Es war bei einer Gegneranalyse, als Imke Wübbenhorsts damaliger Arbeitskollege im Trainerstaff von Viktoria Köln plötzlich zu lachen begann. Vor versammelter Mannschaft sagte er: «Ach Jungs, guckt euch das mal an: Wir lassen uns hier von einer Frau in einem Männerbüro über eine halbe Stunde etwas über Fussball erzählen. Das hätte es doch vor ein paar Jahren nicht gegeben.»
An einem windigen Herbsttag sitzt die aktuelle Trainerin der YB-Frauen in einem Park in Bern und erzählt reihenweise schauderhafte Episoden. Sie hörte Sätze wie: «Ach komm, Imke, du lässt dir doch jetzt häufiger mal einen ‹Kolben› schmecken.» Sie musste mitansehen, wie Fans pantomimisch auf sie ejakuliert haben. Während mehrerer Jahre war das Imke Wübbenhorsts Realität im Männerfussball.
Zwischen 2018 und 2022 war die 35-Jährige bei drei Männermannschaften aktiv: als Trainerin in Cloppenburg und Lotte sowie als Co-Trainerin bei Viktoria Köln. 2018 übernahm Wübbenhorst den Oberligisten BV Cloppenburg. Das machte sie zur Pionierin. Denn sie war die erste Frau in der Geschichte des deutschen Fussballs, die ein Männerteam aus der fünfthöchsten Liga leitete.
Wer einen Weg als Erstes geht, der hat es schwer.
«Man möchte ja gar nicht Pionierin sein. Man möchte als Trainerin arbeiten und seinen Job machen. Man wird in diese Rolle so reingedrängt», sagt Wübbenhorst. Skepsis spürte sie oft. Als Pionierin kämpfte sie gegen viele Vorbehalte. «Du triffst immer wieder auf Menschen, die du überzeugen musst. Und genau diese Überzeugungsarbeit ist das, was so viel Kraft kostet.»
Die Eltern hatten Angst um sie
Wübbenhorst ist eine eloquente, schlagfertige Person. Reflektiert auch. Diese Eigenschaften halfen ihr, um die abschätzigen Kommentare entsprechend zu kontern und einordnen zu können. «Für mich ist es wirklich eher so gewesen, dass ich das Ganze weniger auf mich bezogen habe. Ich habe dahinter ein gesellschaftliches Problem gesehen. Wer einen Weg als Erstes geht, der hat es schwer.»
Was tut sie sich da an? Eine Frage, die sich auch Imke Wübbenhorsts Eltern immer wieder gestellt haben. Mutter Kerstin erzählt: «Wir hatten Angst um Imke. Am liebsten wären wir jeweils zu diesen Leuten gefahren, um ihnen zu sagen, dass solche Kommentare und Handlungen nicht tolerierbar sind.»
Kerstin Wübbenhorst wünschte sich gar, ihre Tochter wieder als Lehrerin arbeiten zu sehen. «Aber sie brennt halt für den Fussball.» Imke Wübbenhorsts ganze Geschichte erfahren Sie in der aktuellen Folge von «Kehrseite – Abseits des Erfolgs».