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Historischer Bergbau Wo die Schweizer Firma Von Roll Kinder nach Erz graben liess

Das Eisenwerk von Roll liess im 19. Jahrhundert im Solothurner Jura grossflächig Erz abbauen. Heute sind diese frühindustriellen Stollen, durch die einst Bergleute und auch Kinder krochen, praktisch vergessen. Nun sorgt ein Wissenschaftler aus Olten dafür, dass ihre Geschichte wieder erzählt wird.

Die Erzmatt ist ein ruhiges, beschauliches Waldstück oberhalb von Balsthal im Kanton Solothurn. An diesem Junimorgen mischt sich mit dem Vogelgezwitscher das fröhliche «Hallo» einer bunt gewürfelten Forschungsgruppe.

Die Kantonsarchäologin Andrea Nold ist vor Ort, eine Gruppe um Rouven Turck von der Universität Zürich, der sich in historischem Bergbau auskennt, sowie eine Spezialfirma aus Berlin. Feldarbeit ist angesagt, konkret: Der Waldboden auf der Erzmatt soll geoelektrisch vermessen werden.

Reichhaltige Erzvorkommen

Orchestriert hat das Ganze Beat Meier, ein Geologe aus Olten. Seit seiner Pensionierung kartiert Meier die Böden des Solothurner Juras nach archäologischen Spuren. Vor allem Eisen-Fundstellen haben es ihm angetan.

Eine Person steht im Wald und sammelt Bohnerz.
Legende: Geologe Beat Meier sammelt Bohnerz, das an dieser Stelle offen auf dem Waldboden liegt. Irène Dietschi

Im Solothurner Jura hatten die Menschen seit jeher mit dem Eisen in ihrem Boden zu tun. Schon die Kelten, Römer und die Menschen im Mittelalter schürften dort nach Erz und schmolzen es zu Eisen. Anfang des 19. Jahrhunderts trat der Politiker und Unternehmer Ludwig von Roll auf den Plan – und der Bergbau wurde industrialisiert. In zwei Hochöfen, unter anderem in der Klus bei Balsthal, wurde ab 1823 Roheisen produziert.

Ich dachte sofort, dass diese nicht natürlichen Ursprungs sein können.
Autor: Beat Meier Geologe

Das Erz für die Herstellung des Roheisens stammte aus der Umgebung, zum Beispiel eben von der Erzmatt. Pläne von unterirdischen Stollensystemen sind zwar nicht überliefert – wohl aber andere Quellen, erzählt Beat Meier: «Im Solothurner Staatsarchiv bin ich auf Schriftstücke aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts gestossen, die den Bergbau in dieser Zeit beschreiben.»

In den Erzgruben arbeiteten auch Kinder

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Gemäss historischen Quellen existierte auf der Erzmatt schon im 18. Jahrhundert ein Grubenbetrieb. 1823 übernahm die neu gegründete Gesellschaft der Ludwig von Roll'schen Eisenwerke die Erzausbeutung auf der Erzmatt, diese dauerte bis 1849 an.

In einem Schriftstück eines Urs Peter Strohmeier aus dem Jahre 1836 ist festgehalten: «Weil es beinahe überall leicht ist, Stollen zu treiben, so sind auch die Gruben meistens mit solchen eröffnet. In der Tiefe des Berges wird das Bohnerz von den Bergleuten mit Hacken heruntergeschlagen; Knaben von 14 bis 18 Jahren tragen das Erz in Körben aus den Nebenstollen in den Hauptstollen zusammen.»

Kinderarbeit war im 19. Jahrhundert auch in der Schweiz gang und gäbe.

Hinweise auf ein mögliches Stollensystem auf der Erzmatt hatte Meier auch auf den Lidardaten des Kantons Solothurn gefunden; Lidardaten geben dreidimensionale Informationen über die Erdoberfläche wieder. Bei der Erzmatt fallen ihm seltsame, trichterförmige Vertiefungen ins Auge. «Ich dachte sofort, dass diese nicht natürlichen Ursprungs sein können.»

Kartenausschnitt der Region Erzmatt (Solothurn) – Balsthal
Legende: Das Gebiet Erzmatt liegt oberhalb von Balsthal im Kanton Solothurn. swisstopo

Vor Ort entdeckt er sie mit blossem Auge: kreisrunde Mulden auf dem Waldboden, etwa fünf Meter im Durchmesser. «Eigentlich unspektakulär – doch auf der Lidarkarte weisen sie ein deutliches Muster auf», sagt Beat Meier. Er vermutet, dass es sich um eingesunkene Stollenlöcher handelt.

Den Boden erkunden, ohne einzudringen

Geologisch sieht die Situation im Erzmatter Untergrund so aus: «Zwischen zwei anderen Gesteinsschichten – Kalk und Boluston – liegt eine reichhaltige bis zwei Meter dicke Schicht mit Bohnerz.» Bohnerz heisst so, weil es aus erbsen- oder bohnenförmigen Knollen aus Eisenerz besteht.

Ob sich unter den trichterförmigen Vertiefungen tatsächlich historische Stollen befinden, ist aber noch nicht eindeutig bewiesen. Danach zu graben, wie es dem archäologischen Goldstandard entspräche, ist für das halbehrenamtliche Projekt zu teuer.

Also setzt Beat Meier auf die zweitbeste Methode, die «geophysikalische Prospektion». Mit Technik wird der Boden erkundet, ohne in den Boden einzudringen. Und dafür sind die Spezialisten aus Berlin mit ihren Messungen gefragt.

Geoelektrische Messungen

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Bei der Geoelektrik wird ein im Untergrund erzeugtes elektrisches Spannungsfeld ausgemessen. Aus diesem wird anschliessend ein Modell erstellt, das die Verteilung des elektrischen Widerstands berechnet.

Geoelektrische Messungen werden entlang von Messprofilen durchgeführt, die aus einzelnen im Boden platzierten Elektroden bestehen.

Strukturen im Untergrund werden durch Unterschiede in ihrem elektrischen Widerstand sichtbar: Erzhaltige Tonschichten haben einen geringen elektrischen Widerstand, Hohlräume und trockene Gesteine weisen einen hohen Widerstand auf. Das gibt eine Art «Röntgenblick» in die Tiefe.

«Das Ziel ist, vom Untergrund der Erzmatt ein 3D-Modell zu konstruieren», sagt Beat Meier. Dieses wird, so hofft er, die Existenz der Von Roll'schen Stollen belegen.

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