Darum geht es: Aktuell wird ein Grossteil der männlichen Küken aus der Legehennenzucht am ersten Tag ihres Lebens getötet und zum Beispiel zu Biogas verarbeitet. Denn für die Brütereien lohnen sie sich wirtschaftlich nicht, da sie keine Eier legen und nicht so viel Fleisch ansetzen. Das Schreddern lebender Küken ist in der Schweiz allerdings seit rund vier Jahren verboten. Weiterhin erlaubt ist die Tötung mit CO₂. Vor Kurzem gaben die Biobetriebe bekannt, dass sie diesem Kükentöten ein Ende setzen, nun folgen die konventionellen Betriebe.
Lösung in der konventionellen Produktion: Dank der sogenannten In-Ovo-Geschlechtsbestimmung werden bis voraussichtlich Ende 2025 alle Eier am elften oder zwölften Tag der Bebrütung auf das Geschlecht untersucht. Anschliessen werden laut Branchenverband Gallosuisse nur noch die weiblichen Eier fertig ausgebrütet. Aus Sicht der ganzen Wertschöpfungskette sei das der bestmögliche Weg für die konventionelle Produktion, so Daniel Würgler, Verbandspräsident.
Ethische Fragen: Wann beginnt ein Hühnerleben? Über diese Frage lässt sich wohl lange streiten. «Es ist ein Spannungsfeld zwischen Ethik, Ökologie und Ökonomie», sagt Würgler. Die neue Technologie sei nun ein «erster, sehr wichtiger Schritt». Zudem finde die Untersuchung der Eier und die Aussortierung der männlichen Embryonen laut Gallosuisse vor dem Einsetzen des Schmerzempfindens statt. «Die In-Ovo-Selektion verlagert das Problem nur, anstatt es zu lösen. Statt Küken werden Embryonen getötet», so die Sicht von Bio Suisse. Demnach sei das Töten von an sich lebensfähigen Embryonen aus rein wirtschaftlichen Gründen ethisch heikel. «Problematisch ist der Zweck der Tötung und nicht der Zeitpunkt», schreibt der Verband in einer Mitteilung von 2022. Deshalb sei etwa die Fleischgewinnung für die menschliche Ernährung anders zu bewerten.
Ansatz in der biologischen Landwirtschaft: In der Biolandwirtschaft erfolgt der Ausstieg aus dem Kükentöten schrittweise über die Aufzucht der Bruderhähne und die Haltung von Zweinutzungshennen. Aktuell würden schon über die Hälfte der Brüder aufgezogen. Bis Ende 2025 werden es gemäss Bio-Richtlinien 100 Prozent sein.
Wirtschaftliche Herausforderung: «Bruderhähne» können durch diese Umstellung mehrere Wochen oder Monate leben, werden aber nie so schwer wie Masthühner. Die Fleischstücke sind kleiner als jene vom handelsüblichen Poulet. Das Fleisch hat auch eine andere Struktur und ist nicht ganz so weiss wie das Pouletfleisch. Obwohl das Fleisch schmackhaft ist, ist es wohl für viele im Verzehr ein leichtes Umgewöhnen.
Folgen für die Konsumentinnen und Konsumenten: Die Kosten der in der konventionellen Produktion angestrebten Geschlechtsbestimmung im Ei betragen laut Gallosuisse rund drei Franken pro weibliches Küken, exklusive Mehrwertsteuer. Folglich werden verkaufsfähige Eier im Verkauf je nach Kategorie um bis zu 1.5 Rappen teurer. Bei der Preisgestaltung bleibe allerdings jedes Unternehmen «unabhängig und frei». Und auch beim Bio-Ei kommt es zu einer leichten Preiserhöhung. Dies, weil unter anderem die Fleischproduktion bei den Bruderhähnen aufwendiger ist, sagt Lukas Inderfurth, Kommunikationsleiter bei Bio Suisse.