Das Hotel Weiss Kreuz in Thusis GR ist ein kleines Hotel, das es seit 175 Jahren gibt. Ein «Etappenhotel» nennt es der Hotel-Chef Thomas Rüegg. «Wir sind keine Premium-Destination. Wir sind ja umgeben von guten Destinationen. Man besucht uns auf dem Weg dorthin – auf der Durchfahrt.» Rüegg beschäftigt 24 Mitarbeitende, die Hälfte davon in Teilzeit, alle Frauen.
Mehrkosten für Kleinunternehmen
Genau sie wären besonders von der BVG-Reform betroffen, denn durch die Reform erhöhten sich ihre Beiträge an die 2. Säule, oder sie müssten neu überhaupt in die 2. Säule einzahlen. Später erhielten sie dafür eine höhere Pensionskassenrente. Da der Arbeitgeber die Beiträge mindestens zur Hälfte mitfinanziert, würden auch die Kosten für Unternehmen steigen.
Rüegg weiss noch nicht genau, wie viel ihn die Reform kosten würde, er rechnet aber mit ein paar Prozent mehr. Aktuell bezahlt er jährlich zwischen 60'000 und 70'000 Franken für die berufliche Vorsorge seiner Mitarbeitenden. «Wir können nicht unendlich zahlen, aber das, was im Moment auf dem Tapet liegt, ist bezahlbar», sagt Rüegg. Er befürwortet die Reform, denn die besseren Sozialleistungen machten die Hotelbranche mit den «nicht gerade attraktivsten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen» wenigstens in einem Bereich ein bisschen attraktiver.
Werden die Gipfeli teurer?
Ganz anders sieht das Bäckermeister Roland Räber. Er führt seit über 20 Jahren die Bäckerei Räber in Jona SG und hat 30 Mitarbeitende. Räber hat gerechnet: «Die Reform kostet mich zwischen 15'000 und 30'000 Franken pro Jahr, je nachdem, ob ich die Lohnausfälle der Mitarbeitenden auch mitfinanziere.» Das wären bis zu einem Viertel eines Jahresgewinns. Und wenn die Lohnkosten stiegen, zahle das immer der Kunde.
«Kein Unternehmer kann das einfach so finanzieren.» Für Räber ist daher klar, dass er bei den Backwaren zwischen 10 und 40 Rappen aufschlagen müsste. «Bei jedem Preisschritt verliert man Kunden. Und es darf nicht sein, dass Brot aus der Bäckerei immer mehr zum Luxusgut wird.» Er befürchtet, dass dadurch das Bäckereisterben noch verstärkt wird.
Roland Räber ist zwar nicht grundsätzlich gegen eine Besserstellung von Geringverdienenden und Teilzeitkräften, aber für ihn kommt die Reform zum falschen Zeitpunkt: «Wir hatten verschiedene Preiserhöhungen wegen der Energie- und Rohstoffpreise. Dann wartet auch noch die 13. AHV-Rente, bei der wir ebenfalls noch nicht wissen, wie sie finanziert werden soll.»
«Anständige Arbeitsbedingungen haben ein Preisschild»
Auch Thomas Rüegg wird die Übernachtungspreise wohl erhöhen müssen. Er hat ein gewisses Verständnis für die Situation der Bäckereien: «Die Preissensibilität bei Produkten wie Brot ist natürlich anders als bei einer Hotelübernachtung. Nichtsdestotrotz ist es auch eine gesellschaftliche Frage, ob wir anständige Arbeitsbedingungen schaffen wollen. Das hat am Ende des Tages ein Preisschild.»
Rüegg, der auch im Vorstand des Interessensverbands Hotelleriesuisse Graubünden ist, vertritt damit eine ähnliche Haltung wie der Arbeitgeberverband und andere Wirtschaftsverbände wie Economiesuisse oder der Gewerbeverband. Kleinunternehmer im «Rappengeschäft», wie es Bäcker Räber nennt, würden die Reform bekämpfen – neben Bäckern auch Gastronomen, Metzger und Coiffeure.