Das ist geschehen: Am 3. Oktober 2013 sank ein Flüchtlingsboot mit 500 Menschen an Bord vor Lampedusa, südlich von Sizilien. Mindestens 368 Menschen kamen ums Leben. Das überfüllte Boot mit rund 500 afrikanischen Migranten hatte zuvor Feuer gefangen. Einige Menschen sollen auf dem Schiff eine Decke angezündet haben, um so ein Fischerboot auf sich aufmerksam zu machen. Das Feuer breitete sich rasant aus, das Schiff kenterte.
So gedenkt Italien der Opfer: Das «Komitee des 3. Oktober» beging den traurigen Jahrestag bei mehreren Gedenkfeiern auf Lampedusa. Auch in anderen italienischen Städten waren Gedenkveranstaltungen angekündigt. Seit 2016 gilt der 3. Oktober als «nationaler Gedenktag der Einwanderung» in Italien. Regierungschefin Georgia Meloni hat im Vorfeld jedoch für keine Trauerveranstaltungen ihre Anwesenheit angekündigt, was ihr die Kritik von NGO eingebracht hat.
Darum steht Lampedusa im Fokus: Die Insel liegt nur rund 130 Kilometer von der Küste Tunesiens entfernt. Schon in der Vergangenheit war sie Ziel von Flüchtlingen aus Afrika. Ab dem neuen Jahrtausend nahm deren Anzahl aber drastisch zu. Ab 2011 spitzte sich die Lage auch aufgrund des Arabischen Frühlings noch einmal zu – in Libyen herrscht bis heute politisches Chaos.
So viele Menschen kommen übers Mittelmeer nach Europa: 2013 vermeldete Italien mit knapp 43'000 Personen einen Rekord an registrierten Flüchtlingen im Mittelmeer. Im ganzen Mittelmeerraum waren es laut Schätzungen des UNHCR 200'000 Personen. Seither sind die Zahlen stark gestiegen. Allein im Zeitraum bis Ende August dieses Jahres versuchten 96'300 Menschen, über das Mittelmeer nach Italien zu gelangen.
So viele Menschen sind im Mittelmeer ertrunken: Mit dem Unglück vor zehn Jahren sollte das Sterben im Mittelmeer nicht enden. Nur wenige Tage danach ertranken 34 weitere Menschen. Allein 2014 kamen gemäss Schätzungen über 3000 Menschen im Mittelmeer um. Seither werden nach offiziellen Zahlen der UNO mehr als 28'100 Menschen im Mittelmeer vermisst, die vermutlich ertrunken sind.
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Bild 1 von 7. Am 3. Oktober 2013 starben bei einem Bootsunglück vor der Küste Lampedusas fast 370 Menschen. (Bild vom Schiffswrack am 4. Oktober 2013). Bildquelle: REUTERS/Vigili Del Fuoco/Handout via Reuters .
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Bild 2 von 7. Das Boot voller Migranten hatte Feuer gefangen. Die italienische Küstenwache konnte nur noch wenige Menschen lebend retten. (3. Oktober 2013). Bildquelle: REUTERS/Italian Coast Guard/Handout via Reuters .
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Bild 3 von 7. Die meisten Opfer stammten aus Somalia und Eritrea. Viele von ihnen konnten nie identifiziert werden. (Bild: Lampedusa, 5. Oktober 2013) . Bildquelle: REUTERS/Antonio Parrinello .
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Bild 4 von 7. Der tödliche Unfall löste Entsetzen in Italien aus und lies Forderungen nach mehr humanitärer Hilfe laut werden. (Bild: Lampedusa, 4. Oktober 2013). Bildquelle: REUTERS/Antonio Parrinello .
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Bild 5 von 7. Rom lancierte als Reaktion auf die Tragödie das Rettungsprogram «Mare Nostrum». (Bild: Migranten vor der Küste Lampedusas, 5. Februar 2014). Bildquelle: REUTERS/Marina Militare.
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Bild 6 von 7. Seit rund zwei Jahren steigen die Zahlen ankommender Migranten in Lampedusa wieder. (29. Juli 2021) . Bildquelle: AP Photo/Santi Palacios).
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Bild 7 von 7. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte sich zusammen mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni vor kurzem selbst ein Bild von der Lage auf Lampedusa. (17. September 2023). Bildquelle: REUTERS/PALAZZO CHIGI PRESS OFFICE; .
So sieht die Situation heute aus: Ab Herbst 2015 verlagerten sich die Flüchtlingsströme vom Mittelmeer zunächst auf die Balkanroute. Seit 2021 steigen die Flüchtlingszahlen auf Lampedusa aber wieder. Die Inselverwaltung hat vor zwei Wochen den Notstand ausgerufen, nachdem an einem einzigen Tag innerhalb von 24 Stunden mehr als 5000 Bootsmigranten registriert wurden.
So reagierte Italien: Rom lancierte nach der Tragödie vor zehn Jahren das Rettungsprogramm «Mare Nostrum», stellte dieses Ende 2014 aber wieder ein – auch weil Kritik laut wurde, dass damit Migranten angezogen würden. Private Initiativen, wie «Sea Watch» mit der deutschen Kapitänin Caroline Rackete übernahmen. Rom begab sich in den Jahren darauf zunehmend auf Konfrontationskurs mit ihnen.
So reagierte die EU: Die EU führte das Erbe von «Mare Nostrum» zwar weiter, jedoch in begrenztem Umfang. Der weitaus grössere Fokus liegt auf der Kontrolle, in der Form der seit 2004 bestehenden Grenzschutzorganisation Frontex. Kritische Stimmen sprechen deswegen von einer «Festung Europa». Nach der Tragödie von Lampedusa einigten sich die Mitgliedstaaten zwar auf einen Verteilschlüssel, das Dauerthema Migration ist damit aber nicht gelöst. Mit der jüngsten Zunahme an ankommenden Migranten rückt auch die kleine Insel wieder in den Fokus.