Am Mittwoch bekommt das VBS einen neuen Vorsteher. Auf den Nachfolger von Bundesrätin Viola Amherd wartet eine diffizile Aufgabe.
Das Verteidigungsdepartement hat in den letzten Wochen und Monaten viel zu reden gegeben – zuletzt wegen eines möglichen Millionenbetrugs im Rüstungsbetrieb Ruag und weil sowohl Armeechef Thomas Süssli als auch der Direktor des Nachrichtendienstes Christian Dussey gekündigt haben. Zwei Experten erklären, warum das VBS so schwer zu führen ist.
Mehr als sieben direkte Unterstellte sind nicht zuverlässig handelbar.
Ein Blick in die Struktur zeigt: Der Vorsteher des VBS trägt eine enorme Verantwortung. Ihm unterstehen neun Chefbeamte – darunter der Armeechef. Das sei eine zu breite Führungsspanne, meint der Militärhistoriker und Sicherheitsexperte Fritz Kälin. Er ist Vize-Chefredaktor der Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift ASNZ.
«In der militärischen Führungslehre gilt: Mehr als sieben direkte Unterstellte sind nicht mehr zuverlässig handelbar», erklärt Kälin. Auch das immense Budget von sieben Milliarden Franken und die Verantwortung über 12'000 Angestellte sowie 180'000 Militärdienstpflichtige machen das Departement zu einem administrativen Supertanker.
Die Lösung? Kälin schlägt eine Rückbesinnung auf die Kernaufgaben vor: V für Verteidigung und B für Bevölkerungsschutz – ähnlich wie früher beim Eidgenössischen Militärdepartement (EMD).
Man muss zuerst sauber analysieren, wo die Bedrohungen sind.
Martin Dahinden, ehemaliger USA-Botschafter und Dozent für Sicherheitspolitik, sieht die Probleme nicht primär in der Struktur, sondern in der fehlenden strategischen Kohärenz.
«Man muss zuerst sauber analysieren, wo die Bedrohungen sind und dann darauf alle Mittel ausrichten», so Dahinden. Die Sicherheitsstrategie der Schweiz sei über Jahre diffus geblieben. Er erinnert an das Konzept der «Gesamtverteidigung» aus dem Kalten Krieg, das Diplomatie, Wirtschaft und Militär in ein Gesamtkonzept eingebunden hatte. «Aber dieses Konzept ist aus der Geschichte.»
Reform der Armeeführung?
Neben strukturellen Anpassungen im Departement bringt Militärhistoriker Kälin eine weitere Idee ins Spiel: Eine Reform der Armeeführung. Der Chef der Armee – aktuell noch Thomas Süssli – sei zu einem «Nadelöhr» geworden.
«Früher gab es die Kommission für militärische Landesverteidigung – ein Gremium aus gleichberechtigten Kommandanten», erklärt Kälin. Mit der Reform Armee 21 ist diese Kommission abgeschafft worden. Diese hatte den Vorteil, dass der VBS-Chef direkt die konzeptionellen Streitigkeiten mitbekam.
Kritiker warnen jedoch: Ein solches Gremium könnte auch dazu führen, dass Partikularinteressen innerhalb der Armee stärker das Gesamtbild bestimmen.
Ein Departement am Wendepunkt
Ob mit einer neuen Führungsstruktur oder einer strategischen Neuausrichtung – klar ist: Das VBS steht an einem Wendepunkt. Der neue Vorsteher wird rasch Prioritäten setzen müssen, um die Steuerbarkeit des Departements zu verbessern. Die kommenden Monate werden zeigen, ob er das Ruder herumreissen kann.