Gemächlich rollt der Verkehr durch die Freiburger Innenstadt. Kaum ein Auto, das schneller fährt als 30 Kilometer pro Stunde, davon zeugen Anzeigetafeln am Strassenrand.
Vier Monate nach der Einführung von Tempo 30 scheinen sich die meisten Autofahrerinnen und Autofahrer an die neue Geschwindigkeitslimite gewöhnt zu haben.
Dies bestätigen auch die Zahlen der Freiburger Kantonspolizei. Dort, wo neuerdings Tempo 30 gilt, gab es in den letzten vier Monaten keine grösseren Unfälle. Letztes Jahr – im gleichen Zeitraum – passierten hingegen gleich deren sechs.
Zu früh für Bilanz
Pierre-Olivier Nobs, der im Freiburger Stadtrat für Polizei und Mobilität verantwortlich ist, beurteilt diese Entwicklung verhalten positiv: «Es ist noch zu früh, um wirklich Bilanz zu ziehen. Erst nach einem Jahr werden wir aussagekräftige Zahlen haben, die zeigen, was Tempo 30 für die Sicherheit bedeutet.»
Tempo 30 betrifft mehr als die Hälfte der Stadt – aber eben nicht Quartiere. Ausgenommen ist etwa der Schönberg, wo rund ein Viertel der Stadtfreiburger Bevölkerung lebt. Auf den grösseren Strassen gilt hier noch immer Tempo 50.
Aber spätestens seit im Herbst ein Kind auf einem Fussgänger angefahren worden und gerstorben ist, gibt es Bestrebungen dies zu ändern. Eine Petition verlangt jetzt, dass der Schönberg zur Tempo-30-Zone wird.
Sieben Prozent weniger Kundschaft
Mehr Sicherheit – das ist jedoch nur die eine Seite der neuen Tempo-Limite. Wer sich im Gewerbe umhört, bekommt auch die Kehrseite zu spüren.
Zum Beispiel im Pérolles-Quartier, wo zahlreiche Läden, Boutiquen und Restaurants beheimatet sind. Jean-Claude Cotting, Manager des Einkaufszentrums Pérolles-Centre, verbucht seither sieben Prozent weniger Kundschaft: «Die Leute kommen am Wochenende nicht mehr in die Stadt, weil die Strassen überfüllt sind.»
Auch andere Gewerbetreibende beklagen fehlende Kundschaft und weniger Umsatz. Ein Geschäft hat seinem Frust gar mit einem Schild im Schaufenster Luft gemacht: Man sei umgezogen – an einen autofreundlichen Standort.
Noch mehr Tempo-30-Zonen
Der Generalsekretär des Stadtfreiburger Gewerbeverbands, David Krienbühl, bezeichnet die Verkehrspolitik der Stadt gar als «Katastrophe»: «Immer weniger Parkplätze und jetzt auch noch Tempo 30 – langsam, aber sicher werden die Rahmenbedingungen für das Gewerbe inakzeptabel.»
Gemeinderat Pierre-Olivier Nobs hat Verständnis für die Sorgen des Gewerbes. Aber er sieht nicht die Verkehrspolitik als Ursache des Übels. Vielmehr jage der Online-Handel den Läden die Kundschaft ab.
Die Stadtregierung jedenfalls will noch in weiteren Quartieren Tempo 30 einführen. Allerdings erst, wenn klar ist, was das neue Tempo-Limit tatsächlich bringt.