet nicht der Kanton, sondern nach wie vor der Bund. Entsprechende Abschussgesuche für ganze Rudel haben bereits die Graubünden und das Wallis eingereicht.
Komplizierte Vorgaben
Das Tessin hat kein Gesuch eingereicht, noch nicht, wie Putelli sagt: «Im Moment haben wir keine Angaben, dass wir ein Abschussgesuch stellen können, weder für Jungtiere noch für ein Rudel. Es kommt darauf an, was in den nächsten Wochen passiert. Wir haben immer noch Zeit, eines zu stellen.»
Nach der Veranstaltung sind viele ernüchtert. Nicht nur, weil der Kanton noch kein Abschussgesuch beim Bund eingereicht hat, sondern auch, weil die Vorgaben für viele zu kompliziert und zu riskant sind. So sagt Santina : «Ich bin nicht überzeugt von dieser Regelung, man muss sehr aufpassen, nichts falsch zu machen.» Auch Milco winkt ab: «Ich bin nicht überzeugt davon, den Wolf so zu bekämpfen: zu viele Regeln.»
Das sollen vorerst die anderen machen, wie beispielsweise Ruedi Cannello. Der Tessiner ist meistens in Graubünden auf der Alp und gleichzeitig auch Jäger. «Die Problematik ist da, und man muss etwas dagegen unternehmen», sagt er. Für ein paar Wölfe habe es vielleicht Platz in der Schweiz, aber im Moment seien es zu viele. Deshalb brauche es eine starke Regulierung, und da brauche es neben den Wildhütern auch die Jäger: «Ich werde mich daran beteiligen.»