Der Elektroautobauer Tesla steht aktuell immer wieder in den Schlagzeilen. Nicht wegen neuen Durchbrüchen im E-Auto Bereich – sondern wegen Firmenchef Elon Musk und seiner Rolle unter US-Präsident Donald Trump. Die Aktie ist auf Sinkkurs.
Sönke Iwersen ist Investigativ-Journalist bei der deutschen Zeitung «Handelsblatt» und gibt einen Einblick in die sogenannten Tesla-Files, über welche er ein Buch publiziert hat.
SRF News: Wie steht es aktuell um das Unternehmen Tesla?
Sönke Iwersen: Für das Unternehmen sieht es gar nicht gut aus. Die Umsatzzahlen sind dramatisch eingebrochen. Die Personalie Musk, die sozusagen vorher immer ein Vorteil für den Aktienkurs war – weil ihn viele Menschen für seinen Gründergeist, seinen Erfindungsreichtum, seine Managementleistung bewundert haben –, wurde zu einem Problem. Viele Leute möchten keinen Tesla fahren oder kaufen, weil Musk Tesla-Chef ist.
Und inwiefern passt das zum Bild, das Sie in Ihrem Buch über Tesla und Elon Musk zeichnen?
Was wir jetzt im Weissen Haus und auf der Weltbühne sehen, ist das, was wir auch herausgefunden haben: Herr Musk tritt einerseits mit einer Kälte den Menschen gegenüber, und andererseits legt er eine Aggressivität an den Tag.
Können Sie da ein Beispiel machen?
In jüngster Zeit ist zum Beispiel der Krankenstand bei den Tesla-Fabriken sehr hoch. Der Deutschlandchef von Tesla reagierte, fuhr zu den Leuten, die krankgemeldet waren, hin und klopfte an die Haustür. Er beschimpfte auch während den Betriebsversammlungen seine Mitarbeiter als Faulenzer und Simulanten. Letzte Woche haben wir erfahren, dass bei Tesla etliche Krankgeschriebene ohne juristische Handhabe nicht mehr bezahlt wurden.
Musk hält die Mitglieder der deutschen Gewerkschaft IG Metall für Spione der deutschen Autoindustrie.
Diese Verhalten wird eindeutig von der Tesla-Spitze unterstützt. Musk hält die Mitglieder der deutschen Gewerkschaft IG Metall für Spione der deutschen Autoindustrie. Musk hat also gar kein Gefühl für das deutsche Verständnis von guter Unternehmensführung und Mitarbeiterbestimmung.
Sie haben ja Tesla-Files von einem Whistleblower erhalten. Können Sie uns vielleicht einen Einblick geben?
Das Überraschende und auch total Schreckliche war, dass diese Files frei herunterzuladen waren. Der Whistleblower, der uns diese Unterlagen gegeben hat, hat die nicht gehackt, sondern einfach aus dem Projektmanagementsystem heruntergeladen.
So erhielten wir nebst Kundeninformationen auch Mitarbeiterdaten wie Namen, Berufsbezeichnungen, private Telefonnummern und Adressen sowie teils medizinische Informationen oder Gehaltsdaten. Auf den Files war auch vermerkt, dass sie vertraulich sind und erst nach Unterschrift einer Verschwiegenheitserklärung einsehbar sind. Aber de facto konnte der Whistleblower sie einfach downloaden.
Der Chef wurde zum Klotz am Bein des Unternehmens. Das ist schon ziemlich irre, zumal das Ego von Herrn Musk nicht gesunken, sondern eher gestiegen ist.
Das ist total verrückt, wenn man bedenkt, dass bei Tesla die Fluktuation rund 40 oder 50 Mal höher ist als in vergleichbaren deutschen Unternehmen. Die Gefahr ist somit gross, dass Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, diese Daten mitnehmen.
Kann sich Tesla von den aktuellen Turbulenzen erholen?
Das ist sehr schwer zu sagen. Der Chef wurde zum Klotz am Bein des Unternehmens. Das ist schon ziemlich irre, zumal das Ego von Herrn Musk nicht gesunken, sondern eher gestiegen ist. Man möchte nicht in der Haut von den Tesla-Mitarbeitern stecken. Deren Arbeitsplatz hängt davon ab, was Herr Musk in Washington anstellt.
Das Gespräch führte Lea Saager.