Für die Bundesratswahl in einer Woche gibt es zwei Favoriten: Eva Herzog bei der SP und Albert Rösti bei der SVP. Doch viel hängt auch von den Hearings bei den anderen Fraktionen ab. Es ist ein politischer Stresstest im Bundeshaus: Jeder hat 30 Minuten Zeit, um sich vorzustellen und Fragen zu beantworten.
Röstis Herausforderer Hans-Ueli Vogt tritt bei der FDP zum Hearing an und kommt zufrieden aus dem Saal: «Es war ein hartes Hearing mit gewichtigen Fragen, aber fair. Eine freundliche Haltung mir gegenüber.» Tatsächlich: Die Freisinnigen sind Vogt und Rösti freundlich gesinnt. Die FDP habe Stimmfreigabe beschlossen für die SVP-Bundesratswahl, sagt Fraktionschef Damien Cottier. «Wir denken, dass beide Kandidaten wählbar sind.»
Nächste Hearing-Etappe bei den Grünliberalen: Vogt überzieht seine halbe Stunde, Rösti hält sich kürzer. Der frühere Nuklearlobbyist dürfte bei den Grünliberalen gefragt worden sein, wie ernst es ihm mit neuen AKW sei. Dann ist da noch die Sache mit seinen Mandaten. Hat Rösti offengelegt, wie viel er damit verdient? «Es ist Sache der Fraktion, mitzuteilen, was ich gesagt oder nicht gesagt habe», meint er ausweichend.
Albert Rösti und Hans-Ueli Vogt wollen für die SVP in den Bundesrat
-
Bild 1 von 2. Albert Rösti. Der Berner Nationalrat und frühere Präsident der SVP Schweiz will Bundesrat werden und hat seine Kandidatur vor den Medien bekannt gegeben. Der 55-Jährige ist promovierter Agronom und seit 2011 Nationalrat. Bildquelle: Keystone / ENNIO LEANZA.
-
Bild 2 von 2. Hans-Ueli Vogt. Hans-Ueli Vogt hat die SVP von 2015 bis 2021 bereits im Nationalrat vertreten, bevor er zurückgetreten ist. Nun will er Nachfolger von Ueli Maurer werden. Der 52-Jährige ist Professor für Privat- und Wirtschaftsrecht. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
Die Fraktionschefin der Grünliberalen spricht von zwei souveränen Auftritten. Vogt und Rösti hätten jedoch beim Klima, der Energiepolitik und bei Europa Differenzen zu ihrer Partei, sagt Tiana Angelina Moser. «Deshalb kommen die institutionellen Faktoren ins Zentrum. Die Frage ist: Trauen wir den Personen diesen Rollenwechsel in einer Kollegialregierung zu?» Wen sie favorisieren, sagen die Grünliberalen nicht.
Herzog überzeugt SVP wohl mehr
Etwas markanter sind die Entwicklungen bei den Kandidatinnen für den SP-Bundesratssitz. Bei der FDP wollten verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier die jurassische Kandidatin Elisabeth Baume-Schneider nicht anhören, weil die lateinische Schweiz keinen Anspruch auf einen weiteren Bundesratssitz habe.
Heute gibt Fraktionschef Damien Cottier bekannt, die FDP akzeptiere das Ticket Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider. «Wir werden beide Kandidatinnen empfangen. Wir haben aber gehört, dass die SP-Fraktion sagt, die Übervertretung der lateinischen Schweiz sei nur für eine vorübergehende Periode. Wir denken, dass diese Periode kurz bleiben soll.» Ob die FDP Baume-Schneider wählen wird, entscheidet sie nach ihren Hearings in einer Woche.
Antreten mussten Baume-Schneider und Herzog bereits bei der SVP. Die Fraktionsspitze der SVP hält sich offiziell bedeckt. Vereinzelte Gespräche zeigen aber ein klares Bild: Herzog habe mehr überzeugt, sie sei ihnen näher, sagen SVP-Parlamentarier.
Das sind die beiden SP-Bundesratskandidatinnen
-
Bild 1 von 10. Jetzt ist es offiziell: Hier erscheinen die beiden SP-Bundesratskandidatinnen Eva Herzog (links) und Elisabeth Baume-Schneider nach ihrer Nomination zum Pressetermin in Bern. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Schneider.
-
Bild 2 von 10. Baume-Schneider und Herzog – hier mit SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann – verfügen beide über eine solide politische Erfahrung. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Schneider.
-
Bild 3 von 10. Die Erfolgsspur führte Eva Herzog Ende 2019 in den Ständerat. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Georgios Kefalas.
-
Bild 4 von 10. 2004 hatte sie den Sprung in den Basler Regierungsrat geschafft. Dort übernahm sie das gewichtige Finanzdepartement. 2008, 2012 und 2016 belegte sie mit jeweils wachsendem Vorsprung immer den Spitzenplatz bei den Regierungsratswahlen. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Georgios Kefalas.
-
Bild 5 von 10. 2001 war sie in den Basler Grossen Rat gewählt worden, 2004 präsidierte sie die dortige SP-Fraktion. Das Bild zeigt Herzog 2004 mit Guy Morin von den Grünen bei ihrer Wahl in den Basler Regierungsrat. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Markus Stuecklin.
-
Bild 6 von 10. Ein Dämpfer in der steilen Karriere ergab sich vor zwölf Jahren. Herzog (links im Bild) landete im Rennen um die Nachfolge von SP-Bundesrat Moritz Leuenberger abgeschlagen auf den letzten Plätzen. Gewählt wurde Simonetta Sommaruga (rechts), um deren Nachfolge sie sich nun bewirbt. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Walter Bieri.
-
Bild 7 von 10. Auch SP-Vizepräsidentin Elisabeth Baume-Schneider – hier beim Pressetermin nach ihrer Nomination – hat eine solide Politkarriere vorzuweisen. Bildquelle: KEYSTONE/Peter Schneider.
-
Bild 8 von 10. Die Jurassierin ist zweisprachig und sieht sich als Brückenbauerin zwischen den Landessprachen. Im Ständerat ist sie ebenfalls seit 2019 und präsidiert dort die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Anthony Anex.
-
Bild 9 von 10. Während dreier Amtszeiten hatte Baume-Schneider bis 2015 als jurassische Regierungsrätin das Departement für Bildung, Kultur und Sport geleitet. Hier lauscht sie 2004 einer Debatte in Delsberg. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/Monika Flueckiger.
-
Bild 10 von 10. Das Bild vom 10. November 2002 zeigt die neu gewählte Regierungsrätin mit ihren Kollegen. Davor sass Baume-Schneider von 1995 bis 2002 im jurassischen Kantonsparlament. Bildquelle: Archiv/KEYSTONE/BIST/Stringer.
Drei Stockwerke unterhalb der SVP haben im Bundeshaus die SP-Kandidatinnen ein linkes Heimspiel bei den Grünen. Elisabeth Baume-Schneider fühlt sich wohler bei den Grünen: «Es war spannend auf beiden Seiten, aber ich verstehe manche Probleme hier besser.» Weniger gesprächig ist Konkurrentin Eva Herzog. Nur im Weggehen verliert sie ein paar Worte: «Es war sehr interessant, ein gutes Hearing.»
Welche Kandidatin hat bei den Grünen besser abgeschnitten? Fraktionschefin Aline Trede macht es wie die anderen Parteien: Auch ihre Fraktion legt sich nicht fest. «Wir haben Stimmfreigabe beschlossen. Beide sind gute Kandidatinnen und wählbar für uns.»
Keine Kandidatin und kein Kandidat scheint beim politischen Speeddating im Bundeshaus abgestürzt zu sein. Und keine Fraktion will Farbe bekennen.