Das ist passiert: Die Ukraine hat nach Angaben von Präsident Wolodimir Selenski zwei in der russischen Armee kämpfende chinesische Staatsbürger gefangen genommen. «Die Dokumente der Gefangenen, Bankkarten und persönliche Daten liegen vor», schrieb der Staatschef auf X und veröffentlichte ein Video eines der Gefangenen. Die Gefangennahme soll im ostukrainischen Gebiet Donezk erfolgt sein. «Wir haben Informationen darüber, dass es weitaus mehr Bürger Chinas in den Einheiten der Besatzer gibt», betonte Selenski. Die chinesischen Kriegsgefangenen befinden sich demnach beim ukrainischen Geheimdienst SBU.
Reaktion aus Peking: China hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Es gebe keine Grundlage für die Behauptung, dass weitere chinesische Staatsbürger in russischen Militäreinheiten dienten, sagte Aussenamtssprecher Lin Jian in Peking. Die chinesische Regierung habe ihre Bürger stets aufgefordert, sich von Gebieten mit bewaffneten Konflikten fernzuhalten und sich nicht an militärischen Aktionen der einen oder anderen Seite zu beteiligen, sagte er.
Einschätzung von China-Korrespondent: In China sei bereits bekannt, dass mehrere Chinesen für Russland in den Krieg gezogen seien, wie Samuel Emch, China-Korrespondent bei SRF, sagt. Entsprechende Storys hätten auf Douyin, dem chinesischen Tiktok, bereits vor Monaten die Runde gemacht. «Die Anzahl dieser Söldner dürfte aber überschaubar sein, obwohl wir keinen genauen Überblick haben.» Solche Kämpfer seien aber ein Problem für die chinesische Führung: «Peking möchte sich als neutrale Partei in diesem Krieg präsentieren.» Dieser Vorfall sei nun ein gewisser Gesichtsverlust für die chinesische Regierung. «Tatsächlich ist es aber fraglich, ob selbst Peking eine Übersicht hat, wie viele Chinesen für Russland kämpfen.»
Einschätzung von Russland-Korrespondent: Dass chinesische Staatsangehörige an der Front in ukrainische Kriegsgefangenschaft geraten sind, sei an sich nicht überraschend, sagt Calum Mackenzie, SRF-Korrespondent für Russland. «Denn für Russland kämpfen Menschen aus zahlreichen Ländern, die entweder aus ideologischer Überzeugung Russland nahestehen, von den hohen Soldatenlöhnen angelockt oder als Arbeitsmigranten in Russland durch Nötigung oder Betrug dazu gebracht wurden, einen Armeevertrag zu unterzeichnen.» Seiner Meinung nach sollte man die Signifikanz des Vorfalls nicht überbewerten – sofern keine Hinweise darauf bekannt würden, dass die gefangen genommenen Chinesen Teil eines grösseren Kontingents waren.
Nicht zu vergleichen mit Nordkorea: Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen eine russische Invasion. Auf russischer Seite wurden bereits Einheiten der nordkoreanischen Armee eingesetzt. Sie kämpften nach offiziellen Darstellungen aber vor allem in der russischen Region Kursk gegen ukrainische Streitkräfte, die sich dort festgesetzt hatten. China ist enger Partner Russlands, direkte Unterstützung im Krieg gegen die Ukraine leistet die Regierung in Peking nach offizieller Darstellung aber nicht. Dagegen ist bekannt, dass die russischen Streitkräfte im Iran hergestellte Drohnen einsetzen, um Ziele in der Ukraine anzugreifen. Für Kiew kämpfen nach eigenen Angaben Tausende ausländische Staatsangehörige freiwillig.