Für die Bundesratswahl in einer Woche gibt es zwei Favoriten: Eva Herzog bei der SP und Albert Rösti bei der SVP. Doch viel hängt auch von den Hearings bei den anderen Fraktionen ab. Es ist ein politischer Stresstest im Bundeshaus: Jeder hat 30 Minuten Zeit, um sich vorzustellen und Fragen zu beantworten.
Röstis Herausforderer Hans-Ueli Vogt tritt bei der FDP zum Hearing an und kommt zufrieden aus dem Saal: «Es war ein hartes Hearing mit gewichtigen Fragen, aber fair. Eine freundliche Haltung mir gegenüber.» Tatsächlich: Die Freisinnigen sind Vogt und Rösti freundlich gesinnt. Die FDP habe Stimmfreigabe beschlossen für die SVP-Bundesratswahl, sagt Fraktionschef Damien Cottier. «Wir denken, dass beide Kandidaten wählbar sind.»
Nächste Hearing-Etappe bei den Grünliberalen: Vogt überzieht seine halbe Stunde, Rösti hält sich kürzer. Der frühere Nuklearlobbyist dürfte bei den Grünliberalen gefragt worden sein, wie ernst es ihm mit neuen AKW sei. Dann ist da noch die Sache mit seinen Mandaten. Hat Rösti offengelegt, wie viel er damit verdient? «Es ist Sache der Fraktion, mitzuteilen, was ich gesagt oder nicht gesagt habe», meint er ausweichend.
Die Fraktionschefin der Grünliberalen spricht von zwei souveränen Auftritten. Vogt und Rösti hätten jedoch beim Klima, der Energiepolitik und bei Europa Differenzen zu ihrer Partei, sagt Tiana Angelina Moser. «Deshalb kommen die institutionellen Faktoren ins Zentrum. Die Frage ist: Trauen wir den Personen diesen Rollenwechsel in einer Kollegialregierung zu?» Wen sie favorisieren, sagen die Grünliberalen nicht.
Herzog überzeugt SVP wohl mehr
Etwas markanter sind die Entwicklungen bei den Kandidatinnen für den SP-Bundesratssitz. Bei der FDP wollten verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier die jurassische Kandidatin Elisabeth Baume-Schneider nicht anhören, weil die lateinische Schweiz keinen Anspruch auf einen weiteren Bundesratssitz habe.
Heute gibt Fraktionschef Damien Cottier bekannt, die FDP akzeptiere das Ticket Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider. «Wir werden beide Kandidatinnen empfangen. Wir haben aber gehört, dass die SP-Fraktion sagt, die Übervertretung der lateinischen Schweiz sei nur für eine vorübergehende Periode. Wir denken, dass diese Periode kurz bleiben soll.» Ob die FDP Baume-Schneider wählen wird, entscheidet sie nach ihren Hearings in einer Woche.
Antreten mussten Baume-Schneider und Herzog bereits bei der SVP. Die Fraktionsspitze der SVP hält sich offiziell bedeckt. Vereinzelte Gespräche zeigen aber ein klares Bild: Herzog habe mehr überzeugt, sie sei ihnen näher, sagen SVP-Parlamentarier.
Drei Stockwerke unterhalb der SVP haben im Bundeshaus die SP-Kandidatinnen ein linkes Heimspiel bei den Grünen. Elisabeth Baume-Schneider fühlt sich wohler bei den Grünen: «Es war spannend auf beiden Seiten, aber ich verstehe manche Probleme hier besser.» Weniger gesprächig ist Konkurrentin Eva Herzog. Nur im Weggehen verliert sie ein paar Worte: «Es war sehr interessant, ein gutes Hearing.»
Welche Kandidatin hat bei den Grünen besser abgeschnitten? Fraktionschefin Aline Trede macht es wie die anderen Parteien: Auch ihre Fraktion legt sich nicht fest. «Wir haben Stimmfreigabe beschlossen. Beide sind gute Kandidatinnen und wählbar für uns.»
Keine Kandidatin und kein Kandidat scheint beim politischen Speeddating im Bundeshaus abgestürzt zu sein. Und keine Fraktion will Farbe bekennen.