Richard Saynor nimmt gegenüber SRF erstmals Stellung zur Forderung der SP, der Bund solle den Generikahersteller Sandoz kaufen, um den Medikamentenmangel zu beheben. Und der Sandoz-Chef erzählt von einem Treffen mit Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider von letzter Woche.
SRF News: Die SP hat an ihrem Parteitag vom Sonntag die Forderung aufgestellt, der Bund solle Sandoz übernehmen. Was halten Sie davon?
Richard Saynor: Sandoz ist ein globales Unternehmen. Wir versorgen 800 Millionen Patienten mit rund 1500 Medikamenten. Wir sind in über 100 Ländern tätig. Wir sind der grösste Generikahersteller der Welt. Das ist unser Fokus. Viel mehr kann ich nicht sagen.
Aber was würde sich ändern, wenn der Bund Sandoz aufkauft?
Alle sind willkommen, unsere Aktien zu kaufen. Ich freue mich für alle, die das machen. Das ist sicher eine gute Investition, finanziell gesehen wie für die Gesellschaft. Unser Fokus ist, mehr Produkte auf den Markt zu bringen und Patienten zu versorgen, ob in der Schweiz, Deutschland, Amerika oder sonst wo auf der Welt.
Und Sie persönlich, was denken Sie, wenn Sie diese Forderung hören?
Ich bin geschmeichelt, dass ein Unternehmen wie Sandoz diese Aufmerksamkeit erregt. Wir haben eine sehr gute Beziehung zur Schweizer Regierung. Ich habe letzte Woche Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider getroffen. Wir werden als wichtiger Teil der Lösung im Gesundheitswesen gesehen, wie auch von anderen Regierungen auf der ganzen Welt.
Wir stellen unsere Patienten immer an die erste Stelle.
Worüber haben Sie konkret mit der Bundesrätin gesprochen?
Wie wichtig Sandoz für die Gesundheitsversorgung ist. Generika und Biosimilars sind in der Schweiz immer noch wenig verbreitet im Vergleich zu vielen europäischen Ländern. Wir schätzen, dass in der Schweiz jährlich ein paar Hundert Millionen Franken eingespart werden könnten mit mehr Generika und Biosimilars. Darum haben wir Wege diskutiert, wie wir das erreichen können.
Die SP befürchtet, dass Sandoz wichtige Medikamente, die zu wenig rentieren, vom Markt nimmt. Was entgegnen Sie?
Wir stellen unsere Patienten immer an die erste Stelle. Aber gleichzeitig muss ich ein Geschäft führen. Warum sollte ich ein Produkt verkaufen, das Verluste macht? Es gibt also immer eine gewisse Spannung. Wir überprüfen unser Portfolio ständig. In erster Linie verpflichten wir uns aber, ein Produkt weiter zu liefern, wenn wir der einzige Lieferant sind. Antibiotika sind ein klassisches Beispiel. Wir sind noch einer der wenigen Antibiotika-Hersteller der westlichen Welt. Das sind kritische Medikamente, die aber in vielen Ländern billiger verkauft werden als ein Cappuccino. Trotzdem investieren wir weiterhin in Antibiotika, damit diese für künftige Generationen verfügbar sind.
Wir brauchen eine Marge, um unsere Investitionen zu finanzieren, mit denen wir wachsen wollen.
Trotzdem wird kritisiert, dass Sie nur den Gewinn maximieren wollen. Sie haben bei der Abspaltung von Novartis etwa angekündigt, die Gewinnmarge von rund 18 auf 26 Prozent erhöhen zu wollen.
Das sehe ich ganz anders. Wir brauchen eine Marge, um unsere Investitionen zu finanzieren, mit denen wir wachsen wollen. Wir wollen in neue Fabriken, in unsere Mitarbeitenden, in eine nachhaltige Zukunft investieren. Die Gewinnmarge ist einfach eine Möglichkeit, das Niveau der künftigen Investitionen anzugeben.
In der Pharmabranche gibt es einen Hype um Abnehmspritzen. Sie entwickeln bereits Generika, wie Sie in einem Interview sagten. Was ist Ihr Plan?
Da geht es um die Medikamentenklasse GLP-1. 2026 läuft in Kanada das erste Patent ab für die Indikation Diabetes, der Gewichtsverlust kommt später. Wir wollen am Tag des Patentablaufs ein Produkt auf den Markt bringen. Europa wird Anfang der 2030er-Jahre folgen, die USA bis 2035. Das ist also eine lange Geschichte und eine faszinierende Medikamentenklasse. Sie hat auch für uns ein grosses Potenzial, da die Nachfrage deutlich grösser ist als das Angebot der Originalhersteller.
Die Forschung in diesem Bereich ist so gross, dass Generika womöglich bereits veraltet sein könnten, wenn sie auf den Markt kommen.
Es besteht immer ein Risiko. Aber neue Medikamente, die sich derzeit in der Phase II der Entwicklung befinden, sind wahrscheinlich noch sieben bis acht Jahre vom Markteintritt entfernt. Und die heutigen Medikamente sind schon sehr effektiv. Selbst wenn die dritte oder vierte Generation auf den Markt kommt, wird es noch eine enorme weltweite Nachfrage nach den heutigen geben.
Das Gespräch führte Tobias Bossard.