Christian Drosten, Matze Hielscher, Lena Schiestel: Ich habe ihnen zugehört. Oft in den letzten Monaten. Beim Joggen, auf der Couch, in der Badewanne. Ihre Podcasts haben mich durch den ersten Lockdown getragen. Doch: Es ist aus. Ich kann nicht mehr.
Horizont erweitern, Harari werden
Es liegt an der Anspruchshaltung, die ich im Frühjahr entwickelt habe. Die habe ich besonders, wenn ich mir die kleinen Stöpsel ins Ohr stecke: Das Gehörte soll meinen Horizont erweitern, mich bitteschön zur weiblichen Version von Yuval Harari (also zur brillianten Historikerin und Zukunftsforscherin) machen.
Endlich Zeit für ein Selbststudium der Psychologie! Musse für all das, was ich die ganzen Jahre vor mir hergeschoben habe! Das Problem: Mit all diesen Stimmen im Kopf komme ich nicht mehr zur Ruhe.
Zurück zu Wachsmalstiften und Rosinen
Doch es gibt jemanden, der mich runterbringt: Bibi Blocksberg. Kaum erklingt das Intro des Kinderhörspiels, sehe ich mich auf dem mit Wachsmalstiften verkritzelten Parkettboden meines Kinderzimmers liegen und schokolierte Rosinen mampfen, während Bibi auf ihrem Besen Kartoffelbrei in die Lüfte steigt.
Banal? Extrem. Anspruchslos? Oh yes. Genau deswegen ist die kleine Hexe jetzt meine treue Begleiterin.
Walpurgisnacht statt Corona-Demo
Kein Hygienemantra, sondern Zaubersprüche. Walpurgisnacht statt Corona-Demo. Nicht die mahnenden Stimmen von Immunologen, sondern das Plappern der rasenden Reporterin Karla Kolumna – deren Stimme noch schriller ist, als ich sie in Erinnerung hatte.
Ich bin ganz zen. 25 Jahre zurückversetzt, stehe ich im Teich meiner Nachbarn und suche Zutaten für den Wahrheits-Zaubertrank, ziehe mit Besen bewaffnet durch die Strasse oder übe von der Sofakante aus fliegen.
In Zeiten, in denen die Magie womöglich unser aller Leben um einiges einfacher machen würde, hat mich Bibi Blocksberg nochmals verzaubert.