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Vergessene Katastrophe Sudan: Hunderttausende suchen Schutz vor brutalem Machtkampf

Der Bürgerkrieg im Sudan hat Zehntausende Menschen das Leben gekostet, Millionen wurden vertrieben. Allein in den benachbarten Südsudan sind eine Million Menschen geflohen.

Seit bald zwei Jahren reisst der Flüchtlingsstrom nicht ab. Wir besuchen ein Flüchtlingscamp in der Stadt Renk im Norden des Südsudan. Hier kommen die meisten Menschen an, die vor dem Krieg im Sudan flüchten. Tausend pro Tag waren es im Schnitt im vergangenen Jahr. Zwei Transit Camps gibt es hier – sogenannte Durchgangslager. Konzipiert für einige Tausend Geflüchtete, platzt es aus allen Nähten.

Viele wollen sich hier eine Verschnaufpause gönnen, abwarten, bis sich der Krieg beruhigt oder sich ein Ende der Kämpfe abzeichnet, um dann wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Nicht so diese Frau, die sich bereit erklärt, mit uns über ihre Fluchterfahrung zu sprechen: «Die Bombardierungen waren schrecklich. Ich gehe nicht zurück. Ich warte darauf, dass meine Familie hierherkommt.»

Frau mit Kind auf dem Schoss bei Interview im Freien.
Legende: Diese Frau hat auf der Flucht Zwillinge auf die Welt gebracht. Philipp Stalder

Sie habe viel gelitten auf der Flucht, sogar Zwillinge auf die Welt gebracht, sagt sie. Acht Monate lang war sie ohne Kontakt zu ihrem Mann. Das südsudanesische Rote Kreuz half ihr, ihn zu kontaktieren. So konnte sie ihm mitteilen, dass sie und die acht Kinder in Sicherheit sind.

Einziges verbleibendes Spital verarztet Kämpfer

Vom Flüchtlingslager machen wir uns auf den Weg zum einzigen Spital in der Region. Zu den üblichen Patienten kommen jetzt Kriegsversehrte aus dem Sudan dazu. Es werden immer mehr. Das erzählt Krankenpfleger Gilbert Ngendahayp: «Wir hatten jüngst viele Patienten gleichzeitig. Die Arbeitsbelastung war sehr hoch. Wir mussten jeden Tag von morgens bis abends arbeiten. In dieser Zeit war das Team stark belastet.»

Ärzte und Pflegepersonal in einem Behandlungszelt.
Legende: Hier wird gerade eine Person am Kopf operiert. SRF/Simon Roth

In den Betten liegen junge Männer. Es gilt als offenes Geheimnis, dass es sich um Kämpfer der paramilitärischen Rapid Support Forces handelt, die im Sudan Krieg gegen die Armee führen. Auch sie haben ein Recht darauf, gepflegt zu werden. So schreibt es das Kriegsrecht vor.

Südsudan beherbergt eine der grössten UNO-Blauhelmmissionen

In der Hauptstadt Juba treffen wir den Oberbefehlshaber einer der grössten UNO-Friedensmissionen. Mohan Subramanian sagt, der Krieg im Sudan habe grosse Auswirkungen auf das Nachbarland Südsudan: «Es gibt einen Zustrom von bewaffneten Soldaten, die vor dem Krieg fliehen. Das ist ein weiterer Faktor, mit dem der Südsudan zusätzlich zu den eigenen Sicherheitsproblemen umgehen muss.»

Mann in UN-Uniform mit Hut gibt Interview.
Legende: Mohan Subramanian ist Chef von rund 14'000 Blauhelmsoldaten. SRF/Diego Wettstein

Knapp 14'000 Blauhelmsoldaten sind im ganzen Land verteilt. Die Mission: Den Rückschritt zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen verhindern. Auch mit Schweizer Beteiligung. Dabei zähle nicht nur der Einsatz von Waffen: «In diesem Land sind von den 13 Millionen Einwohnern über 9 Millionen auf Hilfe angewiesen, um zu überleben. Eine unserer grössten Prioritäten ist es, günstige Bedingungen für die humanitäre Hilfe zu schaffen.»

Cholera breitet sich aus

Über eine Million Menschen sind mittlerweile aus dem Sudan in den Südsudan geflüchtet. Ein Land, das selbst rund zwei Millionen Menschen beherbergt, die als intern Vertriebene gelten. Es fehlt an Nahrung, Medizin und Trinkwasser. Cholera breitet sich aufgrund der katastrophalen hygienischen Zustände im Sudan aus.

Kinder stehen vor Häusern in einer ländlichen Gegend.
Legende: Kinder sind besonders von Cholera bedroht. SRF/Diego Wettstein

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes versucht, das Problem einzudämmen. Betroffen seien vor allem Kinder, weil ihr Immunsystem noch nicht ganz entwickelt ist und sie oft im Wasser spielen, wo sich die gefährlichen Bakterien tummeln. Doch auch Erwachsene seien betroffen, so die IKRK-Gesundheitsbeauftragte Carol Kaburut.

10 vor 10, 04.02.2025, 21:50 Uhr;stal

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