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Strasse und Schiene Bund lässt Verkehrsprojekte von ETH Zürich überprüfen

  • Der Bund lässt sämtliche noch nicht baureifen Bahn- und Strassenprojekte extern überprüfen.
  • Damit reagiert er auf das Volksnein zu geplanten Autobahn-Ausbauprojekten sowie auf deutlich teurer werdende Bahnausbaukonzepte.
  • In der übergreifenden Strategie mit dem Titel «Verkehr '45» soll die ETH Zürich die Ausbauschritte auf Strasse und Schiene überprüfen und priorisieren.
  • Die Ergebnisse sollen laut Verkehrsminister Albert Rösti bis im Herbst dieses Jahres vorliegen.

Für den Bahn-Ausbauschritt 2035 bewilligte das Parlament bisher für Ausbauten an der Infrastruktur rund 16 Milliarden Franken. Im November 2024 wurde bekannt, dass der Ausbauschritt rund 14 Milliarden Franken mehr kostet. Und ebenfalls im November sagte das Stimmvolk Nein zu sechs Autobahn-Ausbauprojekten.

Dies führt dazu, dass Projekte nicht wie geplant umgesetzt werden können. Deshalb will Bundesrat Rösti nun auf externe Hilfe setzen, wie er an einer Medienkonferenz mitteilte. ETH-Experten unter der Leitung von Ulrich Weidmann, Professor für Verkehrssysteme, sollen eine Priorisierung der Verkehrsinfrastruktur-Ausbauten vornehmen.

Überprüfung begleitet

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Eine Begleit- und Expertengruppe werden die externe Überprüfung begleiten. In der Begleitgruppe vertreten sind die zuständigen Parlamentskommissionen, die Kantone und die SBB. In der Expertengruppe, dem sogenannten «Soundingboard» werden Vertreterinnen und Vertreter von Verkehrsverbänden sowie der Städte- und der Gemeindeverband mitarbeiten.

Der Städteverband verlangte umgehend einen Sitz in der Begleitgruppe.

Die Ergebnisse will der Bundesrat für nächste verkehrspolitische Schritte nutzen. «Ich will wissen, was wir in den nächsten 20 Jahren realisieren müssen, um ein resilientes, nachhaltiges und ausreichendes Verkehrssystem bereitstellen zu können», sagte Rösti.

Nebst der externen Untersuchung soll der Ausbau von Strasse und Schiene künftig gemeinsam gedacht werden, wie Röstis am Dienstagnachmittag verkündete Pläne deutlich machten.

Kurzeinschätzung von Bundeshaus-Redaktorin Mirjam Spreiter

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Schiene, Strasse und Agglomerationsverkehr – der Verkehr muss gesamtheitlich gedacht werden und nicht einzelne Verkehrsformen gegeneinander ausgespielt werden. In diesem Zusammenhang ist es zu begrüssen, dass Bundesrat Albert Rösti, den Verkehr gesamtheitlich anschauen und planen will.

Brisant ist aber: Mit dieser externen Überprüfung ist es möglich, dass auch abgelehnte Autobahnprojekte wieder ins Parlament und vielleicht vors Volk kommen. Beispielsweise bei dem Projekt in St. Gallen ist das denkbar. Es gibt auch bereits Vorstösse im Parlament, die versuchen, das Projekt wiederzubeleben. Demokratiepolitisch ist das nicht ganz unbedenklich. Der Verkehrsminister argumentiert allerdings damit, dass das Volk nicht über einzelne Projekte abgestimmt habe, sondern über ein Paket und verteidigt so sein Vorgehen.

Zudem könnte es in Zukunft sein, dass Strassen- und Schienenprojekte als Pakete diskutiert und schliesslich auch zur Abstimmung gebracht werden. Hier wollte sich Rösti noch nicht festlegen. Es gibt aber im Parlament bereits zahlreiche Stimmen, die solche Pakete fordern. Es gibt etwa einen Vorstoss des Mitte-Nationalrats Nicolo Paganini, der in diese Richtung geht. Solche Pakete könnten den Vorteil haben, dass Bahnbefürwortende auch Ja sagen müssen zu Strassenprojekten. Der Nachteil könnte aber auch sein, dass grosse Pakete auch ein grösseres Risiko haben abzustürzen, wie das grosse Reformen etwa in der Altersvorsorge immer wieder gezeigt haben.

Dutzende Bahnprojekte werden nochmals überprüft. Die vom Volk abgelehnten Strassenprojekte würden zuhanden kommender Generationen «archiviert», sagte Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamtes für Strassen (Astra). Weitergearbeitet werde indes am Sechsspur-Ausbau der A1 zwischen Luterbach und Härkingen im Kanton Solothurn, an der A4 zwischen Kleinandelfingen ZH und Winterthur und der Umfahrung von Le Locle NE.

Das Rezept lautet nach wie vor: Das eine zu tun und das andere nicht zu lassen.
Autor: Jürg Röthlisberger Direktor Bundesamt für Strassen (Astra)

Unabhängig vom Abstimmungsresultat gelte, dass die Agglomerationen unter der dauerhaften Überlastung der Autobahnen litten, so Röthlisberger weiter. Eine effizientere Nutzung der vorhandenen Strassen löse dieses Problem nicht nachhaltig. «Das Rezept lautet nach wie vor: Das eine zu tun und das andere nicht zu lassen.»

Lob und Kritik an Röstis Plänen

Der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) lobt in einer Stellungnahme das Vorgehen des Bundesrates. Albert Rösti habe die Lehren aus der Volksabstimmung gezogen und wolle nun die Schweizer Mobilität durch gemeinsamen Dialog konkret gestalten.

Rösti mit den anderen drei Personen an der Medienkonferenz sitzend, mit Mikrofonen vorne dran.
Legende: An der Medienkonferenz teilgenommen haben neben Bundesrat Albert Rösti auch Maria Lezzi, Direktorin des Bundesamtes für Raumentwicklung (von links), Astra-Direktor Jürg Röthlisberger und Christa Hostettler vom Bundesamt für Verkehr. Keystone/PETER KLAUNZER

Kritischer äussert sich hingegen die verkehrspolitische Umweltschutzorganisation Umverkehr. Sie verlangt, dass nach dem Volksnein generell keine Projekte zum Autobahnausbau mehr geprüft werden sollten.

Parlament entscheidet im Idealfall 2027

Rösti betonte, dass gewisse Projekte auch um Jahre verschoben werden könnten oder gar nicht realisiert würden. «Das dürfte auch beim einen oder anderen Bahnprojekt der Fall sein und wiederum spätestens beim VCS und anderen ÖV-Befürworterinnen und Befürwortern für Enttäuschung und Kritik sorgen», sagt SRF-Inlandredaktor Iwan Santoro.

Nachdem bis im Herbst die Ergebnisse der externen Untersuchung vorliegen, werde bis im ersten Quartal 2026 eine Vernehmlassung erarbeitet und bis Ende des nächsten Jahres eine Botschaft vorliegen, so Rösti. Darüber entscheiden kann das Parlament im Idealfall im Jahr 2027.

SRF 4 News, 28.01.2025, 14 Uhr ; 

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