«Gleich nebenan sind sie eingestiegen», simste die Nachbarin, die immer alles ein bisschen besser und früher weiss. «Bitte sicherstellen, dass die Haustüre Tag und Nacht geschlossen ist!»
Endlich ein Lebenszeichen, dachte ich und machte ein kleines Kreuz an die Stuckdecke der Stube, in der ich lebe, lohnarbeite und viel zu selten Loblieder anstimme. Wie wunderbar: Es gibt ihn noch, den guten, alten Einbrecher.
Leben im Loch
Nicht, dass er mir nicht gestohlen bleiben kann. Einbrüche habe ich seit Corona auch ohne fremde Hilfe. Hände hoch, wer seit Beginn dieser Krise nie in ein Loch gefallen ist!
Ernst beiseite: Womit verdienen Einbrecher eigentlich ihre Brötchen, seit die meisten Menschen pandemiehalber pausenlos in ihren vier Wänden vor dem Computer sitzen und sie idealerweise nur verlassen, um die Post aus dem Briefkasten zu holen, die sonst so gar nicht mehr abgeht?
Frecher Verdacht: Seit unser Alltag im Zeichen von Corona steht, kann ein ganzer Berufszweig nicht mehr ungestört seiner Arbeit nachgehen. Oder nur unter unzumutbaren Bedingungen. Hand aufs Homeoffice-Herz: Wer mag es schon, wenn ihm jemand beim Arbeiten über die Schultern schaut? Es ist nicht jeder ein Schauspieler.
Müsste den Einbrechern nicht auch eine Lohnausfallentschädigung zustehen, wie anderen besonders Pandemie-Geplagten – den Kellnern und Krämern, Klavierspielerinnen und Kunstschaffenden? Sage jetzt bloss niemand, der perfekte Einbruch sei keine Kunst.
Corona als Chance
Ich schätze, viele Einbrecher bilden sich weiter. Es gibt sicher schlaue Schlawiner, die in entlegeneren Ecken des Internets kostenpflichtige Online-Seminare abhalten mit Titeln wie «Einsteigen für Einsteiger». Oder wahlweise «Wieder-Einsteigen – Lektionen für Langfinger.»
Auch ein Ausweg, wo die Tage der offenen Haustüren länger zurückliegen: Cyber-Crime. Erst kürzlich habe ich eine Mail erhalten und kenne jetzt eines meiner Passwörter, das nie meines war. Die Aufforderung, dafür eine stolze Summe auf ein Konto zu überweisen, habe ich ignoriert. Die sollen ruhig bei mir vorbeikommen und ihre Kohle in Cash abholen. Man freut sich in diesen Zeiten doch über Gäste – und seien es ungebetene.
Einbruch der Dunkelheit, notiert der Redaktor, der sich dem Einbrecher möglicherweise auch verbunden fühlt, weil er ihm nicht ganz unverwandt ist. Beide suchen sie den idealen Einstieg, klau(b)en unter Zeitdruck (hoffentlich) wertvolle Dinge zusammen und verschwinden in der Dunkelheit.
Ich lösch' dann mal das Licht.