Vor drei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Moskaus Truppen konnten weite Teile des Nachbarstaates besetzen, stiessen aber auf vehemente Gegenwehr der Ukrainer und mussten zurückweichen. Seither mussten nicht nur die Ukrainer, sondern auch die Russen einige Rückschläge einstecken. Der Krieg in der Ukraine ist an vielen Orten zu einem Grabenkampf geworden. Wie ist es dazu gekommen? Ein Rückblick.
Schon im Januar 2022 häufen sich die Befürchtungen vor einem russischen Einmarsch in die Ukraine. Moskau erlässt ein massives Truppenaufgebot.
«Entweder es kommt zum Krieg oder zum vollständigen Bruch», schätzte die Schweizer Diplomatin und ehemalige Ukraine-Beauftragte der OSZE Heidi Tagliavini die Lage Anfang Februar ein.
24. Februar 2022 – Russland marschiert in die Ukraine ein: Moskau greift seinen souveränen Nachbarstaat an. Ziele in der ganzen Ukraine kommen unter Beschuss. Russlands Präsident Wladimir Putin versetzt die atomaren Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski ruft den Kriegszustand aus.
Wenige Tage später fällt die südukrainische Stadt Cherson unter russische Kontrolle. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer fliehen, die meisten in den Westen des Landes oder in andere europäische Länder.
2. April 2022 – Entdeckung des Massakers von Butscha: Im April ziehen sich die russischen Truppen im Norden teils zurück. Im Zuge dessen sorgen entdeckte Gräueltaten in der Kiewer Vorstadt Butscha für Entsetzen. Bei den mutmasslichen Kriegsverbrechen werden mehr als 400 Leichen gezählt.
16. Mai 2022 – Mariupol wird von russischen Truppen eingenommen: Die Belagerung und die humanitäre Situation in der Hafenstadt halten die Welt in Atem. Die OSZE stuft die Bombardierung einer Geburtsklinik als Kriegsverbrechen ein. Das Stahlwerk Asowstal in Mariupol wird zum Symbol für den Widerstandswillen der gesamten Ukraine. Wochenlang wird das Werk eingekesselt.
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Bild 1 von 5. Bevor Mariupol komplett unter russische Kontrolle fällt, verschanzen sich bis zu 1000 ukrainische Soldaten und einige Zivilisten im Stahlwerk Asowstal. Bildquelle: Reuters/Dmytro Orest Kozatskyi/Azov Regiment.
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Bild 2 von 5. Tagelang steht das belagerte Stahlwerk unter Beschuss von russischen Soldaten. Bildquelle: REUTERS/Alexander Ermochenko.
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Bild 3 von 5. In der Ukraine und anderen europäischen Ländern kommt es zu Kundgebungen für die Rettung der Militärangehörigen und Schutzsuchenden im Stahlwerk. Bildquelle: REUTERS/Valentyn Ogirenko.
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Bild 4 von 5. Nach der Einnahme werden die Kämpfer aus dem Stahlwerk evakuiert und in russische Gefangenschaft gebracht. Einige kommen bei Gefangenenaustauschen frei. Bildquelle: REUTERS/Alexander Ermochenko.
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Bild 5 von 5. In der Region um Mariupol entstehen mehrere Massengräber. Dies zeigen Satellitenbilder offenbar schon kurz nach Kriegsbeginn. Bildquelle: REUTERS/Alexander Ermochenko.
In den folgenden Wochen gelingen Russland fast keine neuen Geländegewinne mehr. Die Fronten scheinen verhärtet.
Ab Ende Juli 2022 – Das AKW Saporischja wird zum Kriegsschauplatz: Russland kontrolliert das grösste Atomkraftwerk Europas faktisch seit Anfang März. Im August spitzt sich die Situation in der Anlage von Saporischja allerdings zu. Verursacht durch Beschuss oder einen Brand, kommt es zu einer Teilabschaltung.
10. September 2022 – Russland zieht sich aus Charkiw zurück: Ein Erfolg zeichnet sich ab für die ukrainischen Streitkräfte, die mithilfe westlicher Waffen die russischen Truppen zurückdrängen. «Das Ganze ist eine schwere Niederlage für die russische Armee», beurteilt SRF-Korrespondent David Nauer. Das Gebiet ist strategisch wichtig, da Moskau von dort auch Truppen im Donbass versorgte.
30. September 2022 – Moskau annektiert vier besetzte Gebiete: An einer offiziellen Zeremonie schliesst Putin mit den eigens eingesetzten Führungen in den ukrainischen Gebieten Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischja Verträge über eine Aufnahme in russisches Staatsgebiet ab. Wenige Tage zuvor fanden Scheinreferenden statt, bei denen in der Ostukraine angeblich bis zu 99 Prozent für den Anschluss an Russland stimmten. Putin begründet die Annexion mit dem Schutz der Zivilbevölkerung vor ukrainischen Nationalisten.
8. Oktober 2022 – Ukrainischer Angriff auf die Krim-Brücke: Nach Explosionen an dem russischen Prestigebau sind Teile der Brücke eingestürzt. Eine Detonation ereignet sich in einem Lkw-Transporter und setzt mehrere Waggons eines Güterzugs in Flammen.
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Bild 1 von 3. Teile der Brückenautobahn stürzen nach der Explosion ins Meer. Daraufhin untersuchen russische Ermittler den Angriffsort nach Spuren. Bildquelle: IMAGO/SECURITY SERVICE OF UKRAINE.
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Bild 2 von 3. Bei Tageslicht wird das Ausmass der Zerstörung gut sichtbar. Die Brücke ist für Autos stundenlang nicht mehr befahrbar. Bildquelle: IMAGO IMAGES/KONSTANTIN MIHALCHEVSKIY.
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Bild 3 von 3. Die Rauchentwicklung ist vom Festland aus zu sehen. Aufgrund des Zwischenfalls gibt es auch Ausfälle und grössere Verzögerungen im Zugverkehr. Bildquelle: REUTERS/STRINGER.
Die Vergeltung Russlands gegen den Angriff kommt postwendend: Nie seit den allerersten Tagen des Krieges sind so viele Raketen auf ukrainische Städte gefallen wie in den folgenden Tagen. Über 80 Raketen soll Russland in alle Landesteile der Ukraine abgefeuert haben.
9. November 2022 – Russland zieht sich aus Cherson zurück: Damit verlieren die russischen Truppen ihren Brückenkopf westlich des Flusses Dnipro. Er hatte die Option offen gelassen, weiter in Richtung Westen zu marschieren. Für die Ukraine ist die Rückeroberung militärisch sehr wichtig.
Frühjahr 2023 – Um Bachmut und Soledar tobt ein blutiger Stellungskrieg: Die russischen Truppen rücken langsam, aber stetig vor. Die Region um Bachmut wird zunehmend eingekreist und die Versorgungswege werden abgeschnitten. Der Chef der russischen Wagner-Söldner erklärt die angrenzende Kleinstadt Soledar für eingenommen. Die Ukraine dementiert.
23./24. Juni 2023 – Aufstand in Russland: Mehr als 24 Stunden hält Jewgeni Prigoschin Russland und die ganze Welt mit seinem Aufstand gegen die Führung in Moskau in Atem. Der Chef der russischen Privatarmee Wagner erklärt öffentlich, dass die verantwortliche Militärführung Russlands gestoppt werden müsste. Am selben Tag stoppt der Vormarsch in Richtung der russischen Hauptstadt allerdings. Kurz darauf bestätigt der Kreml, dass Prigoschin nach Belarus ausreisen wird. Zwei Monate später stirbt er bei einem Flugzeugabsturz nördlich von Moskau.
Herbst 2023 – Die ukrainische Offensive steckt fest: Die Ukrainer haben zwar die russische Hauptverteidigungslinie zum Teil durchbrochen, kommen aber seit Wochen nicht mehr weiter. Es gibt dauernd Gefechte, ohne dass sich die Front verschiebt. Laut SRF-Korrespondent David Nauer handelt es sich um einen Abnützungskrieg, unter dem auch die ukrainische Zivilbevölkerung massiv leidet.
22. September 2023 – Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte getroffen: Ukrainische Raketen treffen das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim. Das Gebäude in der Hafenstadt Sewastopol wird schwer beschädigt. Damit bringe Kiew die russische Dominanz im Schwarzen Meer endgültig ins Wanken, meint SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky.
Ende 2023 – Massiver Luftangriff auf die gesamte Ukraine: Weit über 100 Drohnen und Raketen hat Russland laut der ukrainischen Luftwaffe auf die Ukraine abgefeuert. Es soll einer der umfangreichsten Angriffe seit Beginn von Russlands Invasion gewesen sein. Aus Kiew, Charkiw, Odessa, Dnipro und auch im westlichen Lwiw, das vom Krieg bislang weitgehend verschont geblieben ist, wurden Einschläge gemeldet. «Die Ukraine ist so verwundbar wie seit Langem nicht mehr», stellt SRF-Korrespondent Calum MacKenzie fest.
3. Januar 2024 – Grösster Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn: Zu Jahresbeginn können knapp 500 ukrainische und russische Kriegsgefangene nach Hause zurückkehren. Insgesamt konnten durch die rund 50 Gefangenenaustausche schon mehrere Tausend Menschen rückgeführt werden.
17. Februar 2024 – Die ukrainische Armee zieht sich aus Awdijiwka zurück: Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Beginns der russischen Invasion muss die ukrainische Armee einen schweren Rückschlag hinnehmen: Sie zieht sich aus der seit Monaten stark umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka zurück.
Mai 2024 - Russische Offensive bei Charkiw: Russland bestätigt eine Offensive im Grenzgebiet zur ukrainischen Millionenstadt Charkiw. Der Kreml meldet, man habe unmittelbar hinter der Grenze fünf Dörfer eingenommen. Die Offensive kommt jedoch aufgrund ukrainischer Gegenwehr bereits in ihren Anfängen ins Stocken
4. August 2024 – Kampfjetlieferung von westlichen Verbündeten: Die ersten F-16-Kampfjets sind in der Ukraine eingetroffen. Die von den westlichen Verbündeten gelieferten Flugzeuge aus amerikanischer Produktion sollen dabei helfen, die russische Luftüberlegenheit zu brechen. In Kiew sind die Hoffnungen gross, dass die neu zur Verfügung stehenden F-16-Kampfflugzeuge eine Wende bewirken werden.
6. August 2024 – Ukraine greift in russischer Region Kursk an: Russland kämpft im eigenen Land gegen einen ukrainischen Einmarsch. Laut russischen Angaben dringen rund 1000 ukrainische Soldaten mit gepanzerten Fahrzeugen in Kursk ein. In der Region wird der Notstand ausgerufen. Es ist einer der grössten ukrainischen Angriffe auf russisches Territorium seit Kriegsbeginn.
Oktober 2024 – Nordkoreas Soldaten kämpfen im Ukrainekrieg: Die Zeichen verdichten sich immer mehr: In der Ukraine kämpfen auch nordkoreanische Soldaten auf Russlands Seite. Nordkorea und Russland haben ihre Beziehungen seit dem russischen Einfall in der Ukraine zunehmend vertieft, auch in militärischer Hinsicht. Bereits im Juli 2024 gab es erste Berichte, dass Pioniertruppen aus Nordkorea nach Russland gereist sind.
17. November 2024 – US-Raketen auf Russland: Der Ukraine wird vom abtretenden US-Präsident Joe Biden die Erlaubnis erteilt, US-Waffen mit längerer Reichweite gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einzusetzen. Die entsprechenden bisherigen Beschränkungen seien aufgehoben worden, so regierungsnahe Quellen. Kurz darauf beschiesst die Ukraine Russland erstmals mit weitreichenden US-Raketen.
12. Februar 2025 – Trumps Friedensinitiative: US-Präsident Donald Trump telefoniert mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Das Ergebnis: eine neue Initiative für Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg. Schnell melden sich die Ukraine und andere europäische Länder zu Wort und fordern, Europa und die Ukraine in die Friedensgespräche einzubeziehen.