Was ist passiert: In Washington hat eine Tagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank begonnen. Das bietet die Gelegenheit, um über die Zölle zu sprechen, die US-Präsident Donald Trump erhoben und teils wieder aufgeschoben hat. Verhandlungsgeschick ist gefragt, weshalb die Schweiz mit Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter und mit Wirtschaftsminister Guy Parmelin gleich doppelt prominent vertreten ist.
Die Mission in Washington: Am Mittwoch traf Parmelin den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer. Es sei eine produktive Diskussion gewesen, sagte Parmelin. Er wolle bei seinen Treffen «die Situation der Schweiz darlegen und Lösungen diskutieren», hiess es im Vorfeld der USA-Reise. Ausserdem ist für Donnerstagabend ein Treffen von Finanzministerin Keller-Sutter mit ihrem US-Amtskollegen Scott Bessent geplant. Keller-Sutter und Parmelin wollen sich um 23 Uhr Schweizer Zeit an einer Medienkonferenz zu ihrer Reise äussern.
Schweiz könnte Gehör finden: In der Trump-Regierung gibt es radikale Zölle-Befürworter und gemässigte Vertreter. Finanzminister Bessent gehört zu letzteren. Deshalb könne Keller-Sutter durchaus auf offene Ohren stossen, sagt USA-Korrespondentin Viviane Manz. Die Frage sei dann, wer sich innerhalb der US-Regierung durchsetze. «Die Meinung des Präsidenten kann sich täglich ändern. Das haben die letzten Wochen gezeigt.»
Zeitpunkt günstig: Obwohl viele Länder bei der US-Regierung anklopften, konnte Trump noch keine Handels-Deals verkünden. Von den grossen Playern der Weltwirtschaft wie der EU oder China ist bislang niemand eingeknickt. Die US-Börse habe sich so schlecht entwickelt wie noch nie nach Amtsantritt eines Präsidenten, berichtet USA-Korrespondentin Manz. Grossverteiler warnten Trump wegen der Zölle vor leeren Regalen in den Läden. «Der Anreiz für Trump ist also da, mindestens mit einem kleineren Land wie der Schweiz einen Deal vorzuweisen», sagt Manz. Für einen fertigen Deal sei es aber zu früh.
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Bild 1 von 2. Kann sich Karin Keller-Sutter durchsetzen? «Die Zeit könnte für die Schweiz spielen, wenn die Zölle tatsächlich zu Lieferkettenproblemen und teureren Produkten in den USA führen sollten», sagt USA-Korrespondentin Viviane Manz. Bildquelle: KEYSTONE / Peter Klaunzer.
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Bild 2 von 2. Sind in die USA gereist: Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Bildquelle: SRF.
Was die Schweiz anzubieten hat: Der wichtigste Trumpf sind die Investitionen von Schweizer Firmen in den USA, wie Bundeshausredaktorin Mirjam Spreiter sagt. Bereits vorgeprescht sind hier die Pharmafirmen Novartis und Roche. Beide haben angekündigt, in den nächsten Jahren zweistellige Milliardenbeträge in den USA zu investieren. Der Direktor der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer, Rahul Sahgal, spricht von 100 Milliarden Franken, die Schweizer Firmen künftig in den USA investieren wollten. Ein weiterer Trumpf könnte Spreiter zufolge das duale Bildungssystem sein: «Die Schweiz könnte den USA helfen, eine Lehrlingsausbildung aufzubauen. Die USA haben sich mehrfach daran interessiert gezeigt.»
Die Erwartungen an den Bundesrat: Gemäss dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hätte die Schweiz als sechstgrösste Investorin in den USA starke Fakten und muss diese im Dialog mit den USA betonen. Auch bei bürgerlichen Parteien herrscht diese Meinung vor: «Wenn wir jetzt ein grösseres Investitionspaket ankündigen, dann künden wir US-amerikanische Arbeitsplätze an», sagte etwa Mitte-Nationalrat Pirmin Bischof jüngst zu SRF. Rahul Sahgal hofft, «dass wir uns viel stärker in Richtung 0-Prozent-Zölle bewegen als in Richtung 31 Prozent». SP-Ständerätin Franziska Roth dagegen warnt: «Diese Reise wird die Wirkung, die man sich erhofft, verfehlen.»