Trotz des Scheiterns des Referendums: Der Friedensnobelpreis 2016 geht an Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos. Der 65-Jährige erhält die Auszeichnung für seine entschlossenen Anstrengungen, den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg in dem Land zu beenden, wie das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekanntgab. Die Anerkennung gelte auch dem kolumbianischen Volk, das die Hoffnung auf Frieden nicht aufgegeben habe, sowie den zahlreichen Opfern des Krieges.
Santos hatte einen Friedensvertrag mit den Farc-Rebellen ausgehandelt, der den Krieg mit der marxistischen Gruppe beenden sollte. Bei einem Referendum sprachen sich die Kolumbianer am Sonntag aber überraschend dagegen aus. Das heisse nicht zwangsläufig, dass der Friedensprozess damit am Ende sei, teilte das Nobelpreiskomitee mit.
Der längste bewaffnete Konflikt Lateinamerikas forderte mindestens 220'000 Menschenleben. Millionen wurden vertrieben und die wirtschaftliche Entwicklung des öl- und kohlereichen Landes gebremst.
Juan Manuel Santos «überwältigt»
Nach Angaben der norwegischen Jury zeigte sich Santos «überwältigt» von der Vergabe des Friedensnobelpreises an ihn. «Er war sehr dankbar und sagte sofort, dass das unschätzbar wichtig für den weiteren Friedensprozess in Kolumbien sei», sagte der Sekretär des Nobelkomitees. Er hatte dem Kolumbianer die frohe Botschaft telefonisch mitgeteilt.
Die linke Guerillaorganisation Farc hat dagegen verhalten auf die Vergabe des Friedensnobelpreises reagiert. Zwar gratulierte Rebellenführer Rodrigo «Timochenko» Londoño dem Preisträger. Gleichzeitig hielt er aber fest: «Den einzigen Preis, den wir anstreben, ist der Frieden mit sozialer Gerechtigkeit ohne Paramilitarismus, ohne Vergeltung und Lügen».
Tweet von Timochenko
Rekordzahl von Anwärtern
Die Osloer Jury hatte sich in diesem Jahr unter einer Rekordzahl von Anwärtern entscheiden müssen. 376 Kandidaten – 228 Personen und 148 Organisationen – waren für den Preis vorgeschlagen. Nur wenige Nominierungen waren im Vornherein bekannt.
Im vergangenen Jahr hatte das fünf Mitglieder starke Nobelkomitee das tunesische Quartett für den nationalen Dialog ausgezeichnet. Der Zusammenschluss aus Gewerkschaftsverband, Arbeitgeberverband, Menschenrechtsliga und Anwaltskammer war für den gemeinsamen Einsatz für Demokratie in Tunesien geehrt worden.
Wie die anderen Nobelpreise wird der mit acht Millionen schwedischen Kronen (etwa 850'000 Euro) dotierte Friedensnobelpreis am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters und Dynamit-Erfinders Alfred Nobel, verliehen. Überreicht wird die Auszeichnung aber im Gegensatz zu den Nobelpreisen für Literatur, Medizin, Physik und Chemie nicht in Stockholm, sondern in Oslo.
Einschätzungen der SRF-Korrespondenten Bruno Kaufmann und Ulrich Achermann
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Bild 1 von 20. Am Anfang war ein Schweizer: Henry Dunant erhielt 1901 den ersten Friedensnobelpreis überhaupt. Die Richter ehrten ihn für die Gründung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). Die Organisation erhielt den Preis in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach. So 1917, 1944 und 1963. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 20. Der erste Schritt hin zur UNO: Der damalige US-Präsident Woodrow Wilson erhielt den Preis 1919. Er galt als treibende Kraft bei der Einrichtung des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg, der Vorläuferorganisation zur UNO. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 20. Kampf für die Rechte der Schwarzen: 1964 verlieh das Nobelpreis-Komitee den Preis an den US-amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King. Nur vier Jahre später wurde er in Memphis, im US-Bundesstaat Tennessee, bei einem Attentat erschossen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 20. Ein Kniefall geht um die Welt: Der damalige Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Willy Brandt, bekam den Friedensnobelpreis 1971. Sein Einsatz für die Versöhnung mit ehemals vom Dritten Reich besetzten Ländern – wie Polen – gilt als beispielhaft. Im Bild kniet er vor dem Denkmal für die Opfer des Warschauer Gettos im Jahr 1970. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 20. 1973 erhielt Henry Kissinger, damaliger Nationaler Sicherheitsberater der US-Regierung, zusammen mit dem nordvietnamesischen Politiker Le Duc Tho den Preis für die Arbeit am Friedensabkommen zum Vietnamkrieg. Tho nimmt den Preis nicht an, weil der Krieg dennoch nicht zu Ende ist. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 20. Ein Leben für die Armen: Mutter Teresa wurde 1979 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie gründete den «Orden der Schwestern der Nächstenliebe» und kümmerte sich um die Ärmsten in Indien. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 20. Erste Schritte in die Demokratie: Lech Walesa, Gründer der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc, erhielt den Preis 1983. Die Menschenrechtsbewegung und er selbst hatten bedeutenden Anteil am Übergang vom Kommunismus zur Demokratie. Walesa wurde 1990 polnischer Staatspräsident. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 20. Der südafrikanische Bischof Desmond Tutu erhielt den Friedensnobelpreis 1984 für seinen Kampf gegen die Apartheid in seinem Heimatland. Bereits 1960 ging der Preis an einen Anti-Apartheidskämpfer: Den damaligen Präsidenten des African National Congress (ANC) Albert John Luthuli. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 20. Erst in den Neunziger Jahren ist der Kampf vorbei: 1993 erhielten Nelson Mandela (im Bild), späterer Präsident Südafrikas, und der damalige Präsident Frederik Willem De Klerk den Friedensnobelpreis. Zumindest der Kampf um rechtliche Gleichstellung der Schwarzen war nun gewonnen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 20. Unermüdlicher Einsatz für Tibet: Der 14. Dalai Lama wurde 1989 für seinen Kampf für ein entmilitarisiertes Tibet und die Selbstbestimmung der dortigen Bevölkerung geehrt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 20. Friedliches Ende eines Weltreiches: 1990 wurde der russische Präsident Michail Gorbatschow mit dem Friedensnobelpreis geehrt, weil er die Selbstbestimmung der Länder des Warschauer Pakts vorantrieb. Damit ermöglichte er auch den Prozess hin zur Deutschen Einigung. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 20. Kampf für Menschenrechte in Myanmar: Die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi erhielt den Preis 1991. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 20. Nie davor und nie danach schien der Frieden näher: Palästinenserführer Jassir Arafat (l.), der damalige israelische Aussenminister Simon Peres (M.) und der damalige israelische Premierminister Jitzchak Rabin (r.) ehrte das Nobelpreiskomitee 1994. Sie erhielten den Preis für ihre Bemühungen um den Friedensprozess im Nahen Osten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 14 von 20. 2001 erhielten der damalige Generalsekretär Kofi Annan und die Vereinten Nationen (UNO) den Friedensnobelpreis. Bildquelle: Keystone.
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Bild 15 von 20. Sichere Nutzung von Atomenergie für friedliche Zwecke: Mohammed el-Baradei, Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation erhielt den Preis (zusammen mit der Organisation) im Jahr 2005. Bildquelle: Keystone.
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Bild 16 von 20. Mit Film und Vorträgen gegen den Klimawandel: Ex-US-Vizepräsident Al Gore und der Weltklimarat (IPCC) bekamen den Friedensnobelpreis im Jahr 2007. Bildquelle: Keystone.
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Bild 17 von 20. Nobelpreis mitten in der Krise: 2012 erhielt die Europäische Union den Preis für ihren Beitrag zu Frieden, Entwicklung und Demokratie in Europa. Den Preis nahmen Herman van Rompuy (l., damals Präsident des EU-Rates), Jose Manuel Barroso (M., damals EU-Kommissionspräsident) und Martin Schulz (r., damals Präsident des Europaparlamentes) entgegen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 18 von 20. Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit der Völker: US-Präsident Barack Obama wurde 2009 geehrt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 19 von 20. Kampf gegen chemische Waffen: Im vergangegen Jahr nahm die Organisation für ein Verbot chemischer Waffen (OPCW) den Friedensnobelpreis entgegen. Im Bild: deren Generaldirektor Ahmet Üzümcü. Bildquelle: Keystone.
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Bild 20 von 20. Das Komitee entschied den Preis 2016 an den kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos verleihen für «seine entschlossenen Anstrengungen, den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg gegen die Farc-Rebellen zu beenden – ein Krieg, der mindestens 220'000 Kolumbianer das Leben gekostet und nahezu sechs Millionen Menschen vertrieben hat.». Bildquelle: Keystone.