Zum Inhalt springen

Schweizer Wolfsbilanz So viele Wölfe wurden präventiv geschossen

Fast 100 Wölfe haben Wildhüter oder Jägerinnen während vier Monaten präventiv geschossen. Nun haben die Kantone Bilanz gezogen.

Am Montag hat mit Graubünden der letzte Bergkanton die Zahlen für die präventiven Abschüsse von Wölfen bekanntgegeben. Insgesamt wurden zwischen dem 1. September 2024 und 31. Januar 2025 92 der Tiere getötet.

Darunter fallen alle erlegten Wölfe, die nicht aufgrund von Rissen an Nutztieren erschossen wurden. Letztere sind also in der Statistik nicht enthalten. Die sogenannte präventive Regulierung des Wolfsbestandes wurde erstmals durchgeführt. Die Praxis ist seit Dezember 2023 erlaubt.

Am meisten abgeschossen hat der Kanton Graubünden. Insgesamt 48 waren das. Wobei darin wohl der Abschuss eines schadenstiftenden Einzelwolfes enthalten ist, wie Recherchen von SRF in Zusammenarbeit mit der Gruppe Wolf Schweiz zeigen. Deshalb ist dieses Tier in den abgebildeten Grafiken herausgerechnet.

Präventive Abschüsse gehen ins Geld

Box aufklappen Box zuklappen

Eine präventive Regulierung des Wolfsbestandes in den Kantonen ist aufwändig, wie aus St. Gallen zu hören ist.

«Der Aufwand für die Wolfsregulation ist sehr gross, und Erfahrungen müssen laufend gesammelt werden», schreibt Simon Meier, Leiter Abteilung Jagd des Kantons St. Gallen, auf Anfrage von SRF. Deshalb arbeite man daran, die Wolfsregulation und die dazugehörigen administrativen Prozesse noch effizienter umzusetzen.

Auch aus Glarus äussert man sich in diese Richtung, obwohl dieser Kanton diesen Winter keine Regulierung in den vorhandenen Wolfsrudeln durchgeführt hat, wie es vom Glarner Regierungsrat Thomas Tschudi (SVP) heisst.

«Grundsätzlich gilt es zu sagen, dass der Aufwand für die punktuellen Wolfsentnahmen gross ist und die knappen Ressourcen in einem kleinen Kanton stark strapazieren.» Man sei jedoch froh, dass man mit den Anpassungen auf Bundesebene neue Werkzeuge erhalten habe, um der Bevölkerung aufzeigen zu können, «dass ein Leben mit dem Wolf mit den zusätzlichen Möglichkeiten ein Versuch wert ist».

Arno Puorger, Abteilungsleiter für Grossraubtiere beim Amt für Jagd und Fischerei Graubünden, zieht gegenüber SRF eine positive Bilanz:

«Grundsätzlich sind wir seitens des Amtes zufrieden mit der Umsetzung. Einerseits konnten wir dort, wo besondere Konflikte entstanden sind, gute Ergebnisse erzielen. Das heisst, wir konnten drei Rudel weitestgehend entnehmen [d. h. erlegen, Anm. der Red.] und damit geknüpft auch die Hoffnung, dass die Situation in diesen Gebieten im nächsten Jahr verbessert wird.»

Umweltorganisation ist nicht erfreut

Weniger Freude an den Wolfsabschüssen hat die Gruppe Wolf Schweiz. David Gerke spricht sich dafür aus, mehr auf Herdenschutzhunde, Zäune und Hirten zu setzen, um Nutztiere vor Rissen zu schützen. «Es sind viele tote Wölfe, aber es ist nicht wirklich bekannt, was diese Abschüsse bringen. Das werden wir erst in einigen Jahren sehen.»

Ausserdem weist Gerke darauf hin, dass Wölfe sehr widerstandsfähig seien: «Man hat zwar über 90 Wölfe geschossen, aber viele Rudel haben diese Abschüsse überlebt.»

Nahaufnahme eines Wolfskopfes im Profil.
Legende: Canis lupus, zu deutsch: der Wolf. Weil Schafe und andere Nutztiere zu seiner Beute zählen, darf der Wolf in der Schweiz auch geschossen werden, bevor er seinem Jagdinstinkt nachkommt. Keystone/MICHAEL BUHOLZER

Betrachtet man die Zahlen zu gerissenen Nutztieren, zeigt sich: Die Risse gehen zurück. Im Kanton Wallis wurden im vergangenen Jahr 341 Schafe vom Wolf gerissen. Das ist weniger als ein Jahr zuvor und vergleichbar mit den Zahlen für 2021.

Dies liege auch an den Schutzmassnahmen, wie der Walliser Staatsrat Frédéric Favre (FDP) bereits Ende Februar sagte. «Man sieht in der Anzahl der getöteten Tiere bei den Nutztieren einen Rückgang. Wir haben es also geschafft, diese exponentielle Kurve zu durchbrechen, und das zeigt, dass das Konzept heute funktioniert.» Der Herdenschutz wirkt laut Favre. Sobald diese Massnahme aber nicht ausreiche, müsse man auf ein «Entnahmesystem» umsteigen.

Bund will sich noch nicht äussern

Die Berichte der Kantone zur präventiven Regulierung liegen jetzt beim Bundesamt für Umwelt. Der Bund will sich aber noch nicht zu den Berichten aus den Kantonen äussern.

Gegenüber SRF heisst es beim Bundesamt für Umwelt (Bafu), man analysiere aktuell die Berichte der Kantone und wolle erst Ende April eine Bilanz ziehen.

Erst dann wird wirklich klar, wie sich die präventiven Abschüsse auf den Wolfsbestand und die Nutztiere auswirken.

Diskutieren Sie mit:

SRF 4 News, 10.03.2025, 9 Uhr

Meistgelesene Artikel