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Das war die Herbstsession Letzter Sessionstag in Bern – Schlussabstimmungen in beiden Räten

In Bern geht die dreiwöchige Herbstsession der eidgenössischen Räte zu Ende. Hier finden Sie die wichtigsten Entscheide zum Nachlesen.

Die Entscheide vom Freitag, 30. September:

Das Parlament verabschiedet sich – und wir auch: Die beiden Kammern haben die Geschäfte, die sie in den letzten drei Wochen beschlossen haben, in den Schlussabstimmungen bestätigt – mit Ausnahme des Embargogesetzes (siehe unten).

Gerade bei der Energiewende drückten die eidgenössischen Räte aufs Tempo, wie SRF-Bundeshausredaktor André Ruch bilanziert : «Mit der drohenden Energiekrise im Nacken fällte das Parlament wegweisende und schnelle Entscheide für erneuerbare Energien. Selten schmiedeten Schweizer Politiker so schnell Kompromisse.»

Die dritte Sessionswoche in Kürze

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  • Der Wolf soll präventiv reguliert werden, so der Ständerat – Abschüsse wären so während vier Monaten im Jahr möglich.
  • Zur Entschärfung der Energiemangellage hat das Parlament die sogenannte Solaroffensive auf den Weg gebracht.
  • Die OECD-Mindeststeuer für Grosskonzerne von 15 % passiert den Ständerat als Erstrat.
  • Das Covid-19-Gesetz geht gemäss Nationalrat zum Teil in die Verlängerung. Testkosten soll weiterhin der Bund tragen.
  • Der Notkredit für die Axpo erhält die nötige gesetzliche Grundlage.
  • Die Postfinance bleibt vorerst eine Tochter des Staatsbetriebs Post. Weitere Abklärungen sollen folgen.
  • Beide Kammern gewähren den vollen Teuerungsausgleich auf AHV-Renten für nächstes Jahr.

Linke und SVP verhindern Änderungen bei Sanktionen: Das Schweizer Sanktionenrecht wird nicht geändert. Der Nationalrat hat die geplanten geringfügigen Änderungen im Embargogesetz abgelehnt. Hintergrund ist der Streit um eigenständige Sanktionen. Nein stimmten sowohl SP und Grüne als auch die SVP. Der Ständerat stimmte der Vorlage ohne Gegenstimme zu.

Die Bundesräte Maurer und Berset im Parlament
Legende: Die Frage eines Paradigmenwechsels in der Sanktionspolitik hatte für heftige Diskussionen gesorgt. Der Nationalrat wollte ursprünglich, dass der Bundesrat gegen Personen und Entitäten, etwa Unternehmen, die an schwerwiegenden Verletzungen des humanitären Völkerrechts oder der Menschenrechte beteiligt sind, eigenständige Sanktionen verhängen kann. Keystone/Peter Schneider

EVP-Nationalrätin Marianne Streiff verabschiedet: Nach zwölf Jahren im Nationalrat verlässt die Berner EVP-Politikerin die eidgenössische Politbühne. Nationalratspräsidentin Irène Kälin würdigte die abtretende Parlamentarierin als «offene, unkomplizierte und humorvolle Kollegin, die sich glaubwürdig, kompetent und überzeugt für eine ethisch ausgerichtete Politik starkmacht.» Streiff präsidierte die EVP Schweiz von 2014 bis 2021.

Die Entscheide vom Donnerstag, 29. September

Aufweichung des Wolfsschutzes: Wölfe sollen nicht nur geschossen werden dürfen, wenn sie Schäden angerichtet haben, sondern auch, um künftige Schäden zu verhüten. Der Ständerat hat eine Art Regulierungssaison für Wölfe zwischen 1. September und 31. Dezember im Jagdgesetz aufgenommen. Solche Bestandesregulierungen sollen künftig ebenso möglich sein wie beim geschützten Steinbock, so die Meinung der Ratsmehrheit. Aktuell streifen ungefähr 180 Wölfe durch die Schweiz. Die Gebirgskantone fordern eine Begrenzung auf 17 Rudel.

Klimaprotest im Bundeshaus

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Während einer Debatte des Nationalrats haben Klimaaktivisten von den Zuschauerrängen in der grossen Kammer Transparente ausgerollt und sich lautstark bemerkbar gemacht. Mehrere, vornehmlich jüngere Personen wurden daraufhin vom Sicherheitsdienst aus dem Saal begleitet.

Wie Nationalrat Mauro Tuena (SVP/ZH) gegenüber SRF erklärt, hätten die Aktivisten auch Flugblätter in den Saal geworfen. Er verurteilt die Aktion. «Das ist nicht zuletzt mit Blick auf die anwesenden Schulklassen eine Sauerei.» Künftig müssten wohl die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden und Besucherinnen und Besucher länger warten, bis sie ins Bundeshaus können. Auch Franziska Roth (SP/SO) verurteilt die Aktion. «Ich finde solche Aktionen nicht lustig.» Zwar seien zielgerichtete Proteste sinnvoll, die heutige Aktion würde jedoch nur Unverständnis auslösen.

Weichenstellung in Energiefragen: Der rasche Ausbau der einheimischen Energiequellen ist das grosse Thema der diesjährigen Herbstsession. Nun hat der Ständerat die über zwei Tage verteilten, mehrstündigen Beratungen zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien abgeschlossen. Er nahm es am Ende mit 43:0 Stimmen bei einer Enthaltung an. Bei dem Mantelerlass geht es um die mittel- und langfristige Schweizer Energiepolitik, nicht um die dringlichen Massnahmen. Der Nationalrat ist als Nächstes dran.

Einige der wichtigsten Beschlüsse in Kürze

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  • Der Ständerat ist für verbindliche und höhere Zielwerte bei den Erneuerbaren, anstelle von Richtwerten für die Jahre 2035 und 2050.
  • Der Energieverbrauch pro Person und Jahr ist gegenüber dem Stand im Jahr 2000 bis 2035 um 43 % und bis 2050 um 53 % zu senken.
  • Massnahmen zur Energieeffizienz sollen umgesetzt werden, welche bis 2035 zu einer Stromverbrauchsreduktion um 2 TWh führen.
  • Zur Stärkung der Versorgungssicherheit im Winter soll per 2040 ein Zubau von Kraftwerken zur Erzeugung erneuerbarer Energie von mindestens 6 TWh realisiert werden.
  • Zur Absicherung gegen ausserordentliche Situationen wie kritische Versorgungsengpässe oder -ausfälle wird per Ausschreibung jährlich eine Energiereserve gebildet.
  • Der Bundesrat kann für neue oder erweiterte Pumpspeicherwerke anstelle der gleitenden Marktprämie Investitionsbeiträge bis 60 Prozent der Investitionskosten vorsehen.
  • Für die Modernisierung bestehender AKW wird kein Investitionsbeitrag geleistet.
  • Umweltbestimmungen wie jene zu den minimalen Restwassermengen bei Wasserkraftwerken bleiben in Kraft.
  • Biotope, Wasser- und Zugvogelreservate von nationaler Bedeutung werden nicht mehr absolut geschützt. Neue Wind- oder Solaranlagen sind möglich.
  • Die Kantone müssen keine neuen Massnahmen im Gebäudebereich (etwa Heizungssanierungen) umsetzen.
  • Auf Dächern und Fassaden der Bundesverwaltung und der bundesnahen Betriebe sind Solaranlagen zu installieren.
  • Die vollständige Strommarktöffnung ist kein Thema mehr.

Frauenfokus in Medizin und Forschung: Der Nationalrat hat einen Vorstoss überwiesen, der die Forschung in der Gendermedizin voranbringen will. Er verlangt ein nationales Forschungsprogramm. Er geht an den Ständerat. Weiter soll laut der angenommenen Kommissionsmotion eine markante Erhöhung an Forschungen über Beschwerden und Krankheiten, die speziell oder vor allem Frauen betreffen, veranlasst werden. Mit 100 zu 83 Stimmen abgelehnt hat der Nationalrat dagegen die Forderung, dass künftig das Geschlecht als Voraussetzung berücksichtigt werden muss, um Gelder beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zu erhalten.

Nationalrat fordert Lösungen im Europadossier: Der Nationalrat will neue Gespräche zwischen dem Bundesrat und den Sozialpartnern zur Europapolitik. Er möchte die Landesregierung beauftragen, eine tragfähige Lösung zum Lohnschutz zu finden. Er hat als Erstrat eine entsprechende Motion seiner Aussenpolitischen Kommission angenommen. Mit 104 zu 80 Stimmen bei zwei Enthaltungen hiess die grosse Kammer die Motion gut – gegen den Willen einer Minderheit der Kommission. Der Vorstoss geht an den Ständerat.

Zweiter Hornkuh-Anlauf gescheitert: Bauern erhalten kein Geld, wenn sie ihren Kühen die Hörner belassen. Der Nationalrat ist gegen die Einführung eines sogenannten Hörnerfrankens in der Direktzahlungsverordnung. Als Zweitrat hat er eine Motion des Solothurner SP-Ständerats Roberto Zanetti abgelehnt. Der Ständerat hatte den Vorstoss im Juni gutgeheissen. Nun ist er vom Tisch.

Über das Thema hatten Volk und Stände bereits Ende November 2018 zu entscheiden. Damals verwarfen die Stimmenden die Hornkuh-Initiative mit 54.7 Prozent Nein-Stimmen. Einzelinitiant Armin Capaul, einem Kleinbauern aus dem Berner Jura, gelang damit ein Achtungserfolg.

Keine eigenständigen Sanktionen: Im Schweizer Sanktionenrecht gibt es keinen Paradigmenwechsel. Der Nationalrat ist auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt und verzichtet auf eine Bestimmung, die dem Bundesrat die Verhängung eigenständiger Sanktionen erlaubt hätte.

Medizinischer Notfall im Nationalrat

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Reimann am Rednerpult
Legende: Lukas Reimann bei einer Auns-Veranstaltung im letzten Jahr. Keystone/Anthony Anex

Nationalrat Lukas Reimann (SVP/SG) musste am Vormittag wegen eines gesundheitlichen Problems aus dem Nationalratssaal evakuiert und per Ambulanz abtransportiert werden. Über seinen Zustand und was der Grund für sein Unwohlsein war, ist nichts bekannt. Die Sitzung wurde für rund zehn Minuten unterbrochen.

Nationalratspräsidentin Irène Kälin (Grüne/AG) wünschte Reimann im Anschluss gute Besserung und bat die Anwesenden, die allfällig gemachten Fotos zu löschen.

Ständerätin Marina Carobbio Guscetti (SP/TI), die Ärztin ist, verliess die kleine Kammer und eilte ihm zur Hilfe. Eva Herzog (SP/BS) bat deshalb in einem Ordnungsantrag darum, eine Abstimmung zu wiederholen, so dass Carobbio Guscetti doch noch teilnehmen kann.

(Noch) keine Änderung bei Wohneigentumsbesteuerung: Der Nationalrat hat sich als Zweitrat der Abschaffung des Eigenmietwertes für Wohnungs- und Liegenschaftsbesitzer angenommen, den Vorschlag aber letztlich an die zuständige Kommission zurückgewiesen. Damit sei keine Volksabstimmung zu gewinnen, so der Tenor. Die Idee, den Eigenmietwert abzuschaffen, ist schon zweimal an der Urne gescheitert. In der vorberatenden Kommission des Nationalrates hatte die Vorlage mit 12 zu 10 Stimmen bloss eine knappe Mehrheit. Auch der Ständerat hatte sich vor einem Jahr mit nur 20 zu 17 Stimmen für einen Systemwechsel ausgesprochen.

Wieso ist der Eigenmietwert ein Politikum?

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Darum geht es: Der Eigenmietwert soll bei selbstgenutztem Wohneigentum auf Bundes- wie auf Kantonsebene abgeschafft werden. Gleichzeitig sollen bei diesen Liegenschaften die Abzüge – etwa für Unterhaltskosten oder die Abzüge fürs Energiesparen – auf Bundesebene aufgehoben werden. Selbstgenutzte Zweitliegenschaften hingegen sollen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene steuerbar bleiben, ebenso die Erträge aus vermieteten oder verpachteten Liegenschaften.

Das ist der Grund für die Vorlage: Für viele Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer ist der Sinn und Zweck der Besteuerung eines als «fiktiv» empfundenen Einkommens schwer nachvollziehbar. Besonders Rentnerinnen und Rentner üben Kritik. In ihrem Fall macht der Saldo zwischen Eigenmietwert und Abzügen einen beachtlichen Anteil an den Gesamteinkünften aus. Denn ältere Personen haben in der Regel keine hohen Schulden mehr auf dem Eigenheim. Experten kritisieren auch die fehlende Eindämmung der Anreize zu privater Verschuldung. Zudem sei die Eigenmietwertbesteuerung derzeit komplex ausgestaltet.

Das geschah bisher: Das geltende System der Eigenmietwertbesteuerung wird seit Jahren infrage gestellt. Immer wieder gab es politische Vorstösse. Sofern sie vors Volk kamen, scheiterten sie an der Urne. In den letzten 20 Jahren haben die Kantone gegenüber einem Systemwechsel eine zunehmend skeptischere Haltung eingenommen. Denn die Aufhebung dieser Besteuerung würde zu bedeutenden Mindereinnahmen für den Fiskus führen. Der Bundesrat wiederum hat sich in der jüngeren Vergangenheit wiederholt für eine Reform der Wohneigentumsbesteuerung offen gezeigt, sofern diese ausgewogen und finanziell verkraftbar ausgestaltet ist.

Das ist umstritten: Kritisiert wird etwa, dass es nur ein teilweiser Systemwechsel ist. Denn Zweitliegenschaften sollen nach wie vor besteuert werden. Zweitheimbesitzer müssten so weiterhin Eigenmietwert bezahlen, könnten aber trotzdem keine Abzüge geltend machen. Zudem werden, um das Klimaziel 2050 zu erreichen, die Energiespar- und Umweltschutzabzüge weithin als sinnvoll erachtet. Die Abschaffung dieser Abzüge wird deshalb kritisiert. Kritisiert wird weiter die Änderung auch wegen befürchteter Steuerausfälle – je nach Zinsniveau und Ausgestaltung des Gesetzes sind die Auswirkungen auf den Fiskus unterschiedlich.

Die Entscheide vom Mittwoch, 28. September

Rettungsschirm definitiv aufgespannt: Die Axpo kann im äussersten finanziellen Notfall auf bis zu vier Milliarden Franken des Bundes zurückgreifen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat dem entsprechenden Nachtragskredit zum Budget 2022 zugestimmt.

Solidarität mit iranischen Frauen: Die Nationalrätinnen Sibel Arslan (Grüne), Doris Fiala (FDP), Marianne Binder (Mitte), Tamara Funiciello (SP), und Corina Gredig (Grünliberale) zeigen sich solidarisch mit den Anliegen der Frauen im Iran. Seit dem Tod von Masha Amini, einer jungen Frau in Polizeigewahrsam, kommt es dort zu Unruhen und Gewalt gegen demonstrierende Frauen. Sie haben eine Interpellation eingereicht, mit der sie «Massnahmen der Schweiz gegen die unhaltbaren, im schlimmer werdenden Menschrechtverletzungen durch den Iran» fordern.

Die fünf Interpellantinnen in der Wandelhalle
Legende: Die fünf Interpellantinnen in der Wandelhalle – die Vorstösse sind jeweils leicht anders formuliert, haben aber dasselbe Ziel: Die Schweiz zum Handeln zu bewegen. SRF

Umsetzung des OECD-Mindeststeuersatzes: Der Ständerat stimmt den Vorschlägen des Bundesrates zur Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung von Grossunternehmen zu. Diese sehen vor, dass künftig ein weltweit gültiger Mindeststeuersatz für Grossunternehmen von 15 Prozent gilt. Der Bundesrat will die neuen Regeln mit einer Ergänzungssteuer umsetzen. Wie vom Bundesrat vorgeschlagen, sollen die Unternehmen mehr Steuern bezahlen – und zwar geht die Differenz an den Bund. Dieses Geld soll dann an die Kantone zurückfliessen, welche die Unternehmenssteuern normalerweise erheben.

Die Abstimmung fiel mit einem Votum von 44 zu 0 (1 Enthaltung) klar aus. Eine Minderheit, die die vom Bund vorgeschlagene Aufteilung (drei Viertel an die Kantone, ein Viertel an den Bund) bei den künftigen Mehreinnahmen nicht annehmen wollte, scheiterte. Nun geht das Geschäft an den Nationalrat – und am Ende vors Volk.

Eindämmung der Wolfspopulation: Die Umweltkommission des Ständerates (Urek SR) hat einen Entwurf für die Teilrevision des Jagdgesetzes verabschiedet. Es geht ihr darin um die Regulierung von Wolfsbeständen – und zwar proaktiv, nicht erst, wenn Schäden oder eine Gefährdung von Menschen bereits eingetroffen sind. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der Urek SR ist am Donnerstag traktandiert.

Ihre Schwesterkommission, die Urek des Nationalrats, hat bereits vergangene Woche entschieden, den Bau von Windparks zu erleichtern.

Aktuelle Diskussion im Nationalrat: Bei der dringlichen Debatte zu den Energiepreisen haben sich Bundesrat Guy Parmelin und Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Fragen verschiedener Nationalratsmitglieder gestellt. Dabei erläuterten sie die Massnahmen, die der Bund ergriffen hat und noch zu ergreifen bereit ist. Entwarnung gab es keine – im Gegenteil. Angesichts der künftigen Füllstände der Gasspeicher sei die Gefahr einer Gas- und Strommangellage auch 2023/2024 nicht gebannt.

Die Entscheide vom Dienstag, 27. September

Ja zu neuer Strafnorm: Der Ständerat will das «Verbrechen der Aggression» unter Strafe stellen. Er hat eine entsprechende Motion von Carlo Sommaruga (SP/GE) angenommen. Laut Römer Statut ist dieses Verbrechen als «Planung, Vorbereitung, Auslösung oder Ausführung einer Handlung» definiert, die darin besteht, dass «ein Staat Waffengewalt anwendet gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines anderen Staates».

Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs

In der Schweiz gibt es noch keine Zuständigkeit für die Verfolgung solcher Verbrechen. Für alle anderen Verbrechen, die im Römer Statut definiert werden (Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) gibt es dagegen eine innerschweizerische Zuständigkeit.

Opfern von Gewalt soll geholfen werden: Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion zu möglichen Krisenzentren angenommen. Der Bundesrat ist mit dem Auftrag einverstanden. Gemäss der Motion von Marina Carobbio Guscetti (SP/TI) sollen Opfer in den Krisenzentren spezialisierte medizinische und psychologische Erstbetreuung und Unterstützung erhalten. Die Zentren sollen zudem die Dokumentation des Falls und die Sicherung der Spuren garantieren, ohne Verpflichtung zur Anzeige. Unter anderem in der Waadt gibt es solche Zentren bereits.

Im Eilzugstempo gegen Strommangellage: Die kurzfristig erstellte Solaroffensive für mehr inländischen Winterstrom hat eine wichtige Hürde genommen. Der Ständerat hat oppositionslos alle Differenzen ausgeräumt. Er folgte dem Nationalrat, der die Vorlage am Montag etwas angeschwächt und damit verfassungstauglicher gemacht hat. Damit gibt das Parlament grünes Licht für Photovoltaikanlagen in den Bergen und auf Dächern von Liegenschaften mit über 300 m² Grundfläche. Ausserdem darf die Grimselstaumauer erhöht werden. Das Gesetz soll bereits Ende Woche in Kraft treten.

Lanciert hatte die Solaroffensive der Ständerat im Zusammenhang mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, als Zusatzvorlage.

Covid-Gesetz soll verlängert werden: Der Nationalrat will einzelne Bestimmungen im Covid-19-Gesetz verlängern. Das hält die grosse Kammer mit 140 zu 47 Stimmen gut. Dass künftig die Kantone die Coronatests bezahlen sollen, will er aber nicht. Der Ständerat ist nun am Zug, voraussichtlich in der Wintersession. Die Verlängerungen sollen für dringlich erklärt werden und am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Mehr zum Verlauf der Debatte über das Gesetz lesen Sie hier .

Cassis zu den Jahreszielen des Bundesrates

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Cassis am Rednerpult im Nationalrat
Legende: Keystone/Peter Klaunzer

Die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Kriegs steht im Fokus der Jahresziele 2023 des Bundesrats. Das sagte Bundespräsident Ignazio Cassis im Ständerat.

Der Krieg bringe grosse Veränderungen, betonte der Aussenminister. Herausforderungen stünden insbesondere in der Aussen- und der Migrationspolitik , aber auch bei der Energieversorgung an. Die Jahresziele der Landesregierung orientieren sich an den Leitlinien der Erhaltung des Wohlstands, des nationalen Zusammenhalts und der Sicherheit.

Als zentrale Projekte für das kommende Jahr nannte Cassis unter anderem die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer für international tätige Konzerne, die Kulturbotschaft und Vorkehrungen gegen Cyber-Risiken .

Die Entscheide vom Montag, 26. September

Geldhahn für Axpo aufgedreht: Der Nationalrat hat als Erstrat einem Nachtragskredit von vier Milliarden Franken für den in finanzielle Schieflage geratenen Stromkonzern Axpo zugestimmt. Der Ständerat entscheidet auch noch diese Woche. Die neuen Regelungen dürften bereits am Samstag in Kraft treten und das derzeit geltende Notrecht ablösen. Drei Minderheitsanträge der SVP im Rahmen einer von ihr verlangten ausserordentlichen Session blieben am Abend chancenlos. Sie wollte mit den Vorstössen die Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe weiter verschärfen.

Räte einig bei Jugendschutz: Das Parlament hat sich auf neue Regeln zum Jugendschutz bei Filmen und Videospielen geeinigt. Der Ständerat ist zum Schluss auf die Version des Nationalrats eingeschwenkt. Der Bund wird nun verpflichtet, die Medienkompetenz von Minderjährigen in dem Bereich zu fördern. Ziel ist es, Minderjährige vor Medieninhalten zu schützen, die ihre Entwicklung gefährden könnten. Dabei geht es insbesondere um Darstellungen von Gewalt und Sexualität sowie bedrohliche Szenen.

Postfinance bleibt staatlich: Die Privatisierung der Postfinance ist gescheitert. Nach dem Ständerat ist auch der Nationalrat nicht auf die Vorlage des Bundesrates eingetreten. Die Räte wollen zuerst geklärt haben, wie die Grundversorgung der Post, deren Tochter die Postfinance ist, künftig aussehen soll und inwiefern Privatisierungsschritte verfassungsmässig wären.

Zudem erachtet es das Parlament als ordnungspolitisch falsch, der Postfinance die Vergabe von Krediten und Hypotheken zu erlauben, solange sie indirekt im Besitz des Bundes bleibt. Der Bundesrat wollte die Bank aus dem Postkonzern herauslösen und teilweise privatisieren, um ihre Ertragskraft zu verbessern. Dies sollte der Post helfen, die Grundversorgung auch künftig zu finanzieren.

Rascher Zubau von Solaranlagen: Der Nationalrat schliesst sich der Solaroffensive für mehr inländischen Winterstrom an, die der Ständerat lanciert hat. Er hat aber Anpassungen zu Gunsten der Umwelt beschlossen und will damit für die Verfassungsmässigkeit der Beschlüsse sorgen. So schliesst er Solaranlagen in geschützten Gebieten aus, und auch eine Solarpflicht soll nur für sehr grosse Dächer gelten. Gleichzeitig forciert er ein Wasserkraftprojekt: Die Grimselstaumauer soll rasch erhöht werden können. Gegen das Projekt sind mehrfach Beschwerden eingereicht worden.

Mehr über die Debatte in der grossen Kammer zur Solaroffensive lesen Sie hier .

Teuerungsausgleich für Rentner: Das Parlament will für 2023 den vollen Teuerungsausgleich für AHV-Rentnerinnen und -Rentner . Als Zweitrat hat der Ständerat zwei entsprechenden Motionen zugestimmt, dies gegen den Willen des Bundesrats. Zudem soll der Bundesrat dem Parlament ein Konzept dazu vorlegen, wie die Renten bei einer Teuerung von mehr als zwei Prozent künftig regelmässig angepasst werden können. Die Vorstösse hatten Pirmin Bischof (Mitte/SO) und Paul Rechsteiner (SP/SG) eingereicht. Die Bürgerlichen hatten sich vergeblich dagegen gestellt.

Rettungsschirm für Stromkonzerne: In die dritte und letzte Sessionswoche startete der Nationalrat wie üblich mit der Fragestunde. Im Anschluss nahm er sich das Gesetz «Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft» noch einmal vor und bereinigte letzte Einzelheiten. Die Vorlage geht nun noch einmal in den Ständerat, der noch über ihre Dringlichkeit entscheiden muss. Die Räte waren sich bereits einig, dass Unternehmen, die wegen eines Liquiditätsengpasses ein Darlehen vom Bund beanspruchen, keine Boni und keine Dividenden auszahlen sollen dürfen. Dieses Verbot wird nun enger gefasst.

Die zweite Sessionswoche in Kürze

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  • Diskussionen um Energie-Mantelerlass: Der Ständerat hat als Erstrat in einem sogenannten Energie-Mantelerlass verschiedene mögliche Anpassungen des Stromversorgungs- und Energiegesetzes diskutiert, zum Beispiel: Das Energiegesetz enthält neu verbindliche Zielwerte, und nicht mehr nur Richtwerte für die Jahre 2035 und 2050.
  • Kaufkraft-Debatte: AHV-Rentnerinnen und -Rentner sollen nach dem Willen des Nationalrats im kommenden Jahr den vollen Teuerungsausgleich erhalten. Zudem soll der Bund seinen Beitrag an die Prämienverbilligungen für 2023 vorübergehend um 30 Prozent erhöhen.
  • Regionale Differenzierung des Schutzstatus S: Das Parlament will an der aktuellen Ausgestaltung des Schutzstatus S für Geflüchtete aus der Ukraine festhalten. Versuche der SVP, den Zugang zum Status zu erschweren, scheiterten in beiden Räten.

Die Entscheide vom Donnerstag, 22. September

Ständerat beschliesst verbindliche Energieziele: Der Ständerat hat als Erstrat in einem sogenannten Energie-Mantelerlass verschiedene mögliche Anpassungen des Stromversorgungs- und Energiegesetzes diskutiert. Unter anderem folgendes: Das Energiegesetz enthält neu verbindliche Zielwerte, und nicht mehr nur Richtwerte für die Jahre 2035 und 2050. Der durchschnittliche Energieverbrauch pro Person und Jahr ist gegenüber dem Jahr 2000 bis 2035 um 43 Prozent und 2050 um 53 Prozent zu senken. Des Weiteren wird der Schutz von Biotopen und Wasser- und Zugvogelreservaten von nationaler Bedeutung aufgeweicht.

Nationalrat will für Gewaltopfer Krisenzentren einrichten: Er hat dazu zwei Motionen aus der SP- und der FDP-Fraktion angenommen. Mit den Vorstössen ist auch der Bundesrat einverstanden. Gemäss der Motion von Tamara Funiciello (SP/BE) sollen Opfer in den Krisenzentren spezialisierte medizinische und psychologische Erstbetreuung und Unterstützung erhalten.

Nationalrat ist gegen Ausschaffung von bedrohten IS-Terroristen: Der Nationalrat hat dazu die Abschreibung der Motion von Fabio Regazzi (Mitte/TI) gutgeheissen. Der National- und Ständerat hatten der Motion bereits vor drei Jahren zugestimmt. Jedoch hatte der Bundesrat daraufhin die Umsetzung der Motion hauptsächlich wegen eines Verstosses der Menschenrechtskonvention für «unmöglich» erklärt, und dem Nationalrat erneut vorgelegt.

Ein Konvoi bestehend aus etwa 15 Autotransporter fahren über eine Landstrasse. Auf den Dächern sitzen bewaffnete des IS.
Legende: Die Motion forderte die Ausweisung verurteilter IS-Terroristinnen und -Terroristen in ihre Herkunftsländer – und zwar unabhängig davon, ob diese Länder als «unsichere Staaten» gelten. (Bild: Syrien, September 2015) Keystone/AP/Archiv

Nationalratskommission gegen eigenständige Sanktionen: Im Schweizer Sanktionenrecht dürfte es nun doch nicht zu einem Paradigmenwechsel kommen. Eine knappe Mehrheit der zuständigen Nationalratskommission will nun wie der Ständerat nicht, dass die Schweiz eigenständig Sanktionen verhängen kann. Heute kann die Schweiz nur Sanktionen der UNO, der EU oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernehmen. Gestützt auf das Embargogesetz werden diese durchgesetzt.

Keine Gebührenobergrenze bei Akteneinsicht: Die Bundesverwaltung darf auch in Zukunft in Ausnahmefällen für die Einsicht in Dokumente mehr als 2000 Franken verrechnen. Oppositionslos stimmte die grosse Kammer zu, auf die Gebührenobergrenze zu verzichten. Das Einschwenken bedeute keine inhaltliche Zustimmung, sagte Kommissionssprecherin Céline Widmer (SP/ZH). Man habe aber unnötigen Aufwand vermeiden wollen.

Armee-Pflegelehrgang vom Tisch: Der Nationalrat will keine Massnahmen, damit die Armee im Krisenfall mehrere hundert Patientinnen und Patienten über mehrere Monate lang medizinisch betreuen kann. Er hat eine entsprechende Motion des Berner SVP-Ständerats Werner Salzmann mit 108 zu 70 Stimmen bei sieben Enthaltungen abgelehnt. Der Ständerat hatte den Vorstoss im März angenommen. Nun ist dieser vom Tisch.

Soldaten während der Pandemie im Uni-Spital Genf
Legende: In der Pandemie habe die Armee ihre Kompetenzen im Bereich der Medizin gezeigt, warb Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte/LU) vergeblich für ein Ja. Es sei aber auch Verbesserungspotential sichtbar geworden. Keystone/Laurent Gillieron

Die Entscheide vom Mittwoch, 21. September

Nationalrat will Speicherung von Solarstrom fördern: Solarstrom in synthetische Gase umwandeln, um ihn zu speichern: Der Nationalrat will Anlagen mit diesem Zweck fördern. Das hat er im Rahmen einer ausserordentlichen Session zur Versorgungssicherheit entschieden. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat. Dieser behandelt am Donnerstag den Mantelerlass zur Stromversorgung mit erneuerbaren Energien und in diesem Zusammenhang auch Anträge zur Umwandlung von Solarstrom.

Ständerat beschliesst keine regionale Differenzierung des Schutzstatus S: Das Parlament will an der aktuellen Ausgestaltung des Schutzstatus S für Geflüchtete aus der Ukraine festhalten. Versuche der SVP, den Zugang zum Status zu erschweren, scheiterten am Mittwoch in beiden Räten. Während der Sonderdebatte zum Thema Versorgungssicherheit kam das Thema aufs Tapet. Die SVP forderte mit mehreren Motionen im National- und Ständerat, dass der Bundesrat den Schutzstatus S restriktiver vergeben soll. So sollten etwa Personen im Westen, im Zentrum oder im Norden der Ukraine keinen solchen Status mehr erhalten.

Parlament regelt Abbau der Corona-Schulden: Über den Abbau der ausserordentlichen Corona-Schulden von 26 Milliarden Franken herrscht nun Einigkeit zwischen den Räten. Der Nationalrat ist auf die Variante des Ständerates und des Bundesrates eingeschwenkt. Das Loch in der Bundeskasse soll im sogenannten Amortisationskonto bis 2035 ausgeglichen werden. Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung.

Bundesrat prüft neue Dienstpflichten: Armee und Zivilschutz fehlen zunehmend Dienstpflichtige. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, zwei Varianten einer neuen Dienstpflicht zu prüfen: eine Zusammenlegung von Zivilschutz und Zivildienst sowie die Ausweitung der Dienstpflicht auf Frauen. In dieser zweiten Variante würden aber nicht mehr alle Männer und Frauen eingezogen, sondern nur so viele wie nötig. Der Ständerat favorisierte in der Diskussion die Zusammenlegung von Zivildienst und Zivilschutz.

Nationalrat will vollen Teuerungsausgleich bei AHV-Renten: AHV-Rentnerinnen und -Rentner sollen nach dem Willen des Nationalrats im kommenden Jahr den vollen Teuerungsausgleich erhalten. Zudem soll der Bund seinen Beitrag an die Prämienverbilligungen für 2023 vorübergehend um 30 Prozent erhöhen. Der Nationalrat hat zwei entsprechende Motionen von SP und Mitte angenommen.

Die beiden Fraktionen spannten in der ausserordentlichen Debatte des Nationalrats zum Thema Kaufkraft zusammen und hatten sich im Vorfeld abgestimmt. Die SVP bekämpfte die Vorschläge von SP und Mitte mit eigenen Motionen. Sie fanden aber allesamt keine Mehrheit.

Nationalrat unterstützt Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative: Der Nationalrat sagt als Erstrat Ja zum indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative. Das Volksbegehren selbst empfiehlt er zur Ablehnung. Konkrete Flächenziele hat er aus der Vorlage gestrichen. Er setzt auf einen qualitativen Ansatz.

Die Entscheide vom Dienstag, 20. September

Bundesrat soll Rechtsgrundlagen für Fach-Krisenstäbe ausarbeiten : Der Bundesrat soll, mit Blick auf künftige Krisen und als Lehre aus der Covid-19-Pandemie, Rechtsgrundlagen zur Einsetzung eines Fach-Krisenstabes ausarbeiten. Das verlangt das Parlament. Der Ständerat hat mit 24 zu 20 Stimmen eine entsprechende Motion seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK-S) gutgeheissen. Der Nationalrat hatte in der vergangenen Woche bereits einen gleichlautenden Vorstoss angenommen.

Elektronischer Impfausweis soll kommen: Der Bund soll nach dem Willen des Parlaments einen elektronischen Impfausweis schaffen. Als Zweitrat hat der Ständerat eine entsprechende Motion des St. Galler FDP-Nationalrats Marcel Dobler angenommen. Vorgesehen ist eine Integration ins elektronische Patientendossier, wie Gesundheitsminister Alain Berset erklärte. Dobler hatte seinen Vorstoss insbesondere mit den Erfahrungen der Covid-Krise begründet. Ein elektronisches Impfbüchlein, das jederzeit verfügbar ist, sei sinnvoll. Es solle aber freiwillig sein – ein papierner Impfausweis müsse weiterhin möglich sein.

Parlament will ungebetenen Makleranrufen einen Riegel schieben: Die Vorlage schafft eine gesetzliche Grundlage für das Verbot der telefonischen Kaltakquise. Mit 32 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung sagte die kleine Kammer in der Gesamtabstimmung Ja dazu, den Versicherern – namentlich den Krankenkassen – strengere Regeln für die Vermittlertätigkeit aufzuerlegen.

Im neuen Bundesgesetz sollen etwa die Telefonwerbung, der Verzicht der Versicherungen auf Leistungen der Call-Center und die Einschränkung der Provisionen geregelt werden.

Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative steht: Die Schweiz soll bis im Jahr 2050 klimaneutral werden. Der Nationalrat hat die letzten Differenzen im indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative bereinigt. Erreicht werden soll dieses Netto-Null-Ziel mit Verminderungs- und Zwischenzielen, beispielsweise für die Industrie und für Hausbesitzerinnen und -Besitzer. Das Parlament bewilligte mit der Vorlage 3.2 Milliarden Franken an Finanzhilfen für den Ersatz fossiler Heizungen und Sanierungen sowie für die Förderung zugunsten neuer Technologien.

Die Entscheide vom Montag, 19. September

Parmelin appelliert ans Stromsparen: Ein Mangel an Strom im kommenden Winter würde laut Bundesrat Guy Parmelin zwangsläufig die ganze Bevölkerung betreffen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen wären in jedem Fall gravierend, sagte der Wirtschaftsminister im Ständerat. Zeitweise Stromabschaltungen wären nur das letzte Mittel, um einen Zusammenbruch des Netzes, einen Blackout, zu vermeiden, betonte Parmelin.

Es sei deshalb wichtig, die Sparanstrengungen voranzutreiben. Der Beitrag aller sei entscheidend. Wer genau im Ernstfall zu welchem Zeitpunkt von Abschaltungen und Verbrauchseinschränkungen betroffen wäre, lasse sich unmöglich im Voraus sagen, sagte der Wirtschaftsminister in seiner Antwort auf eine Interpellation des Bündner Mitte-Ständerats Stefan Engler.

Keine eigenständige Sanktionspolitik: Soll der Bundesrat künftig selber Sanktionen beschliessen können gegen Staaten, ausländische Personen oder Unternehmen, die schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben? Nein, findet der Ständerat weiterhin.

Der Bundesrat soll wie bis anhin Sanktionen von internationalen Organisationen wie der UNO und der EU übernehmen – so wie er dies im Fall des Ukraine-Kriegs gegenüber Russland gemacht hat. Der Nationalrat hatte sich in der Sommersession für eigene Sanktionen ausgesprochen. Da die Differenz weiter besteht, geht das Geschäft zurück an den Nationalrat.

Sanktionierte Russen mit Aufenthaltstitel der Schweiz

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Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat sieben sanktionierte russische Staatsbürgerinnen oder Staatsbürger ausgemacht, die über einen Aufenthaltstitel in der Schweiz verfügen. Der Bund prüft mögliche Massnahmen gegen diese Personen. Die Bewilligungen würden nicht automatisch entzogen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter in der Fragestunde des Nationalrats.

Sie könnten aber in spezifischen Situationen widerrufen werden, insbesondere wenn das Herkunftsland der betroffenen Personen eine Gefahr für die Schweiz darstelle. Gemäss der Justizministerin kann das Bundesamt für Polizei (Fedpol) auch einen Landesverweis verhängen, um die Sicherheit zu wahren.

Parlament will Kostenüberwachung im Gesundheitswesen: Allerdings sollen Bund und Kantone nicht eingreifen können, wenn sich die Tarifpartner, also Krankenkassen und Ärztinnen, nicht einigen können. Künftig sollen die Tarifpartner die Kosten in ihren Bereichen überwachen – und Massnahmen ergreifen, sobald sich Kostensteigerungen nicht durch Faktoren wie die Alterung der Bevölkerung erklären lassen.

Die erste Sessionswoche in Kürze

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  • Der F35 soll abheben: Nach dem Stände- hat auch der Nationalrat dem Bundesrat grünes Licht zur Unterzeichnung des Kaufvertrags für den neuen Kampfjet gegeben.

Die Entscheide vom Donnerstag, 15. September

Ständerat für Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative: Das Parlament will mit Gesetzesbestimmungen schneller zum «Netto Null»-Ziel 2050 als es mit der Gletscher-Initiative möglich wäre. Der Ständerat hat den Gesetzesentwurf aus dem Nationalrat in den Grundzügen gutgeheissen. Zur Debatte standen das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz und Fördermassnahmen.

Ausgearbeitet hat die Vorschläge die Umweltkommission des Nationalrates. Der Ständerat hiess die Gesetzesvorlage mit 39 zu vier Stimmen gut und nutzte das Momentum für eine Solar-Offensive.

Strompreise werden zum Thema: Der Nationalrat führt am 28. September eine aktuelle Debatte zu den gestiegenen Strompreisen und zum drohenden Strom- und Gasmangel im kommenden Winter. Konkret diskutiert er sechs dringliche Interpellationen, welche die sechs Fraktionen in der grossen Kammer eingereicht haben. Über die Sonderdebatte informierten die Parlamentsdienste am Donnerstag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. In den Vorstössen stellen die Fraktionen dem Bundesrat eine Reihe von Fragen. Konkrete Beschlüsse sind in der Debatte keine zu erwarten.

Cassis als Schweizer Vertretung an Staatsbegräbnis der Queen: Am Rande der laufenden Herbstsession wurde bekannt, dass Bundespräsident Ignazio Cassis als Vertretung der Schweiz am Montag an der Beerdigung der verstorbenen Königin Elisabeth II. in London teilnehmen wird. Dabei ist auch ein Treffen mit dem neuen König Charles III. geplant, wie das Aussendepartement EDA mitteilt.

Für das Staatsbegräbnis der Queen werden etwa 2000 Gäste in der Westminster Abbey in London erwartet.

Nationalrat will raschen Kampfjet-Kauf: Nach dem Stände- hat auch der Nationalrat dem Bundesrat grünes Licht zur Unterzeichnung des Kaufvertrags für den neuen Kampfjet F-35 mit den USA gegeben. Der Jet-Kauf ist Teil der Armeebotschaft 2022. Die Ratsmehrheit zeigte sich überzeugt, dass der Vertrag für den Flugzeugkauf mit den USA bis zum Offertenschluss am 30. März 2023 unterschrieben werden muss.

Die Entscheide vom Mittwoch, 14. September

Abbau der Corona-Schulden: Der Ständerat will entgegen dem Nationalrat keine vergangenen Überschüsse aus dem ordentlichen Bundesbudget in den Abbau der Corona-Schulden stecken. Unter Berufung auf die Prinzipien der Schuldenbremse hielt er mit 38 zu 0 Stimmen am Vorschlag des Bundesrats fest. Damit beharrte die kleine Kammer darauf, dass das Minus von 26 Milliarden Franken aus ausserordentlichen Corona-Massnahmen im sogenannten Amortisationskonto bis 2035 ausgeglichen wird.

Bundesrat und Finanzminister Ueli Maurer wies auf die wirtschaftlich schwierigen Zeiten hin, die bevorstünden – und sprach die wichtige Bedeutung einer klaren Finanzpolitik und den Abbau der Schulden an. Das Finanzhaushaltgesetz geht zurück an den Nationalrat.

Ausbildung für Hobbygärtner: Wer seine Pflanzen im Garten spritzen will, braucht dafür in Zukunft eine Ausbildung. Nach dem Ständerat hat dem auch der Nationalrat zugestimmt. Wer gewerbliche Pflanzenschutzmittel verwendet, brauche schon heute eine Ausbildung. Darum sollten private Anwenderinnen und Anwender gleich behandelt werden, beschloss eine Mehrheit. Gegen die Ausbildungen für Hobbygärtnerinnen und -gärtner waren die SVP, die FDP und Teile der Mitte-Partei.

Kein «Haus der Frauen»: In der Schweiz wird es kein gesondertes Frauenmuseum geben. Die Schweizer Geschichte der Gleichstellung von Mann und Frau soll aber in bestehenden Institutionen aufgearbeitet werden. Darauf haben sich National- und Ständerat geeinigt. Der Bund soll sich an den Kosten beteiligen. Vertreterinnen und Vertreter von SVP und FDP argumentierten vergeblich, eine solche Initiative bringe nichts. Die Gelder seien angesichts der aktuellen Finanzlage auch nicht vorhanden.

Räte uneins bei Jugendschutzregeln für Videospiele: Der Ständerat muss sich nochmals mit den neuen Regeln zum Schutz Minderjähriger vor Sex- und Gewaltdarstellungen in Filmen befassen. Der Nationalrat hat an mehreren Differenzen zur kleinen Kammer festgehalten. Er besteht unter anderem darauf, auch optionale Zusatzkäufe in Videospielen und Apps im Gesetz zu regeln. Ziel der Vorlage ist es, Minderjährige vor Medieninhalten in Filmen und Videospielen zu schützen, die ihre Entwicklung gefährden könnten.

Gamescom in Köln, 2022
Legende: Das Gesetz für Anbieter von Filmen, Videospielen und entsprechenden Internet-Plattformen regelt etwa, wie sie ihre Produkte kennzeichnen müssen und was sie zur Alterskontrolle tun müssen. Keystone/EPA/Friedemann Vogel

Die Entscheide vom Dienstag, 13. September

Transparenz über Strom-Herkunft: Das Parlament will Konsumenten genauer darüber informieren, woher der von ihnen verbrauchte Strom kommt. Das soll in erster Linie sichtbar machen, dass mit erneuerbaren Energiequellen hergestellter Strom im Winter ökologisch wertvoller ist. Statt einmal im Jahr soll die Information über die Strom-Herkunft quartalsweise oder monatlich erfolgen. Längerfristig soll auch eine tägliche und schliesslich eine stündliche Kennzeichnung des Stroms möglich sein.

Rettungsschirm für Elektrizitätsunternehmen: Mit maximal 10 Milliarden Franken greift der Bundesrat den Stromunternehmen unter die Arme. Er hat den Rettungsschirm bereits aktiviert, weil der Stromkonzern Axpo darum ersucht hatte. Nun hat auch der Nationalrat die Vorlage im Grundsatz gutgeheissen, wie zuvor schon der Ständerat. Der Bund müsse handeln, lautete der Tenor der Mehrheit.

Es geht darum, ob die Notverordnung des Bundesrats durch ein dringliches Gesetz abgelöst wird. Es bestehen aber noch Differenzen zwischen den beiden Parlamentskammern. Diese sollen in der dritten Woche der Herbstsession bereinigt werden.

Ausbildungsoffensive für Pflegeberufe soll schnell beginnen: Der Ständerat hat einer entsprechenden Gesetzesrevision zugestimmt. Hintergrund ist die erste Etappe der Umsetzung der Pflegeinitiative, die das Schweizer Stimmvolk im November 2021 angenommen hatte. Geplant ist unter anderem, dass sich die Kantone finanziell an den Kosten der Ausbildung in den Gesundheitseinrichtungen beteiligen. Als nächstes beschäftigt sich der Nationalrat mit dem Geschäft.

Pflegekraft im Inselspital in Bern
Legende: Laut Bundesrat Alain Berset nimmt der Bedarf an Pflegekräften in der Schweiz weiter zu und viele Pflegende würden den Beruf verlassen. Ein Drittel der Pflegekräfte in der Schweiz stamme heute bereits aus dem Ausland. Keystone/Gaetan Bally

Weg frei für Eizellenspende: Die Eizellenspende soll in der Schweiz genauso erlaubt sein wie die Samenspende. Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat mit 22 zu 20 Stimmen einem entsprechenden Antrag zu – trotz starker Opposition aus der Mitte und der SVP.

Derzeit können verheiratete Paare, bei denen der Mann unfruchtbar ist, auf eine Samenspende zurückgreifen. Ist die Frau hingegen unfruchtbar, müssen die Eheleute ins Ausland reisen, um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen.

Keine Änderung zugunsten Demenzbetroffener: Der Ständerat will im Gegensatz zum Nationalrat keine Änderungen bei der Abrechnung von Pflegeleistungen für Demenzbetroffene. Die Ratslinke argumentierte, viele Pflegeleistungen, die Menschen mit Demenz benötigten, passten nicht in die Definitionen der bestehenden Verordnung. Viele Angehörige schränkten etwa ihre Erwerbsarbeit ein, um ein Familienmitglied zu pflegen. Es brauche darum Änderungen. Bundesrat und Ratsmehrheit waren der Ansicht, Massnahmen seien im Gange – es sei wichtig, die üblichen Verfahren einzuhalten. Die Vorlage ist nun vom Tisch.

Förderung Krippenplätze bis 2024: Der Bund soll nach dem Willen des Parlaments die familienergänzende Kinderbetreuung bis höchstens Ende 2024 verlängern. Der Ständerat hat sich für eine Verlängerung des Impulsprogramms zur Schaffung von Krippenplätzen ausgesprochen. Der Nationalrat hatte der Vorlage in der Sommersession zugestimmt. Ohne eine Zwischenlösung wären die bestehenden Massnahmen bereits 2023 ausgelaufen.

Andrea Gmür Schönenberger (Mitte/LU) stellte fest, dass das Impulsprogramm einem Bedarf entspreche. Gerade die Pandemie habe gezeigt, welche Bedeutung Krippen hätten und dass diese ein Mittel gegen Fachkräftemangel seien.

Keine Gnade für Raser: Raser sollen weiterhin ins Gefängnis müssen. Das hat der Nationalrat beschlossen – und vollzieht damit eine Kehrtwende. Wer wegen eines Raserdeliktes verurteilt wird, solle weiterhin mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bestraft werden. Ausser, es gebe achtenswerte Gründe für die Tempo-Überschreitung. National- und Ständerat wollten eigentlich die Bestimmungen lockern.

Raserinnen und Raser hätten so nicht mehr zwingend ins Gefängnis, sondern mit Geldstrafen bestraft werden sollen. Die Stiftung Roadcross drohte aber mit einem Referendum gegen die Lockerungen. Die Verkehrskommissionen des Parlaments schlug darauf diese Kompromisslösung vor. Der Vorschlag geht nun in den Ständerat.

Die Entscheide vom Montag, 12. September

Neuer Anlauf für eine Verfassungsgerichtsbarkeit gescheitert: Der Ständerat hat einen neuen Anlauf zur Ausweitung der Verfassungsgerichtsbarkeit schon beim Start abgewürgt. Er hat zwei Motionen abgelehnt, die die Einführung der Verfassungsgerichtsbarkeit auch für Bundesgesetze einführen wollten. Das Bundesgericht soll also auch in Zukunft Gesetze anwenden müssen, die der Verfassung widersprechen.

Über die Frage wird in der Schweizer Politik seit Jahren gestritten: Bis heute können die eidgenössischen Räte Bundesgesetze erlassen, die der Verfassung widersprechen. Die Bundesverfassung selber verbietet den Gerichten, dagegen einzuschreiten. Das seit der Gründung des Bundesstaats geltende System wurzelt im Grundsatz der Gewaltentrennung: Das höchste Gericht soll sich nicht über den Bundesgesetzgeber stellen können.

Austausch von Finanzdaten: Die Schweiz soll mit 12 zusätzlichen Staaten und Territorien regelmässig Bankdaten austauschen und damit den automatischen Informationsaustausch erweitern. Der Nationalrat hat einen entsprechenden Bundesrats-Antrag deutlich angenommen. Eingeführt werden soll der Austausch über Finanzkonten mit Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, der Republik Moldau, Montenegro, Neukaledonien, Thailand, Uganda und der Ukraine. Gegenstimmen kamen von der SVP – nicht alle Staaten würden die rechtlichen Voraussetzungen für den Austausch erfüllen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

Krisenmanagement unter der Lupe: Welches Departement, welches Bundesamt übernimmt während einer Krise wie der Corona-Pandemie die Federführung? Wie werden personelle und finanzielle Ressourcen verteilt? Wer bildet den Fach-Krisenstab? Rechtliche Grundlagen sollen solche Fragen laut dem Nationalrat künftig regeln. Der Bundesrat hält das Anliegen zwar für berechtigt, er war aber gegen die Annahme: Bundeskanzler Walter Thurnherr sagte, es habe bereits mehrere Berichte über die Bewältigung der Pandemie gegeben – und darüber, was gut und was weniger gut lief. Verbesserungen des Krisenmanagements seien im Gang.

Nationalratskommission stimmt F-35-Beschaffung zu: Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SiK-N) hat sich für die Beschaffung der F-35A-Kampfjets ausgesprochen. Sie beantragte ihrem Rat mit 17 zu acht Stimmen deren Beschaffung. Der Nationalrat wird am 15. September über das Geschäft befinden. Für die Mehrheit der SiK-N steht fest, dass die technische Evaluation rechtlich korrekt abgelaufen ist. Die Kommissionsminderheit kritisierte, dass das Evaluationsverfahren in mehreren Punkten unklar bleibe und die Anbieter nicht gleich behandelt worden seien.

Moment des Schweigens für Judith Stamm: Nationalratspräsidentin Irène Kälin läutet die Herbstsession mit traurigen Worten ein – einem Nachruf auf die langjährige CVP-Nationalrätin Judith Stamm, die im Jahr 1996/97 ebenfalls als höchste Schweizerin amtete. «Wir werden Judith Stamm als hochgeachtete, couragierte und liebenswürdige Frau und Politikerin in Erinnerung behalten. Ich weiss, welchen Anteil sie daran hat, dass ich heute selbstverständlich politisieren darf und dass es keine Ausnahme mehr ist, dass Frauen auf dem Bock das Parlament leiten.»

Die Vorkämpferin für Frauenrechte und Nationalrätin für den Kanton Luzern war am 20. Juli verstorben.

Echo der Zeit, 29.09.2022, 18:00 Uhr

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