Das ist passiert: Die Finanzkontrolle klopft der Berner Kantonsregierung auf die Finger. Der Regierungsrat verstosse mit dem «Medaxo-Deal» gegen die Public-Corporate-Governance-Vorgaben. Ausserdem umgehe die Regierung die Finanzkompetenzen des Grossen Rates. Der Regierungsrat dementiert und spricht von «reinen Mutmassungen».
Der Hintergrund: Wie soll es mit dem Spital Zweisimmen weitergehen? Diese Frage beschäftigt und bewegt die Region und die Politik seit Jahren. Das Spital Zweisimmen gilt als versorgungsnotwendig, der Weg für die Bevölkerung und die Feriengäste in ein anderes Spital im Berner Oberland schlicht zu weit. Allerdings ist der Betrieb defizitär, die Grundversorgung ist gefährdet. Die Betreiberin – die STS AG – sucht seit Längerem nach finanzierbaren Lösungen. Erst Ende 2023 ist ein neues Spitalmodell an der Urne hauchdünn gescheitert.
Der «Medaxo-Deal»: Nach dem Nein an der Urne wird bekannt: Auch die Medaxo AG, ein privater Gesundheitsversorger, hat konkrete Pläne für das Spital Zweisimmen. In Rekordgeschwindigkeit erarbeitet der Berner Regierungsrat ein Konzept – den «Medaxo-Deal». Die Medaxo AG soll das Spital Zweisimmen von der STS AG übernehmen – zum Preis von einem symbolischen Franken. Ausserdem soll die STS AG fünf Millionen Franken an die Medaxo bezahlen, so der Deal.
Die Kritik der Finanzkontrolle: Die Zahlung von fünf Millionen Franken wie auch die Übernahme der Immobilien für einen Franken seien nicht rechtens, so die Finanzkontrolle. «Diese beiden Transaktionen verstossen gegen das Obligationenrecht», so der Vorsteher Thomas Remund gegenüber SRF. Weiter kritisiert die Finanzkontrolle, dass die Regierung mit ihrem Vorgehen die Finanzkompetenzen des Grossen Rates umgangen sei. Und: Der Regierungsrat habe die Öffentlichkeit zu früh informiert. «Es ist zu befürchten, dass dies der Verunsicherung des Spitalpersonals und der Bevölkerung der Region weiter Vorschub leistete», heisst es im Bericht.
Die Forderung der Finanzkontrolle: Die Finanzkontrolle empfiehlt dem Regierungsrat, die Übertragung des Spitals Zweisimmen an die Medaxo AG unter den gegebenen Umständen vorläufig zu sistieren. Ausserdem empfiehlt sie dem Kanton, möglichst rasch gemeinsam mit der STS AG alles zu unternehmen, damit der Weiterbetrieb des Spitals Zweisimmen mindestens für den kommenden Winter sichergestellt ist.
Das sagt die Regierung: «Die Regierung weist diese Vorwürfe zurück», so Regierungsrat Pierre Alain Schnegg gegenüber SRF. Die Regierung habe die Finanzkompetenzen des Grossen Rates nicht umgangen, das Projekt der Medaxo sei mehrfach diskutiert worden. Auch der Finanzierungsbeitrag von fünf Millionen Franken sei gerechtfertigt. «Die STS AG hat seit mehreren Jahren nichts mehr in den Standort Zweisimmen investiert», so Gesundheitsdirektor Schnegg. Ein Teil der Finanzpauschale sei aber für Investitionen in die Infrastruktur vorgesehen. «Wenn der Kanton diese fünf Millionen selbst finanzieren würde, wäre das eine Doppelfinanzierung.»
Die Kritik der Regierung: Die Berner Kantonsregierung weist nicht nur die Vorwürfe zurück, sondern kritisiert auch die Finanzkontrolle. Diese habe sich nicht über das Geschäftsmodell der Medaxo informiert. «Somit handelt es sich um reine Mutmassungen», so die Regierung. Die Nachhaltigkeit des Projektes der Medaxo könne aus heutiger Sicht nicht in Zweifel gezogen werden.